# taz.de -- Rückzug der Grüne-Jugend-Chefin: Jette Nietzard geht, doch die Probleme bleiben
       
       > Ja, Jette Nietzard hat ihre Rolle bei den Grünen falsch eingeschätzt.
       > Aber ihr Provokationskurs war auch das Produkt von Machtlosigkeit.
       
 (IMG) Bild: Jette Nietzard bei der Bundesdelegiertenkonferenz Bündnis 90/Grüne in Berlin im Januar 2025
       
       Wenn [1][Jette Nietzard im Herbst von der Spitze der Grünen Jugend
       abtritt], endet ein Missverständnis. Das zeigt auch das Video, in dem sie
       am Dienstag ihren Rückzug ankündigte. Der Clip besteht aus allerlei
       Schuldzuweisungen: an rechte Medien, gegen deren Macht sie nicht ankam. An
       den eigenen Jugendverband, in dem nicht alle so taff waren wie sie. Und an
       den Rest der Grünen, weil der ihr nicht solidarisch beisprang, wenn sie der
       Partei mal wieder ohne Not Ärger eingebrockt hat.
       
       Was dagegen fehlt: Selbstreflexion und das Eingeständnis eigener Fehler.
       Kein Wort darüber, dass Nietzard falsch eingeschätzt hat, was die Grünen
       sind, was die Grüne Jugend sein kann und wie das mit ihrem gern gepflegten
       Stilmittel der Provokation zusammengeht. Natürlich, die Chefin einer
       Parteijugend muss provozieren. Oft gibt es in dieser Position kein anderes
       Mittel, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Die Sprecherin der Grünen Jugend hat
       auch nicht die Aufgabe, um Wähler*innen zu kämpfen, die zuletzt für
       Friedrich Merz gestimmt haben. Sollte das weiterhin das Ziel der Grünen
       sein, muss sie andere Leute darauf ansetzen. Die Jugend darf vor den Kopf
       stoßen.
       
       Sie sollte sich aber überlegen, wen sie vor den Kopf stößt. Die Grüne
       Jugend ist keine Splittergruppe, der es genügen kann, sich selbst zu
       gefallen. Sie ist der Nachwuchs einer Partei, die flügelübergreifend
       Mehrheiten für ihre Politik anstrebt. Unter dieser Prämisse sorgt eine
       gelungene Provokation dafür, dass hinterher mehr Menschen hinter den
       eigenen Positionen stehen als vorher.
       
       Das hat einst funktioniert, als der Juso Kevin Kühnert BMW
       vergesellschaften wollte. Die meisten Deutschen heißen nicht Quandt oder
       Klatten, seine Forderung war daher anschlussfähig. Weniger gut funktioniert
       es, wenn sich die Provokation pauschal gegen Männer [2][oder
       Polizist*innen richtet]. Deutschland besteht nämlich fast zur Hälfte
       aus Männern, und Polizist*innen genießen in der Bevölkerung ein
       erstaunlich großes Vertrauen. Bei den Grünen konnte Nietzards Methode
       deshalb gar nicht aufgehen.
       
       Ist für die Partei jetzt also alles gut, da sie aufgibt? So ist es auch
       wieder nicht. Schon drei von Nietzards vier Vorgänger*innen fremdelten
       mit dem Kurs der Partei und traten sogar aus. Dass es jetzt auch mit der
       nächsten Chefin der Grünen Jugend nicht klappte, ist kein Wunder. Der
       Nachwuchs darf auf Parteitagen fleißig Anträge stellen und sich manchmal
       sogar durchsetzen. Auf die Regierungspraxis und den Wahlkampf hatten die
       Beschlüsse dann aber keinen Einfluss. Dass junge Leute komische Sachen
       machen, wenn ihre Arbeit nichts bewirkt: Darüber sollten sich die Grünen
       nicht wundern.
       
       29 Jul 2025
       
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 (DIR) Tobias Schulze
       
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