# taz.de -- Wahlergebnis der AfD: Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 1945
       
       > Vor der Wahl hieß es, alles unter 20 Prozent sei eine Enttäuschung. Nun
       > kommt die AfD knapp auf dieses Ergebnis. Der Wahlkampf lief perfekt.
       
 (IMG) Bild: Der Protest vor der Wahlparty der AfD ist auch drinnen nicht zu überhören
       
       Berlin taz | Am Ende blieb der Jubel verhalten: Mit pflichtschuldigem
       Applaus statt großem Jubelgeschrei quittierte die AfD-Wahlparty in der
       Bundesgeschäftsstelle in Berlin-Reinickendorf die ersten Prognosen. Es ist
       mit knapp 20 Prozent das historisch beste Ergebnis der extrem rechten
       Partei. Aber die AfD hatte sich noch mehr erhofft, das ist deutlich zu
       sehen. Alles unter 20 Prozent sei eine Enttäuschung, hatte es vor der Wahl
       geheißen. Rechtsextremist Björn Höcke, der direkt neben Spitzenkandidatin
       Alice Weidel stand, sah nach den ersten Zahlen gar unzufrieden aus.
       
       Der Applaus übertönte nur kurz die Sirene der Gegenproteste vor der Tür.
       Diese begleitete auch beständig Weidels anschließende Rede. Die
       AfD-Kandidatin erhöhte sofort den Druck auf die Union, die eine Koalition
       mit der AfD kategorisch ausschließt. Man sei zweitstärkste Kraft geworden,
       betonte sie. „Unsere Hand ist immer ausgestreckt: Wir sind bereit, den
       Willen des Volkes umzusetzen“, sagte sie und sprach vorsorglich von Betrug
       an den Wählern, sollte die Union mit „den Linken“ koalieren.
       
       In den letzten Bundestag war die autoritär-nationalradikale Partei 2021
       noch mit rund 10,4 Prozent eingezogen, 2017 erstmals mit knapp 12,6
       Prozent. Seither hat sich die Partei deutlich radikalisiert. Im Wahlkampf
       trat [1][Spitzenkandidatin Alice Weidel] so [2][radikal wie selten zuvor
       auf].
       
       Geschadet hat ihr das nicht. Koalitionsoptionen hat die zwar AfD keine. Das
       langfristige Ziel der AfD-Strategen ist aber ohnehin ein anderes: der
       Abriss der „Brandmauer“ bis 2029. Dafür will die Partei vor allem die CDU
       marginalisieren.
       
       ## CDU übernahm ihre Narrative
       
       Im Wahlkampf lief vieles gut für die AfD: Sie instrumentalisierte mehrere
       [3][Anschläge von Asylbewerbern oder Menschen mit Migrationshintergrund],
       die sie schamlos auf den Rücken der Opfer für ihre rassistische Agenda
       ausschlachtete – egal, ob die Fakten tatsächlich in die Erzählung passen
       oder man sich [4][diese wie in Magdeburg zurecht lügen musste].
       
       Hinzu kam Hilfe von den reichsten und mächtigsten Männern der Welt: Elon
       Musk palaverte mit einer [5][unterwürfigen Weidel] im Twitter-Space
       geschichtsrevisionistisch über den [6][angeblichen Linken Adolf Hitler].
       Der amerikanische Vize-Präsident [7][JD Vance kritisierte die politische
       Isolation der AfD].
       
       Und der Großangriff des russischen Diktators Wladimir Putin bereitete
       überhaupt erst den Boden für die Unsicherheit und Wirtschaftskrise, aus der
       die AfD ihre jetzige Kraft speist – die [8][guten AfD-Kontakte nach
       Russland] haben unter dem Angriffskrieg kaum gelitten.
       
       Als wären all dies nicht genug Wahlkampfgeschenke, hat CDU-Chef Merz,
       dessen Christdemokraten eigentlich das wichtigste Bollwerk gegen den
       antidemokratischen Umbau sein müssten, in der letzten Legislatur rechte
       Diskurse und rassistische Narrative hemmungslos übernommen.
       
