# taz.de -- Konfliktfreie Steinway-Ausstellung: Historisches Geklimper
       
       > Bloß kein Streit: Eine Ausstellung im Städtischen Museum Braunschweig
       > erzählt die Geschichte der Klavierbauer Steinway und Grotrian ohne
       > Konflikte.
       
 (IMG) Bild: Nicht jedermanns Geschmack: Barock verzierter Konzertflügel von Grotrian-Steinweg
       
       Braunschweig taz | Zeitter & Winkelmann, Klusmann + Wenzel, Schimmel,
       Grotrian-Steinweg: Das waren klangvolle Namen der Braunschweiger
       Klavierbautradition. Die Firmen gründeten sich im 19. Jahrhundert.
       
       Hochwertiges Holz aus dem Harz gab es zur Genüge im Herzogtum, und neben
       den Höfen fragte ein aufstrebendes Bürgertum Musikinstrumente nach: Das
       Klavierspiel wurde zum Standard bei der Ausbildung höherer Töchter, und das
       Klavier oder, wenn möglich, der Flügel avancierte zum oft reich dekorierten
       Prunkstück des bürgerlichen Salons.
       
       Eine herausragende Persönlichkeit unter diesen Klavierpionieren war
       Heinrich Engelhard Steinweg, 1797 in Wolfshagen im Harz geboren, 1871 in
       New York verstorben. Ihm gelang es, eine Firma von Weltruhm zu begründen –
       allerdings weder in Braunschweig, wo sein ältester Sohn Theodor eine Fabrik
       eröffnete, noch in Seesen, wo er angefangen hatte, Instrumente zu bauen.
       
       Gemeinsam mit drei weiteren Söhnen – berühmt geworden als Charles, William
       und Henry junior – geschah das ab 1853 in den USA unter dem Namen Steinway
       & Sons.
       
       ## Der ideale Protagonist
       
       Für das Städtische Museum Braunschweig ist jener Steinweg nun der ideale
       Protagonist seiner Ausstellung „People and Pianos“ zur Wirkungsgeschichte
       Braunschweigischer Klavierbaukunst. Denn bis auch Theodor 1865 in die USA
       gehen musste, weil zwei seiner jüngeren Brüder überraschend kurz
       hintereinander gestorben und die Steinway-Leitung vakant geworden war,
       pflegten die New Yorker Klavierbaufirma und ihr Braunschweiger Pendant eine
       friedliche Koexistenz.
       
       Spätestens [1][ab 1892 entbrennt allerdings ein Rechtsstreit], weil Theos
       ehemaliger Geschäftspartner Wilhelm Grotrian und dessen Kompagnons den
       Namen Steinweg einfach in „swindling announcements“ weiter zu
       Reklamezwecken nutzen, wie William erbittert in sein Tagebuch schreibt.
       Ganz zum Erliegen kommt er [2][erst 1975]. Auch in letzter Instanz obsiegen
       die Steinways.
       
       Diesen Wirtschaftskrimi blendet die Ausstellung leider vollkommen aus. Sie
       erzählt materialreich die Entwicklungs- und halbindustriellen
       Fertigungsprozesse des Instrumentenbaus. Sie werden mit über 25
       historischen und modernen Instrumenten beider Hersteller nachgezeichnet.
       Ganzer Stolz des Hauses ist das Klavier „Opus 1“ aus dem Jahr 1835, von
       Steinweg noch ganz handwerklich im Herzogtum Braunschweig gefertigt und im
       Besitz des Museums.
       
       Einen Durchbruch bedeutete für Steinway die Perfektionierung des
       Gussrahmens und die Erfindung der Kreuzbesaitung, 1859 mit Patent bedacht.
       Der älteste, in Deutschland verbliebene Sohn Theodor (1825–1889), der die
       väterliche Werkstatt erst nach Wolfenbüttel, dann nach Braunschweig verlegt
       hatte, nutzte selbstverständlich auch dort schon diese Neuerungen. Seine
       Firmenanteile verkaufte er dann jedoch an Partner Grotrian und die zwei
       Mitarbeiter Adolf Helfferich und Heinrich Schulz.
       
       Theodore Steinway, wie er in den USA nun genannt wurde, muss ein wahres
       Genie im Flügelbau gewesen sein. Dutzende Patente und technische Neuerungen
       gehen auf sein Konto. Er revolutionierte die Tastenmechanik und definierte
       einen neuen klanglichen Standard.
       
       Aber er strebte auch eine Rückverankerung in die große Musiktradition der
       alten Welt an. Er gab auch 1880 den Anstoß, „Steinways Pianofabrik“ [3][in
       der heutigen Schanzenstraße in Hamburg zu gründen], während er selbst nach
       Braunschweig zurückgekehrt war, um seinen Lebensabend dort zu verbringen.
       Seine wertvolle Instrumentensammlung vermachte er dort dem Städtischen
       Museum.
       
       Der Zweite Weltkrieg bedeutete für beide Firmen eine Zäsur. Von den
       Holzspezialisten wurden nun Kriegsgüter verlangt, die Beplankung von
       Lastenseglern etwa oder auch Särge. Steinway produzierte 2.000 Stück eines
       Kuriosums, sein „Victory Vertical“: ein kleines, feldgrün lackiertes Piano
       zur Frontunterhaltung, das mitsamt Stimmwerkzeugen und einer Notenauswahl
       in einer robusten Kiste per Fallschirm abgeworfen werden konnte.
       
       Grotrian-Steinweg und Schimmel waren die zwei letzten in Braunschweig
       verbliebenen Klavierfabriken. Beide wurden letztlich von chinesischen
       Konkurrenten übernommen, die jedoch den wirtschaftlichen Niedergang, im
       Falle von Grotrian-Steinweg gar die Insolvenz im vergangenen Jahr,
       allenfalls aufzuschieben vermochten.
       
       Auch Steinway & Sons ging ab Mitte der 1970er-Jahre schließlich durch
       diverse Hände. Aktuell gehört es einem amerikanischen Finanzinvestor. Die
       Zeit der familiengeführten Instrumentenbau-Betriebe ist offenkundig vorbei:
       Leider streift die Ausstellung diese Umbrüche nur am Rande und klimpert
       eher im historisch Unverfänglichen.
       
       16 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://americanhistory.si.edu/steinwaydiary/diary/?entry=11861&search=Grotrian
 (DIR) [2] https://law.justia.com/cases/federal/appellate-courts/F2/523/1331/384374/
 (DIR) [3] https://www.shmh.de/journal-steinway-sons/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bettina Maria Brosowsky
       
       ## TAGS
       
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       New York.