# taz.de -- Park in Hamburg-Eppendorf: Auch beim Grillen kommt man gerade an Israel nicht vorbei
       
       > Selbst im feinen Hamburg-Eppendorf darf im Park der Grill aufgestellt
       > werden. Das Wummern einer Thirtysomething-Party muss dabei ja gar nicht
       > stören.
       
 (IMG) Bild: Hamburg, Alsterufer: Wo man grillt, ist gar nicht so unwichtig
       
       Man könnte ja mal wieder, ja wollen wir nicht? Im Haynspark grillen, kommt,
       das Wetter wird schon halten. Prognose: 18 Grad, Sonne und Wolken,
       Regenwahrscheinlichkeit 50 Prozent.
       
       Der Haynspark liegt in [1][Hamburg-Eppendorf], dem Stadtteil der imposanten
       Jugendstilfassaden und SUVs, in dem Menschen am frühen Abend an
       Bistrotischen Champagner trinken, als gäbe es kein Morgen und sie wären
       schon im Wochenende auf Sylt: Sonnenbrille im Haar, der Pullover über der
       Schulter, die Männer dicke Uhren. So.
       
       Das stimmt natürlich so nicht, nicht immer, Eppendorf ist viel
       vielfältiger, auf dem Weg zum Park kommt man an der Thälmann-Gedenkstätte
       vorbei, der Kommunistenführer lebte in Eppendorf, bevor er nach Berlin in
       den Reichstag zog. Trotzdem erstaunlich, dass Grillen hier erlaubt ist.
       
       Wobei, die eigentliche Grillzone ist etwas abseits, es geht von der
       Hauptwiese mit dem kleinen, runden Tempel und freiem Blick auf die Alster,
       die hier noch Fluss ist, vorbei an dem grün gestrichenen Bootshaus auf die
       hintere Wiese, die durch eine Ufermauer vom Fluss getrennt ist.
       
       ## „Call me thirtysomething“
       
       Unter dem großen Baum da wäre es gut, aber, was ist denn das? Eine
       Gesellschaft, alle in Weiß, „You can call me thirtysomething“ steht auf
       einer Girlande, und Musik wummert aus einer großen Box.
       
       Geht ja schon mal gut los, wir gehen aber trotzdem gar nicht so weit weg,
       auf die andere Seite des Baums, dahin, wo junge Männer sich über einem Netz
       Fußbälle zuspielen, sie schießen hoch, sehr hoch. Aber man will ja noch was
       von der Alster sehen. Manchmal steigen hier Leute ins Wasser, aber dafür
       ist es heute zu kalt.
       
       Die Freundin, die gestern Geburtstag hatte, kommt auch, die Blumen stehen
       schon bereit, außer uns sind nur wenige Griller da. Kein Vergleich zum
       Grillen letztens im nicht so feinen Stadtpark, als schon bei der Ankunft
       dicke Rauchschwaden über der Wiese hingen, kräftige Männer an großen
       geschmiedeten Grills hantierten, riesige Buffets auf den Decken
       ausgebreitet lagen, alle Sprachen der Welt in der Luft.
       
       In Eppendorf sind wir unter uns, die vertrauten Gespräche bei
       Hackfleischspießchen, Schweinebauch und Rosé: Unsere Eltern werden alt,
       Hunderte von Kilometern entfernt, müssen mit Lungenentzündungen ins
       Krankenhaus. Die eine Mutter ist jetzt im Altersheim im Rollstuhl, das
       Altersheim liegt neben dem Friedhof.
       
       Der [2][ESC war ja gestern], Israel? Was denkt denn ihr? Immerhin Platz
       zwei, die meisten Stimmen für Israel, zwölf Punkte Jury und zwölf vom
       Publikum kamen aus Aserbaidschan, verrückt! Ach, die finnische Sängerin
       hieß Erika Vikman? – Wie? – Vikman. – Echt? – Ja, und sang „Ich komme“.
       Wusstet ihr, dass die Finnen Pornos für eine deutsche Erfindung halten?
       
       Wir waren ja gestern im Theater, Thalia, große Abschiedspremiere. War toll.
       – Ach, weißt du, Theater, ist nicht so meins.
       
       Am Himmel ziehen Wolken auf, leichte Tropfen, das zieht weg. Auf der Alster
       tuckert ein Ausflugsboot vorbei, die Thirtysomethings packen ein. Wisst
       ihr noch, letztes Jahr, der Junggesellenabschied da vorne bei der Mauer?
       Die hatten so Riesendinger umgeschnallt. – Mensch, das waren Hummerkostüme!
       Das war eine Betriebsfeier, die hatten gar keinen Block mehr und standen
       nur noch rum, aber sie durften nicht gehen, dann haben sie eben
       weitergetrunken.
       
       Im Bootshaus gibt es ein Klo, sollen wir noch vorbei? – Das ist peinlich,
       da muss man doch den Schlüssel am Tresen holen. „Entschuldigen Sie, ich war
       vor drei Jahren mal da, könnte ich vielleicht?“ – Ach, einfach so tun, als
       sei man Gast, fällt ja nicht weiter auf. Wer sind da jetzt eigentlich die
       Pächter, nicht mehr Tim Mälzer, oder?
       
       Im Stadtpark stiegen am Abend schwarze Rauchfahnen aus den Müllcontainern,
       wo die Grillkohle gelandet war statt in den dafür vorgesehenen
       Aschecontainern. Feuerwehreinsatz, nebenan ertönten afrikanische Trommeln,
       um die sich eine riesige Menge gebildet hatte und tanzte.
       
       Im Haynspark, auf dem Weg zum Auto: eine Dame mit Hund. Und zwei Jogger.
       
       26 May 2025
       
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