# taz.de -- Kleiner Parteitag der Grünen: Aufarbeitung geht fast schon los
       
       > Trotz Wahlniederlage ist die Stimmung beim grünen Länderrat versöhnlich.
       > Die inhaltlichen Debatten über den künftigen Kurs hat die Partei
       > allerdings vertagt.
       
 (IMG) Bild: Die Bundesvorsitzenden Brantner und Banaszak mit Habeck und Baerbock beim Kleinen Parteitag am 6. April
       
       Berlin taz | Sechs Wochen nach der Bundestagswahl steht Robert Habeck am
       Sonntag noch mal auf der Bühne seiner Partei. Auf dem Kleinen Parteitag der
       Grünen, dem sogenannten Länderrat, blickt der gescheiterte Spitzenkandidat
       auf den Bundestagswahlkampf zurück. Auf der dreistündigen Veranstaltung in
       Berlin will die Partei über Lehren aus der Niederlage sprechen, da könnte
       die Analyse des ehemaligen Frontmanns nützlich sein.
       
       „Kein Wahlkampf kommt ohne Fehler aus. Auch ich habe welche gemacht“, sagt
       Habeck erst. Aber: Im Vergleich zu früheren Grünen-Wahlkämpfen „waren es
       gar nicht so viele“. Was genau er im Rückblick hätte anders machen können,
       führt der scheidende Vizekanzler in seinem Redebeitrag dann nicht aus.
       
       Stattdessen wirft er anderen Akteuren deren Fehler vor: der Union, dass sie
       ihren Wahlkampf „wesentlich auf Unwahrheiten“ aufgebaut habe, und den
       Fernsehsendern, dass sie [1][mit ihren Debattenformaten die „Normalisierung
       der AfD“] vorangetrieben hätten. Aber was es für die Grünen heißt, dass
       sein Angebot der Bündnispartei und des Brückenbauens von den
       Wähler*innen nicht angenommen wurde? „Ich räume für mich ein, dass ich
       ein bisschen Zeit zum Nachdenken brauche“, sagt Habeck dazu.
       
       Zumindest vorerst müssen sich bei den Grünen also andere um die Schlüsse
       aus der Wahl kümmern. [2][Im Leitantrag für den Länderrat] hat der
       Bundesvorstand um die Parteichef*innen Franziska Brantner und Felix
       Banaszak den Vorsatz formuliert, zu mehr Klarheit zu finden und bei
       strittigen Themen die bisher üblichen „Formelkompromisse“ zu überwinden.
       
       ## Danke, danke
       
       In den „kommenden Monaten“ will man demnach zu Entscheidungen kommen. „Wir
       schaffen die Voraussetzungen, um diese Debatten zu führen“, sagt Brantner
       bei der Einbringung des Antrags. In welche Richtung aber das Ergebnis gehen
       könnte, zum Beispiel in der [3][Asyl- und Migrationspolitik, über die die
       Partei immer wieder streitet] – da will man dem anstehenden
       Diskussionsprozess nicht vorgreifen.
       
       Der Stimmung im Saal ist das immerhin zuträglich. Scharfe Debatten, die so
       kurz nach dem Gang in die Opposition denkbar gewesen wären, werden hier
       noch nicht geführt. Die Redner*innen danken sich gegenseitig für den
       Einsatz vor, während und nach dem Wahlkampf. Robert Habeck lobt gar, „so
       sehr eins“ wie in den Wochen vor der Wahl seien er und die Partei nie zuvor
       gewesen.
       
       Nur gelegentlich wird die Harmonie wirklich gestört. Eine, die es
       zwischendurch doch wagt, ist [4][Jette Nietzard, die Bundessprecherin der
       Grünen Jugend]. Sie selbst habe Wahlkampf gemacht, weil sie vom grünen
       Programm überzeugt sei. „Manchmal bin ich mir nicht sicher, für welche
       Beschlüsse unser Spitzenpersonal gekämpft hat“, sagt sie.
       
       ## Immer noch uneinig
       
       Wohl am deutlichsten wird Svenja Borgschulte von der parteiinternen
       Bundesarbeitsgruppe Migration & Flucht. Auch die Grünen hätten beim
       „Bullshitbingo“ aus Abschiebeoffensiven und Asylrechtsverschärfungen
       mitgemacht, kritisiert sie.
       
       Von ihrer Arbeitsgruppe gab es Anträge, die Kritik auch in den Leitantrag
       aufzunehmen. Die Grünen seien im Wahlkampf nicht mehr als
       „Menschenrechtspartei“ wahrnehmbar gewesen. Dem stand ein Antrag der
       baden-württembergischen Landesvorsitzenden Lena Schwelling entgegen: Man
       habe keine Antworten auf die „Probleme und Überlastungen vor Ort gegeben“.
       
       Der Bundesvorstand reagierte auf die Anträge mit einer
       Kompromissformulierung: Sowohl das eine als auch das andere habe zu einem
       Vertrauensverlust geführt, heißt es am Ende im einstimmig gefassten
       Beschluss des Länderrats. Noch geht es nicht ohne Formelkompromiss.
       
       6 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Bundestagswahl-und-Medien/!6065597
 (DIR) [2] https://antraege.gruene.de/1lr25/klar-grun-konstruktiv-auf-dem-weg-in-eine-starke-opposition-11488
 (DIR) [3] /Gruenen-Kritik-an-Habecks-Migrationsplan/!6069006
 (DIR) [4] /Jette-Nietzard-gibt-sich-kaempferisch/!6056320
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Schulze
       
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