# taz.de -- Reportage über coole Rechte: Eingeweihte unter sich
       
       > Die Reportage im „Zeit-Magazin“ liest sich, als habe Gramsci das Drehbuch
       > geschrieben. Die Rechte strebt nach Hegemonie durch ehemals linke
       > Praktiken.
       
 (IMG) Bild: Dunkle Aussichten: In Manhattan hat sich eine Trump-affine Kulturszene gebildet
       
       Dieser Tage erschien im Zeit-Magazin eine verstörende Reportage über eine
       neue Kulturszene. Ausgerechnet in Manhattan habe sich eine junge,
       Trump-affine „Boheme“ gebildet – konnte man da erfahren. Wie konnte das
       geschehen?
       
       „Wie wurde rechts cool?“, fragt die Autorin. Es mag ein erstaunliches Genre
       sein, [1][eine Reportage] zu kommentieren. Aber was hier über viele Seiten
       beschrieben wird, liest sich. als ob Antonio Gramsci das Drehbuch dazu
       geschrieben hätte.
       
       Für den kommunistischen Theoretiker bedeutet Hegemonie – also ideologische
       Vorherrschaft – nicht einfach Dominanz durch Inhalte, Überzeugungen,
       Weltanschauungen. Hegemonie muss vielmehr ganz materiell errungen werden:
       in Institutionen. Durch ein bestimmtes Personal. Mit spezifischen
       kulturellen Praktiken.
       
       Die neuen Kultur-Trumpisten folgen dem in allen Punkten. Als sei es ihre
       Anleitung. Sie haben ihre eigenen Institutionen und Medien entwickelt.
       Diese reichen von klassischen Formen wie Texten, Literatur, Theaterstücken
       und den entsprechenden [2][Institutionen wie Verlage,] Zeitungen bis hin zu
       neuen Formen wie Podcasts und Filmfestivals. All das bildet das Grundgerüst
       einer hippen rechten Gegenkultur von jungen Trump-Aficionados.
       
       ## Schicke Leute
       
       Hier, beim Personal dieser Kulturszene, liegt die vielleicht größte
       Merkwürdigkeit. Dieses rekrutiert sich nicht aus den Abgehängten, den
       Arbeitslosen, der verlassenen weißen Arbeiterklasse, nicht aus jenen, die
       Hillary Clinton einst so denunzierend als deplorables bezeichnet hatte. Es
       ist also nicht die erwartete MAGA-Basis, die sich hier versammelt.
       
       [3][In Manhattan] formieren sich vielmehr schicke Leute – junge
       Schriftsteller, Künstler – zu dem, was eine doch unerwartete intellektuelle
       Gegenkultur ist. Das Erstaunliche daran ist, dass sie sich auch als solche
       verstehen wollen. Rechts ist für sie nicht gleichbedeutend mit
       Antiintellektualismus.
       
       Und wie immer in solchen Szenen gibt es auch hier zentrale Figuren, die
       ebendarum im Zentrum stehen, weil sie die dazugehörenden Mythen verkörpern.
       In dem Fall etwa der Blogger Curtis Yarvin, Proponent einer „dunklen
       Aufklärung“.
       
       Die Praktiken dieser Szene lassen sich an vier Verben festmachen:
       schreiben, lesen, reden, tanzen. Etwa bei DOGE-Partys. Bei alledem geht es
       darum, sich gemeinsam als rebellisch zu erleben. Dazu dienen alle möglichen
       Strategien. Etwa die Orte für Veranstaltungen geheim zu halten – so dass
       sich dort nur Eingeweihte treffen. Vor allem aber das alterprobte Mittel
       des Tabubruchs.
       
       Dieser reicht von der verpönten Zigarette – hier raucht man wieder – bis
       zur inhaltlichen Provokation. In diesem Fall bedeutet das: Man verständigt
       sich aufs Anti-Woke, aufs inkorrekte Sprechen, auf die Ablehnung von MeToo
       oder auf einen „ehrlichen“ Rassismus.
       
       ## Konzepte der Subkultur
       
       All das befestigt eine Szene, ein Milieu, bildet eine Gegen-Gemeinschaft
       gegen die vorherrschende Kultur. (Auch wenn das rebellische Moment
       angesichts von Trumps Wahlsieg nunmehr fraglich wird und etwas ins Stocken
       gerät.) All das ist aber ein Déjà-vu. Von den großen Strategien bis hin zu
       den kleinen Verhaltensweisen – von der Schaffung einer Gegenöffentlichkeit
       bis zur lässigen Zigarette im Mundwinkel. All das wurde schon gesehen. Zu
       einem anderen Zeitpunkt – in ganz anderen Kontexten. Nämlich 1968.
       
       Was man hier wieder sieht, sind ehemals linke Strategien, linke
       Rebellionsformen, die genau zu dem geworden sind – zu reinen Formen.
       Nunmehr dienen diese Formen einem Aufbegehren gegen links. Nunmehr werden
       sie mit rechten Inhalten aufgefüllt. Das Konzept der Subkultur ebenso wie
       das der Coolness wird beibehalten. Sie lassen sich nahtlos übernehmen.
       Grenzüberschreitungen und Regelbrüche funktionieren auch von rechts.
       
       All das, was einmal linke Politikkultur war, wird beliebig anwendbar. Man
       könnte auch sagen: Es wird zur Pose. Nichts zeigt den rechten
       Hegemonievorsprung deutlicher als diese kulturell-politische Aneignung:
       Trumpismus als Weltgefühl. Als hipper Lifestyle.
       
       Und so war es gewissermaßen folgerichtig, wo diese Reprotage erschienen
       ist: im Zeit-Magazin für Lebensart.
       
       Die Autorin ist Publizistin in Wien.
       
       21 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Isolde Charim
       
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