# taz.de -- Deutsche Olympia-Bewerbungen: Kreativer Wettkampf um Nachhaltigkeit
       
       > Ob München, Berlin, Hamburg oder Ruhrgebiet: Alle Bewerbungskonzepte
       > geben sich als nachhaltig aus. Hamburg ist dabei am kreativsten geworden.
       
 (IMG) Bild: Übergeben: Hamburg hat vergangene Woche sein Bewerberkonzept eingereicht
       
       [1][Die deutschen Olympia-Bewerbungen] muss man loben. Alle vier, ob
       Hamburg, Berlin, München oder das Ruhrgebiet, versprechen die
       nachhaltigsten Olympischen Spiele aller Zeiten und werben mit ihren tollen,
       ressourcenschonenden Konzepten, die alles, aber bloß keine gigantischen
       Neubauprojekte nur für ein zweiwöchiges Sportevent beinhalten. Besonders
       Hamburg ist dabei kreativ geworden, wie man die vorgegebenen
       Nachhaltigkeitsansprüche gewährleisten kann.
       
       In München, da haben sie Glück, können sie immerhin auf das alte
       Olympia-Gelände von 1972 zurückgreifen. Andere Anlagen, zum Schießen oder
       Reiten etwa, stehen auch noch von 1972 herum. Nur ein bisschen muss der
       bestehende Olympiapark erweitert werden. Und ein nagelneues olympisches
       Dorf braucht es. Das aber werde in der anschließenden Nachnutzung ein
       „klimaneutrales und barrierefreies Mehrgenerationenquartier für mehr als
       10.000 Menschen“, verspricht die bayerische Landeshauptstadt.
       
       Wie München hat auch Berlin den Vorteil, immerhin schon [2][das Herzstück
       Olympischer Spiele] vorwiesen zu können – ein passendes Stadion. Ansonsten
       soll, wie auch bei den anderen deutschen Bewerbern, ganz viel „temporär“
       entstehen – ob nun ein Beachvolleyballfeld vor dem Brandenburger Tor oder
       ein Basketballplatz auf dem Tempelhofer Feld.
       
       Wie nun aber, in einem Gesamtpaket erarbeitet, die Nachhaltigkeitsbilanz
       aussehen würde, ist bislang völlig offen. Obwohl es an Vorbereitungszeit
       nicht mangelte, [3][befindet sich die Nachhaltigkeitsstrategie derzeit noch
       „in Erarbeitung“.]
       
       ## Auch Brisbane wollte nachhaltig sein
       
       Im Herzen von Essen oder Köln soll man sich wohl eine große
       Gerüstkonstruktion vorstellen, mit der das Ruhrgebiet versucht, wegen
       seines fehlenden Olympiastadions mit einem nachhaltigen Kniff den
       Anforderungen des Internationalen Olympischen Komitees zu genügen. Dann, so
       verspricht NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), seien sogar 95 (!)
       Prozent aller benötigten Sportstätten entweder schon vorhanden oder würden
       nur temporär und damit nahezu CO2-neutral errichtet.
       
       Ob diese Nachhaltigkeitsversprechen wirklich glaubhaft sind, kann schon
       jetzt angezweifelt werden, wo es allerorten noch an detaillierten Planungen
       fehlt: Auch in Brisbane, wo schon in sieben Jahren die Olympischen Spiele
       stattfinden, wollte man vor allem auf die bestehende Infrastruktur setzen.
       
       Im März zog der zuständige Premierminister des Bundesstaates Queensland die
       Reißleine: Mit der Nutzung mehrerer bestehender Stadien und Hallen wird es
       nichts, allein das nun doch komplett neu zu bauende Olympiastadion wird
       wohl 2,1 Milliarden Euro verschlingen – und das mitten im als Natur- und
       Kulturerbe deklarierten Victoria-Park.
       
       Dagegen ist [4][das Hamburger Bewerbungskonzept] auf feinsinnige Art
       unerreichbar nachhaltig: Zwar hat die Stadt kein passendes Olympiastadion,
       will aber auch gar keins bauen. Tja! Man habe sich halt letztens mit den
       Fußballern des HSV wegen des Volksparkstadions zusammengesetzt und
       plötzlich gemerkt, dass in, Pi mal Daumen, 20 Jahren das vor erst 27 Jahren
       neu gebaute und vor zwei Jahren für 30 Millionen Euro sanierte Stadion ein
       wirtschaftlicher Totalschaden sein wird, der einen Neubau nötig machen
       wird.
       
       Also die elegante, total nachhaltige Lösung: Es wird kein Olympiastadion
       neu gebaut, [5][sondern lediglich eine neue HSV- und Multifunktionsarena],
       in der dann aber zuerst die Olympischen Spiele stattfinden. Und gerade noch
       gut genug sein wird im Jahr 2040 oder 2044 das offenbar schon kurz vorm
       Bröckeln stehende Volksparkstadion immerhin noch für die
       Schwimmwettbewerbe. Ökologisches Olympia-Herz, was willst du mehr?
       
       8 Jun 2025
       
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