# taz.de -- Werbeaktion in Japan: Unhappy Meals in Tokio
> Eine Werbeaktion von McDonald’s in Japan zeigt die Schattenseiten des
> Sammelbooms. Das Spielzeug der Kindermenüs wird weiterverkauft, das Essen
> weggeworfen.
(IMG) Bild: Im Land der aufgehenden Doppelbögen wird das Happy Meal nicht wegen des Essens gekauft, sondern wegen des Sammelwerts des Nippes
Stell dir vor, du bestellst für dein Kind ein Happy Meal bei McDonald’s und
erfährst, dass es ausverkauft ist, weil lauter Erwachsene die beigelegten
Sammelobjekte weiterverkaufen wollten. Die bestellten Burger, Nuggets,
Pommes und Getränke hingegen warfen sie weg. So was konnte man neulich in
Japan erleben. Zu jedem Kindermenü – in Japan Happy Set genannt – gab es
zwei Pokémon-Karten. Die sind derzeit gerade wieder sehr beliebt.
Das Fast-Food-Unternehmen druckte drei Millionen Karten für eine dreitägige
Verkaufsaktion in seinen 3.000 Filialen. Doch reichte das Angebot nicht mal
für einen Tag. Scalper – so nennt man diese Händler – kauften alles auf und
stellten die Pokémon-Karten zu hohen Preisen auf die Plattform Mercari,
Japans Version von eBay. Eine dieser Karten [1][mit der beliebten Figur
Pikachu] wurde für umgerechnet 28.000 Euro angeboten.
Das Ergebnis waren weinende Kinder, frustrierte Eltern und empörte
Kommentare in den sozialen Medien. Fotos von weggeworfenem Essen gingen
viral. Viele Wiederverkäufer bestellten mehrere Sets online vor, nahmen die
Sammelkarten aus den Essenstüten und ließen das Essen zurückgehen. Dabei
sollen die Happy Meals laut firmeneigener Werbung „dem Wachstum und Glück
von Kindern“ dienen. Der X-Nutzer Yoshi kommentierte: „In Wirklichkeit doch
ein ‚Unhappy Meal‘, oder?“ Die Nutzerin Nagareboshi ergänzte: „Etwas, das
Kindern das Lächeln raubt, ist weder ein Happy Meal noch sonst
irgendetwas.“
## McDonald's gibt sich reumütig
Die Verbraucherschutzbehörde forderte McDonald’s auf, die
Essensverschwendung zu stoppen. „Das Unternehmen muss mehr Einfallsreichtum
bei Gegenmaßnahmen zeigen“, verlangte Behördenleiterin Natsuko Horii. Der
Fast-Food-Riese entschuldigte sich für das Chaos. „Unsere Reaktion war
unzureichend“, hieß es in einer Mitteilung, die in allen Filialen hing. Bei
der zweiten Verkaufsrunde beschränkte McDonald’s die Zahl der Sets auf drei
pro Kunde und konnte erneute chaotische Szenen vermeiden. Die nächste
geplante Werbeaktion für Kindermahlzeiten mit Spielkarten des
Manga-Bestsellers „One Piece“ stornierte McDonald’s jedoch. Stattdessen
legte man dem Essen Spielzeuge aus früheren Jahren bei.
Japan hat eine lange Geschichte solcher Werbeaktionen mit unerwünschten
Nebenwirkungen. Von Bikkuriman-Schokolade in den 1980er Jahren über
Yo-KaiWatch-Kartoffeleimern 2015 bis zu Kimetsu-no-Yaiba-Waffeln 2020
kauften Fans massenhaft Snacks wegen der beiliegenden Sammelobjekte und
warfen die Lebensmittel weg. In diesem Kontext wirkte das Verhalten von
McDonald’s auf manche Japaner heuchlerisch. Das Unternehmen vermied nämlich
strengere Abgaberegeln, obwohl man es hätte besser wissen müssen. Man hätte
zum Beispiel zuerst die Kinder bedienen oder für sie ein Kontingent an Sets
reservieren können.
Stattdessen wurde die Aktion mit dem Hinweis beworben, dass jeder bis zu
fünf Sets kaufen könne, richtete sich damit direkt an die Scalper und nahm
so die Essensverschwendung bewusst in Kauf. Schließlich hatte die
Fast-Food-Kette bei einer Aktion im Mai mit Souvenirs der Cartoonfigur
Chiikawa und des „Minecraft“-Films ebenfalls Berge von unberührten Burgern
verursacht. Der X-Nutzer Haoti kritisierte das Unternehmen: „Die Obergrenze
pro Kunde soll doch nur den Anschein wahren, als ob man Essensverschwendung
vermeiden will“, schrieb er.
## Andere Maßnahmen sind möglich
Aber es geht auch anders. Nintendo vermied Konsumentenfrust über die
Tenbai-Ya, eine Slang-Mischung aus „wiederverkaufen“ und „Käufer“. Beim
Verkaufsstart der [2][Spielekonsole Switch 2] wurden die vorhandenen Geräte
unter den Vorbestellern in zwei Runden verlost. Nintendo arbeitete auch mit
Wiederverkaufsplattformen zusammen, um den schnellen Weiterverkauf der
Konsole zu überhöhten Preisen zu verhindern. „Wenn die Firmen nicht
aufpassen, beschädigen Scalper die Marke“, warnte Kolumnist Takashi Kimura
im Wirtschaftsmagazin Toyo Keizai.
5 Sep 2025
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## AUTOREN
(DIR) Martin Fritz
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