# taz.de -- Nach Kampagne gegen Brosius-Gersdorf: SPD mahnt Union zur Verlässlichkeit
       
       > Die Juristin Brosius-Gersdorf war von der SPD als Verfassungsrichterin
       > nominiert – und hat zurückgezogen. In der Koalition herrscht jetzt
       > Misstrauen.
       
 (IMG) Bild: Jens Spahn (CDU), Vorsitzender der Unions-Fraktion sollte seine Fraktion besser im Griff haben
       
       Berlin dpa | Nach dem [1][Rückzug der von der SPD nominierten
       Verfassungsrichterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf] erwarten die
       Sozialdemokraten mehr Verlässlichkeit und Loyalität von ihren
       Koalitionspartnern CDU und CSU.
       
       Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) sagte der Deutschen
       Presse-Agentur, „Kampagnen“ dürften nicht dazu führen, dass man talentierte
       und qualifizierte Bewerber – und vor allem Bewerberinnen – verliere. „Wir
       müssen daraus lernen – alle gemeinsam. Es geht um eine bessere
       Diskussionskultur und darum, solchen Angriffen auf die Demokratie künftig
       besser standzuhalten.“
       
       Die Wahl der Potsdamer Juraprofessorin Brosius-Gersdorf und zwei weiteren
       Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht war im Juli im Bundestag
       kurzfristig abgesetzt worden, weil der Widerstand in der Unionsfraktion
       gegen die SPD-Kandidatin zu groß geworden war. Die Fraktionsspitze konnte
       die dem Koalitionspartner SPD zugesagte Unterstützung nicht garantieren.
       
       SPD-Fraktionschef Matthias Miersch schrieb in einem Brief an seine
       Abgeordneten, CDU und CSU müssten sich nun zu den Spielregeln des Regierens
       bekennen. „Nur wenn Zusagen Bestand haben, sind tragfähige Kompromisse
       möglich. Nur dann können wir Vertrauen zurückgewinnen und politische
       Handlungsfähigkeit sichern.“
       
       Die Unionsspitze habe zunächst wiederholt ihre Zustimmung zu
       Brosius-Gersdorf signalisiert. „Dass sich zentrale Teile der
       CDU/CSU-Fraktion am Ende davon distanziert haben, erschüttert nicht nur
       Vertrauen, sondern stellt das Fundament infrage, auf dem demokratische
       Zusammenarbeit überhaupt möglich ist.“ Weiter schrieb Miersch: „Vielleicht
       fragen sich einige von Euch, wie belastbar diese Koalition überhaupt noch
       ist, wenn sich der andere Partner nicht an Absprachen hält. In dem Zustand,
       in dem sich die Unionsfraktion bei der Richterwahl präsentiert hat, ist
       diese Frage berechtigt.“
       
       ## Bundesregierung „zum Gelingen verdammt“
       
       Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und Vizechef der Bundes-SPD,
       Alexander Schweitzer, rief zu besserer Zusammenarbeit in der Koalition auf.
       „Diese Bundesregierung ist zum Gelingen verdammt“, sagte er dem
       Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Ich kann nur hoffen, dass dies alle
       vor Augen haben, allen voran Bundeskanzler Friedrich Merz.“
       
       Die vor allem in der Union umstrittene Brosius-Gersdorf hatte am Donnerstag
       mitgeteilt, dass sie nicht länger für eine Kandidatur als Richterin am
       Bundesverfassungsgericht zur Verfügung stehe. Ihr sei aus der
       CDU/CSU-Fraktion sehr deutlich signalisiert worden, dass ihre Wahl
       ausgeschlossen sei, hieß es in einem über eine Bonner Kanzlei verbreiteten
       Schreiben. Zudem kritisierte die 54-jährige Staatsrechtlerin Teile der
       Medien, auch wenn die Berichterstattung dann sachlicher geworden sei.
       
       Als Grund [2][wurden unter anderem Äußerungen zum Schwangerschaftsabbruch]
       und zu einer möglichen Impfpflicht in Corona-Zeiten angeführt. Auch meldete
       sich kurz vor der geplanten Wahl [3][der Plagiatssucher Stefan Weber mit
       zweifelhaften Vorwürfen zur Dissertation] der Staatsrechtlerin zu Wort.
       Brosius-Gersdorf hatte zunächst an ihrer Nominierung festgehalten.
       
       ## Frei redet Probleme klein
       
       Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) rechnet für die kommenden Wochen mit
       einem neuen Personalvorschlag. Er sei sicher, dass die Fraktionen von Union
       und SPD „in der Lage sein werden, in den nächsten Wochen einen Vorschlag zu
       präsentieren, der dann auch über die Mehrheitsfähigkeit im Parlament
       verfügt und dafür sorgt, dass die Richter in Karlsruhe ersetzt werden
       können“, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk.
       
       Frei sagte, Brosius-Gersdorf sei „unzweifelhaft eine untadelige Juristin“,
       sie sei aber nicht mehrheitsfähig und von Anfang an sehr umstritten
       gewesen. Er räumte ein, „dass man natürlich darauf auch früher hätte
       reagieren können, auch gegenüber der SPD“. Jetzt müsse man aber den Blick
       nach vorn richten und „schauen, dass man diese Aufgabe so schnell wie
       möglich lösen kann“.
       
       Die schwarz-rote Koalition sieht Frei durch die Vorgänge rund um die
       Richterwahl nicht gefährdet. Er sei überzeugt, „dass die Regierung
       insgesamt sich auf eine starke Basis in der Unionsfraktion und in der
       SPD-Fraktion stützen kann.“ Deswegen habe er auch keinen Zweifel, dass die
       Zusammenarbeit in der Koalition gut fortgesetzt werden könne.
       
       ## Linke fordert Mitsprache
       
       Linken-Chefin Ines Schwerdtner sagte dem Portal t-online, die Vorgänge um
       Brosius-Gersdorf seien ein Armutszeugnis für die Bundesregierung.
       Unionsfraktionschef Jens Spahn habe seine Fraktion nicht im Griff, und die
       Sozialdemokraten hätten „die Durchsetzungskraft eines schlafenden
       Kaninchens“. So werde eine Regierung keine vier Jahre durchhalten können.
       Bei künftigen Richterwahlen im Bundestag fordert Schwerdtner ein
       Vorschlagsrecht und einen Platz am Tisch für ihre Partei.
       
       Der Rückzug Brosius-Gersdorfs mag die Blockade um die Richterwahl lösen,
       zugleich stellt er die Koalition vor ein neues (altes) Problem: im
       Bundestag die nötige Zweidrittelmehrheit zu finden für die Wahl ihrer
       Kandidaten.
       
       Schon bei der Mitte Juli geplatzten Wahl hätte die CDU/CSU am Ende auf
       Stimmen der AfD angewiesen sein können. Das möchten sowohl die Union als
       auch die anderen Fraktionen vermeiden. Doch Gespräche mit der Linken, deren
       Stimmen dann nötig werden könnten, lehnte die Unionsfraktion ab.
       
       8 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
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