# taz.de -- Flucht aus Kuba: Kein Weg zurück
       
       > Elier David Molina Cruz will Rockstar werden. Das war kaum möglich in
       > seiner Heimat Kuba. Er floh nach Uruguay. Hunderttausende haben wie er
       > die Insel zuletzt verlassen.
       
 (IMG) Bild: Will den Traum vom Musikerdasein verwirklichen: Elier David Molina Cruz
       
       Santa Clara/ Montevideo taz | Vor nur drei Monaten hatte Elier David Molina
       Cruz noch in den Hotels an den paradiesischen Stränden von Los Cayos im
       Norden Kubas Gitarre gespielt. Jetzt sitzt er, halblange blondierte Haare,
       tätowierte Oberarme, vom Kleidungsstil irgendetwas zwischen Rock und
       Grunge, in einem Café in Montevideo. Er trinkt einen Latte macchiato, isst
       Kuchen und sagt: „Hier gibt es ja wirklich alles, aber manchmal vermisse
       ich so einen richtigen starken kubanischen Kaffee. Von dem man richtig wach
       wird. Und natürlich das Essen meiner Mutter.“ Eine frische Brise weht durch
       die grauen Straßen der uruguayischen Hauptstadt, es wird langsam Herbst.
       Daran müsse er sich auch erst einmal gewöhnen, sagt Molina Cruz, an die
       Kälte, die er in seiner Heimat Kuba nie kennengelernt habe.
       
       [1][Doch Kuba wird er so schnell nicht wiedersehen können.] Auch seine
       Eltern, Familie und kubanischen Freunde nicht. Molina Cruz ist vor Kurzem
       27 Jahre alt geworden. Wenige Monate zuvor, kurz vor Weihnachten 2024, hat
       er Kuba verlassen,um sich auf den über 7.000 Kilometer langen Weg nach
       Uruguay zu machen. Es ist ein illegaler Weg, weg aus einem Land, in dem er
       schon lange keine Perspektive mehr für sich gesehen hat. Seine Flucht
       verläuft quer durch den südamerikanischen Dschungel.
       
       „Ich bin nur einer von Tausenden Kubanern, denen es genauso geht“, sagt er,
       erleichtert, dass er es bis nach Montevideo geschafft hat. Und zugleich ist
       er wehmütig, wenn er an Kuba denkt.
       
       Es sind tatsächlich nicht nur Tausende, denen es ähnlich wie Molina Cruz
       geht. Insgesamt sollen über 1,2 Millionen Menschen in den letzten vier
       Jahren die Insel verlassen haben. Das sind so viele Kubaner wie noch nie in
       der Geschichte Kubas nach der Revolution von 1953 bis 1959. Die Rede ist
       von einem Exodus, einer Migrationskrise von nie da gewesenem Ausmaß.
       
       Demografen gehen von einem Bevölkerungsrückgang von rund 18 Prozent seit
       2021 aus. Laut dem kubanischen Institut für Statistik (Oficina Nacional de
       Estadística e Información, Onei) leben mittlerweile nur noch knapp 10
       Millionen Menschen auf Kuba. 2020 waren es noch 11,18 Millionen. Der
       kubanische Ökonom und Demograf Juan Carlos Albizu-Campos, geht sogar von
       nur noch 8,6 Millionen Menschen aus, die auf der Karibikinsel leben.
       
       ## Neues Fluchtziel Uruguay
       
       Die USA sind nach wie vor das beliebteste Auswanderungsland. Allein an der
       US-mexikanischen Grenze und in Florida registrierte das Zoll- und
       Grenzschutzamt (CBP) zwischen 2022 und 2024 etwa 850.000 Einwanderer, das
       macht rund 8 Prozent der kubanischen Bevölkerung aus. Seit 1966 gilt der
       Cuban Adjustment Act, der es kubanischen Migranten erlaubt, nach einem Jahr
       Aufenthalt in den USA eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis zu beantragen,
       wenn als Grund „politische Verfolgung“ angegeben wird.
       
       [2][Doch seit US-Präsident Donald Trump wieder an der Macht ist,] gibt es
       neue Fluchtziele. Zehntausende bleiben in Mexiko, wandern nach Südamerika
       aus, nach Brasilien oder eben nach Uruguay.
       