       Zuletzt hatte er sogar mit den Stimmen der AfD im Bundestag einen
       populistischen Antrag zu Migration durchgebracht – sehr zur Freude der AfD,
       die Merz als ihren besten Wahlkämpfer feierte.
       
       ## Peinliche TV-Auftritte
       
       Weidels Auftritte in TV-Talkshows waren zu einem großen Teil eine
       Aneinanderreihung von peinlichen Momenten und arroganten Lügen. Die mediale
       Strategie, Rechtsextreme mit Fakten in Talkshows zu stellen, hat sehr
       deutlich nicht funktioniert.
       
       Ohnehin stimmen viele AfD-Wähler*innen mit dem neoliberalen Programm der
       Partei gegen ihre eigenen Interessen. Das störte sie offenbar ebenso wenig
       wie [9][dubiose, mutmaßlich illegale Großspenden an die Partei].
       
       „Im Moment sind Ressentiments wahlentscheidend“, sagt der Sozialpsychologe
       Oliver Decker. „Es geht den vom Autoritarismus angesprochenen Menschen
       nicht um Wirtschaftskompetenz, sozialen Ausgleich oder wirtschaftlichen
       Aufstieg.“ Decker stellt seit Jahrzehnten in Autoritarismusstudien ein
       [10][weitgehend konstantes Potenzial für autoritäre Parteien wie die AfD]
       fest. Dieses schöpfe die AfD derzeit sehr weit aus.
       
       ## Sozialpsychologe Decker empfiehlt Parteien, sich wieder auf soziale
       Themen zu fokussieren
       
       Parteien wie die AfD speisten sich aus dem Wunsch nach Autorität und
       Sicherheit. Die zerbrochene Bundesregierung habe das Gegenteil vermittelt.
       Hinzu komme, dass substantielle Herausforderungen als Krisen wahrgenommen
       würden.
       
       „Hier verfängt die beständige Krisenrhetorik der Rechten, die mit ihren
       Parolen von ‚Ausländer raus‘ eine einfache Lösung mit autoritären Mitteln
       bieten“, so Decker. Dass die Mitte-Parteien auf das Migrationsthema
       aufgesprungen seien, habe die AfD nicht geschwächt, sondern legitimiert.
       
       Decker hält es für möglich, dass politische Entwicklungen wieder vom
       Ressentiment wegführten, „sodass andere Themen wieder wichtiger werden als
       diese Wut im Bauch“, wie er sagt. Dafür empfiehlt der Sozialpsychologe den
       demokratischen Parteien, sich mit ihrer bisherigen Politik auseinander zu
       setzen.
       
       SPD, Grünen und Linken rät er, sich auf soziale Themen zu fokussieren. Bei
       der AfD geht er hingegen davon aus, dass sie ihr Potenzial annähernd
       ausgereizt hat. Für die meisten Menschen sei das eine Frage der politischen
       Kultur: Die AfD zu wählen, komme für sie grundsätzlich nicht infrage.
       
       23 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Rechtsextreme-und-Homosexualitaet/!6065658
 (DIR) [2] /Weidel-zur-AfD-Kanzlerkandidatin-gewaehlt/!6061592
 (DIR) [3] /Nach-Taten-in-Muenchen-und-Aschaffenburg/!6070749
 (DIR) [4] /Anschlag-auf-Weihnachtsmarkt/!6062706
 (DIR) [5] /Weidel-Musk-Talk-auf-X/!6061470
 (DIR) [6] https://www.geschichte-statt-mythen.de/klassische-mythen/linke-nationalsozialisten
 (DIR) [7] /Start-der-Muenchner-Sicherheitskonferenz/!6069676
 (DIR) [8] /Die-AfD-und-der-Krieg-in-der-Ukraine/!5844230
 (DIR) [9] /235-Millionen-Euro-Zuwendung/!6067182
 (DIR) [10] https://www.boell.de/de/leipziger-autoritarismus-studie
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gareth Joswig
       
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