# taz.de -- Rechte US-Lobby in Europa: Illiberale Internationale
       
       > Die rechts-konservative US-Lobbygruppe CPAC tourt durch Europa und wirbt
       > für rechte Politiker. Es braucht dringend eine demokratische
       > Gegenkampagne.
       
 (IMG) Bild: Christian Hafenecker von der FPÖ spricht auf der Konferenz CPAC in Budapest
       
       In Europa formiert sich eine illiberale Internationale, die zunehmend durch
       rechts-konservative Kräfte in den USA unterstützt wird. Jüngstes Beispiel
       ist die [1][Conservative Political Action Conference], die gerade durch
       Mitteleuropa tourte. Hinter den Veranstaltungen steht die
       rechts-konservative Lobbyorganisation American Conservative Union (ACU).
       Diese Roadshow als politisches Spektakel abzutun, wäre ein Fehler. Denn die
       Kampagne hat das Potenzial, Wahlen zu beeinflussen und langfristig auch
       EU-Politik zu verändern. Es braucht eine wirksame demokratische Antwort –
       nicht nur auf institutioneller, sondern auch auf kultureller Ebene.
       
       Ende Mai organisierte ACU ein erstes Treffen rechtsextremer
       Persönlichkeiten nahe der südostpolnischen Stadt Rzeszów – einer Hochburg
       der nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS). Der
       Zeitpunkt war taktisch gewählt: Das Event fand exakt zwischen der ersten
       und zweiten Runde der polnischen Präsidentschaftswahlen statt, aus denen
       der PiS-nahe Historiker Karol Nawrocki als Sieger hervorging.
       
       Mit einer medienwirksamen Kulisse und prominenten Rednern wie der
       US-Politikerin Kristi Noem, ACU-Präsident Matt Schlapp und dem damaligen
       Präsidenten Andrzej Duda zielte die CPAC Polen darauf ab, Nawrocki
       zusätzliche Stimmen aus dem rechtsextremen Lager zu sichern. Insbesondere
       Wähler, die in der ersten Runde für Kandidaten wie Sławomir Mentzen
       (Konfederacja) oder Grzegorz Braun (Konföderation der Polnischen Krone)
       gewählt hatten, sollten nun für Nawrocki gewonnen werden.
       
       Im Anschluss wanderte das CPAC-Format weiter nach Budapest. Dort fand unter
       dem Motto „Das Zeitalter der Patrioten bricht an!“ die vierte Ausgabe der
       CPAC Ungarn statt. Unter der Führung des ungarischen Ministerpräsidenten
       Viktor Orbán hat sich die Veranstaltung von einem außenpolitischen
       Experiment zu einem bedeutenden Knotenpunkt rechtspopulistischer Netzwerke
       entwickelt. Sie verknüpft US-Konservative mit europäischen Souveränisten –
       darunter die spanische Vox, die österreichische FPÖ – sowie mit
       Gleichgesinnten aus Israel, Südamerika und Asien. Anders als die
       Schwesterkonferenz in Rzeszów erfüllt das Budapester Treffen eine
       strategisch langfristige Rolle: Es propagiert eine „illiberale
       Erfolgsgeschichte“, aufbereitet für ein transatlantisches Publikum.
       
       ## Antiwokeness als ideologisches Bindemittel
       
       Auf beiden Veranstaltungen tauchen auffällig ähnliche Narrative auf.
       Rednerinnen und Redner propagieren unisono nationale Souveränität, warnen
       vor einem „EU-Zentralismus“ und attackieren die „Brüsseler Bürokratie“.
       Dabei bedienen sie sich bewusst kulturkämpferischer Themen: Antifeminismus,
       Anti-Gender, Anti-Migration, der vermeintliche Kampf gegen „Wokeness“ und
       die Verteidigung traditioneller, christlicher Werte werden zum
       ideologischen Bindemittel. Diese einheitliche Sprache überwindet nationale
       Differenzen – und macht ideologische Nähe wichtiger als
       Parteizugehörigkeit. So wird die CPAC zur Plattform für strategische
       Allianzen zwischen Akteuren aus Parteienfamilien wie EKR, „Patrioten für
       Europa“ und parteilosen rechten Bewegungen.
       
       Doch es geht längst nicht nur um Rhetorik. Es werden auch konkrete
       politische Manöver sichtbar: Ein PiS-naher Präsident in Polen wird die
       Mitte-links-Koalition unter [2][Donald Tusk blockieren], was eine Rückkehr
       der PiS an die Macht begünstigen wird. Ein solches Polen würde sich mit
       Ungarn zusammentun, um als Vetomacht gegen EU-Reformen zu agieren.
       
       Viele Beobachter unterschätzen die CPAC weiterhin als Randveranstaltung
       einer ultrarechten Minderheit. In Wahrheit ist sie längst ein Forum
       inoffizieller parteipolitischer Interessenvertretung, ein
       Soft-Power-Instrument zur Netzwerkpflege zwischen politischen Eliten,
       Lobbyisten, Thinktanks und Aktivisten. Die professionell produzierten,
       emotional aufgeladenen Inhalte in sozialen Netzwerken sind genau darauf
       ausgelegt, eine breite und oft enttäuschte Wählerschaft emotional zu
       mobilisieren. Mit Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus hat die CPAC zudem
       neuen Rückenwind – trotz der chaotischen und spaltenden Phase seiner
       zweiten Amtszeit.
       
       Der transatlantische Mainstream hat darauf bisher kaum etwas
       entgegenzusetzen. Demokratische Kräfte verlassen sich auf etablierte Foren
       wie die Münchner Sicherheitskonferenz oder diverse
       Thinktank-Veranstaltungen – Formate, die in der Bevölkerung wenig Widerhall
       finden. Ohne eine eigene, überzeugende Gegenplattform bleibt der politische
       Wettstreit eine asymmetrische Auseinandersetzung.
       
       ## Nicht einfach zusehen
       
       Um dem entgegenzuwirken, müssen demokratische Akteure dringend
       Infrastruktur-, Narrativ- und Identitätsfragen gemeinsam angehen. Sie
       müssen ein transnationales Netzwerk engagierter Persönlichkeiten – aus
       Politik, Journalismus, Bildung, Zivilgesellschaft und Unternehmertum –
       aufbauen und gemeinsam eine richtungsweisende Bühne für die
       Auseinandersetzung mit der Zukunft eines demokratischen transatlantischen
       Bündnisses schaffen.
       
       Der Wettstreit wird nicht nur über politische Programme, sondern über
       kulturelle Zugehörigkeit entschieden. Demokratische Kräfte müssen Podcasts,
       kurze Videos, Social Media und lokale Veranstaltungen nutzen, um in
       Landessprachen greifbar zu machen, was transatlantische Zusammenarbeit,
       gemeinsame europäische Politik, Klimastandards oder ein starker Binnenmarkt
       konkret bedeuten – für Wohlstand, Sicherheit und Lebensqualität.
       
       Die CPAC-Ausgaben in Polen und Ungarn mögen harmlos wirken, doch sie sind
       Symbole eines gut organisierten, internationalen Netzwerks, das auf
       autoritäre Umgestaltung zielt. Wenn liberale Kräfte ihre Stimmen jetzt
       nicht erheben, riskieren sie, die Werte, auf denen Europas demokratische
       Ordnung ruht, zu verspielen. Die internationale Rechte rüstet auf.
       Demokratische Kräfte sollten nicht einfach dabei zusehen.
       
       5 Jun 2025
       
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