       Molina Cruz hat Familie in Uruguay. Bei seiner Ankunft konnte die
       Verwandtschaft ihn unterstützen. Zudem gilt Uruguay als eines der
       sichersten Länder Lateinamerikas und als wirtschaftlich, politisch wie
       sozial stabil. „Als Kubaner, der politisches Asyl beantragt, bekomme ich
       hier ziemlich schnell eine Aufenthaltsgenehmigung“, sagt Molina Cruz. Nur
       etwa ein Jahr soll das dauern, um dann die uruguayische Staatsbürgerschaft
       beantragen zu können. Arbeiten kann er schon nach drei Monaten, sobald er
       einen provisorischen Personalausweis bekommen hat. Aber: „Es ist
       tatsächlich nicht so einfach, als kubanischer Migrant hier einen Job zu
       finden“, sagt er. „Die Kubaner haben einen schlechten Ruf. Zum Teil, weil
       es einige in den letzten Jahren gab, die gewartet haben, bis sie die
       Aufenthaltsgenehmigung bekommen haben, um dann einen Kredit aufzunehmen und
       mit dem Geld in die USA abzuhauen.“
       
       Er selbst hat sich vor Kurzem ein günstiges gebrauchtes Moped gekauft und
       liefert nun Essen für das Lieferunternehmen Logística 21 aus. An den Job
       sei er über Kontakte gekommen, sagt er.
       
       Seit Jahren hat Molina Cruz aber einen ganz anderen Traum: Er will von
       seiner Musik leben. Seit seiner Jugend spielt er Gitarre und hat sich damit
       das Geld zusammengespart, um nach Uruguay auswandern zu können. Über drei
       Jahre lang hat er in verschiedenen Hotelbars an der Nordküste Kubas für
       Touristen aus aller Welt Musik gemacht, hat bekannte Lieder gecovert und
       das gespielt, was die Touristen auf Kuba eben gerne hören möchten: Salsa
       oder Cumbia.
       
       ## In seiner Heimat zog er gerne um die Häuser
       
       Seine große Leidenschaft gilt aber dem Rock. Kiss, Van Halen, The Eagles,
       John Lennon oder Jimi Hendrix, einer davon ist immer auf den Bandshirts,
       die er trägt. Manchmal muss man zweimal nachfragen, wen er meint, wenn er
       über seine Idole spricht. Sein kubanischer Akzent ist unüberhörbar,
       verschluckt die Namen der Rocklegenden.
       
       In seiner Heimatstadt Santa Clara, zog Molina Cruz gerne um die Häuser. Er
       war derjenige, der spätabends spontan eine halbwegs funktionierende Gitarre
       und Dosenbier organisierte, um auf der Plaza Mayor, dem zentralen Platz,
       unter Palmen und neben heruntergekommenen Villen Gitarre für Freunde und
       Touristen zu spielen. Irgendwann hatte er dann genug Geld beisammen und
       konnte los. Los in eine Welt, die in den Songs vorkam, die er coverte, nach
       der er sich schon immer sehnte, aber die er gar nicht kannte.
       
       3.000 US-Dollar brauchte er und einen Schleuserkontakt. Dann sei alles ganz
       schnell gegangen. „So eine Gelegenheit bekommt man nicht zweimal“, sagt er.
       Und seine Eltern? „Sie hatten Angst“, sagt Molina Cruz. „Aber sie kennen
       mich, sie wissen, wenn ich mir etwas in den Kopf setze, nimmt es mir
       niemand weg.“
       
       Fünf Tage braucht Molina Cruz von Kuba bis nach Uruguay. Seine erste
       Station ist Guyana. Bis hierhin ist der Musiker noch legal unterwegs, denn
       mit einem kubanischen Pass kommt man ohne Visum in den Staat im Norden
       Südamerikas. „Das Ticket für Hin- und Rückflug mussten Freunde aus dem
       Ausland für mich buchen, weil das von Kuba aus nicht ging“, erzählt er. Es
       war der erste Flug seines Lebens.
       
       In Georgetown, der Hauptstadt Guyanas, angekommen kontaktiert er zuerst den
       Schleuser – Molina Cruz nennt ihn coyote. Dann heißt es erst einmal warten.
       Irgendwann bringt ihn einer aus der Schleuserbande zu einer Art
       Sammelstelle. In dem kahlen Raum warten weitere sieben Menschen, die auch
       über die guyanische Grenze wollen.
       
       ## Gefährliche Flucht über Guyana und Brasilien
       
       „Die Namen der coyotes, die man auf dem Weg trifft, erfährt man nie“, sagt
       Molina Cruz. „Sie haben zur Identifikation nur deinen Namen und ein Foto
       von dir, das du ihnen vorab schicken musst. Das müssen sie dir vorzeigen,
       wenn sie das nicht haben, darfst du niemals mitgehen.“ Wie gefährlich
       Guyana für Menschen auf der Flucht sein kann, erfährt Molina Cruz
       spätestens in der Sammelstelle. Einer der Schleuser rät ihm, nicht mal zum
       Rauchen vor die Tür zu gehen. „Du könntest verschleppt und ausgeraubt
       werden, und niemand findet dich wieder, hat er mir gesagt“, erzählt Molina
       Cruz. „Guyana war echt der Horror, überall hingen Vermisstenanzeigen.
       Irgendwann kam ein Typ in den Raum, der einen auf Macker gemacht hat.“
       Dieser gibt Anweisungen, wie es für die Gruppe weitergeht, und kassiert die
       Anzahlung für die Überfahrt. Etwa 300 US-Dollar pro Person.
       
       Jetzt will die Gruppe über die Grenze nach Brasilien kommen.
       
       Sie werden mit einem Minibus abgeholt. Bald darauf müssen sie in zwei Autos
       umsteigen. Eine weitere Gruppe soll die Grenze zu Fuß über den dort
       verlaufenden Grenzfluss passieren. „Ich war bei denen dabei, die im Auto
       warten sollten, bis an der Grenzstation Schichtwechsel ist. Als die
       bestochenen Beamten ihren Posten eingenommen hatten, sind wir
       rübergefahren“, sagt er.
       
       Auf seinem Weg nach Uruguay trifft Molina Cruz immer wieder Kubaner: „Da
       waren auch Familien darunter, Mütter mit ihren Kindern, einige wollten nur
       nach Brasilien, andere sind weiter.“ Es gebe unterschiedlich teure
       „Pakete“, je nachdem wie viel Komfort man haben möchte. „Mehr Komfort, also
       bequemer Bus oder so, bedeutet meistens, dass du langsamer unterwegs bist.
       Ich habe mich für Schnelligkeit entschieden“, sagt Molina Cruz.
       
       Ob er keine Angst gehabt habe? Er zuckt mit den Schultern: „Sie haben uns
       immer gesagt, dass wir, falls wir erwischt werden, einfach sagen sollten,
       dass wir per Anhalter unterwegs seien und von nichts wissen.“
       
       Dann hält er kurz inne und erzählt, wie er an der Grenze zu Brasilien beim
       Warten mit einem der coyotes gesprochen hat. Dieser erzählte ihm die
       Geschichte einer Kubanerin, die einige Wochen zuvor beim Warten ihren
       Standort per Smartphone mit ihrer Familie geteilt hatte. „Als das rauskam,
       soll der Schleuser befohlen haben, dass sie sich alle in einer Reihe
       aufstellen. Dann soll er eine Pistole rausgeholt haben und sie erschossen
       haben“, sagt Molina Cruz ernst. Ja, da habe er schon Angst bekommen.
       
       ## Zahlen, damit man durchkommt
       
       Auf der Fahrt sei alles – auch unter den „Passagieren“ – sehr anonym
       gewesen. Man versuchte sich zwar zu unterstützen, so gut es ging. Aber
       eigentlich „kann man niemandem vertrauen“. Molina Cruz erzählt, wie er die
       ganze Fahrt über seine Hose kein einziges Mal ausgezogen habe. „Ich hatte
       mein Bargeld in die Innenseite eingenäht, keiner durfte es wissen.“
       
       Das Wichtigste ist, dass man an den abgemachten Stationen zahlt. Wer nicht
       zahlt, läuft Gefahr, irgendwo sitzen gelassen zu werden, im schlimmsten
       Fall mitten im Amazonas.
       
       Einer der krassesten Momente sei gewesen, als sie bei einer Autofahrt durch
       den Amazonas einen Notstopp mitten im Dschungel einlegen mussten. „Da war
       wohl eine Streife oder so in der Nähe. Jedenfalls durften wir das Auto
       nicht verlassen, aber wir standen mitten in einem Dorf von indigenen
       Menschen. Die haben versucht, durch die getönten Scheiben zu uns
       reinzuschauen, im Gesicht bemalte Frauen mit nacktem Oberkörper starrten
       uns an. Es war irre.“
       
       Nach der Grenze geht es für Molina Cruz weiter, quer durch Brasilien. Knapp
       6.000 Kilometer bringt er hinter sich, dreimal muss er fliegen, stundenlang
       fährt er ohne Pausen über buckelige Straßen in einem überfüllten Kleinbus.
       Und immer wieder muss er in irgendwelchen Hotels auf den nächsten Schleuser
       warten, der weitere Anweisungen gibt.
       
       Seine Flucht endet an der brasilianisch-uruguayischen Grenze. In Rivera,
       einer Stadt im Norden Uruguays, kann er Asyl beantragen. Molina Cruz ist
       angekommen.
       
       Mittlerweile schickt er – wie viele Kubaner im Exil – regelmäßig Geld nach
       Kuba an seine Eltern. „Damit haben sie sich jetzt ein Solarpanel für ihr
       Haus kaufen können, sodass sie bei einem Stromausfall nicht betroffen
       sind“, sagt er, auch etwas stolz.
       
       ## Warum wagen so viele Kubaner die gefährliche Reise?
       
       Molina Cruz’ Eltern wohnen immer noch in Santa Clara, einer Stadt im
       Zentrum der Insel, einem Wirtschafts- und Agrarstandort und der Ort, an dem
       seit 1997 die sterblichen Überreste des Revolutionsführers Che Guevara
       liegen. Aber das interessiert dort kaum jemanden.
       
       Dort, in einem kubanischen Kaffeehaus, bei einer Tasse richtig starkem
       Kaffee, erzählte Molina Cruz damals: „Alle jungen Menschen, die die
       Möglichkeit haben, gehen. Es gibt keine Hoffnung hier auf Kuba, dass sich
       irgendetwas ändert.“ Das ist nun über zwei Jahre her, damals war ihm schon
       klar, auch er wird gehen. Das staatliche Café, ein hoher Raum in einer
       alten Kolonialvilla, in dem es zwar günstigen, dafür aber nur eine Sorte
       Kaffee gab, war kaum besucht. Bis auf einen Mann, der auffallend nah an
       unserem Tisch saß. „Lass uns in ein anderes Lokal gehen“, hatte Molina
       gesagt. „Der könnte ein Regierungsspitzel sein.“
       
       „Ich wäre sehr gerne in Kuba geblieben, aber ich musste gehen, aufgrund der
       politischen Lage“, sagt Molina Cruz heute. [3][Er habe keine Perspektive
       mehr gesehen auf Kuba,] für sich nicht und auch nicht für seine Musik.
       
       Der Hauptgrund für die Auswanderung aus Kuba sind seit der Revolution immer
       wieder politische Repression und die Wirtschaftskrise. Lebensmittel,
       Medikamente und Kraftstoff sind knapp, die Inflation ist hoch. Vor allem
       die Reaktion auf die Massenproteste im Sommer 2021 nahm vielen Menschen die
       letzte Hoffnung auf Besserung. Die Regierung ließ damals die Proteste
       niederschlagen, es gab über 700 Festnahmen mit zum Teil langen Haftstrafen.
       
       Seit der Coronapandemie ist der Tourismussektor eingebrochen und die
       wirtschaftliche Lage hat sich verschärft. Grund dafür sind
       Versorgungsprobleme in der Hotelbranche, der Mangel an Arbeitskräften.
       Hinzu kommt, dass Kuba unter Trump im Jahr 2021 auf die US-Terrorliste
       gesetzt wurde. Das kann zu Einreiseproblemen in die USA führen, wenn man
       zuvor die Karibikinsel besucht hat.
       
       ## Wenig Lebensmittel, hohe Inflation, kaum Jobs
       
       Es mangelt an vielem in Kuba. Zum Beispiel an Lebensmitteln, Eier werden
       unter der Hand auf dem Schwarzmarkt verkauft. Toilettenpapier findet man
       nur, wenn man Glück hat, und dann kostet es ein Vermögen, umgerechnet etwa
       10 Euro pro Packung. Für einen Kubaner ist das ein halbes Monatsgehalt. Vor
       den Tankstellen warten die Autofahrer stundenlang auf Benzin. Vor den
       Banken dann noch weitere Stunden auf Geld.
       
       Und gibt es mal etwas Besonderes wie Trauben in den Devisenläden zu kaufen
       – also den Läden, die mit importierten Waren handeln und in denen man nur
       mit US-Dollar bezahlen kann –, stehen die Kubaner auch dort Schlange. Vor
       allem die, die Geld von Verwandten aus dem Ausland geschickt bekommen.
       Stromausfälle sind an der Tagesordnung, und die Zuckerrohrernte – das
       Vorzeigeprodukt zu Fidel Castros Zeiten – ist immens eingebrochen.
       
       [4][Es sind vor allem junge, arbeitsfähige Menschen wie Molina Cruz, die
       ihr Land verlassen.] Etwa 80 Prozent der Migranten sind zwischen 15 und 59
       Jahre alt. In den letzten Jahren ist die Geburtenrate auf der Insel
       deutlich gesunken, zurück bleibt eine alternde Gesellschaft mit riesigen
       demografischen Problemen. Es fehlt an Arbeitskräften, Lehrern, Ärzten.
       Dabei waren das Gesundheits- und Bildungssystem lange Zeit das
       Aushängeschild Kubas.
       
       Wie die kubanische Regierung mit der Situation umgeht, ist unklar. Es ist
       die Rede von diskreten Verhandlungen mit den USA. Eine Auswanderung wie die
       von Molina Cruz wird aus der Sicht des kubanischen Regimes als illegal
       gewertet. In absehbarer Zeit wird er nicht wieder in sein Heimatland
       zurückkehren können, und das weiß er: „Ich habe mich für ein One-Way-Ticket
       aus Kuba raus entschieden, es gibt keinen Weg zurück.“
       
       Jetzt ist er in einem kapitalistischen, aber demokratischen System
       angekommen, mit dem er klarkommen muss. Dass zum Beispiel kürzlich [5][in
       Uruguay gewählt wurde] und wie offen die Menschen über Politik sprechen,
       findet er merkwürdig. Oder auch, dass man im Supermarkt mit Angeboten
       überflutet wird, auf Märkten alles Mögliche finden kann. Und vor den Clubs
       gibt es die verschiedensten Drogen. Ist er sich bewusst, auf welches Leben
       er sich eingelassen hat? Jetzt sieht Molina Cruz wieder eine Perspektive
       und hat Ziele für sein Leben, auf die er hinarbeiten kann.
       
       ## Er will in ein Land, in dem er sich verwirklichen kann
       
       Zum Beispiel Geld verdienen, Freunde finden. „Das ist tatsächlich nicht so
       einfach“, sagt Molina Cruz und zündet sich eine Zigarette an. Er spreche
       zwar dieselbe Sprache wie die Uruguayer, aber im Vergleich zu den Kubanern
       seien die Menschen hier viel distanzierter, und manche hätten viele
       Vorurteile gegenüber Migranten. „Die ersten Monate habe ich schwarz für ein
       Holzunternehmen gearbeitet“, sagt er. „Als es wirtschaftlich etwas
       schlechter lief, haben sie zuerst uns Kubaner entlassen.“ Auch als
       Straßenmusiker habe er sich versucht, aber das sei sehr frustrierend
       gewesen, auch weil Uruguay eben nicht so ein touristisches Land sei wie
       Kuba. Auch die Musikszene ist nicht sehr groß.
       
       Vermutlich werde er das Land nur als Zwischenstation nutzen, und wenn er
       seine Papiere hat, weiterziehen. In ein Land, in dem er sich mit seiner
       Musik verwirklichen kann. Aber das liegt wohl noch in weiter Ferne.
       
       Während des Gesprächs fragt immer mal wieder ein Passant Molina Cruz nach
       einer Zigarette. Jedes Mal gibt er eine aus. Dann muss er los. Zur
       Bandprobe. Seine E-Gitarre, ein Gibson-Imitat, hat er sich schicken lassen,
       sobald er in Uruguay angekommen war.
       
       An einer Laterne hängt ein Plakat des venezolanischen [6][Präsidenten
       Maduro] mit der Aufschrift „Dictador“. „Für mich ist das so krass, so was
       zu sehen. Ich kann hier einfach ein Bild aufhängen von [7][Miguel
       Díaz-Canel,] schreibe Diktator darunter und komme nicht in den Knast
       dafür“, sagt Monlina Cruz und meint den aktuellen kubanischen
       Staatspräsidenten.
       
       5 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
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