# taz.de -- UN-Sonderberichterstatterin in Berlin: Francesca Albanese muss erneut ausweichen
       
       > Ein Vortrag der UN-Berichterstatterin für Palästina wurde erneut verlegt.
       > Ihr wird Antisemitismus vorgeworfen, die Organisatoren beklagen
       > politischen Druck.
       
 (IMG) Bild: Bei den Vereinten Nationen darf sie sprechen: UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese auf einem Podium in Kopenhagen
       
       Berlin taz | Kein Platz in Berlin für Francesca Albanese: Ein Vortrag der
       [1][umstrittenen UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten Gebiete
       Palästinas] musste von den Veranstalter*innen am Dienstag einmal mehr
       verlegt werden. Geplant war ein Auftritt im „Kühlhaus Berlin“ in Kreuzberg
       nahe dem Park am Gleisdreieck. Grund für die Absage ist offenbar
       politischer Druck und die Furcht vor einem Eingreifen der Polizei.
       Albanese, der immer wieder Antisemitismus vorgeworfen wird, spricht nun
       alternativ in den Räumen der Zeitung Junge Welt.
       
       In einer Pressemitteilung der [2][Partei DiEM25, die die Veranstaltung
       mitorganisierte], heißt es, die Meinungsfreiheit stehe „unter brutalem
       Angriff“. Ein Parteisprecher sagte der taz, es sei „glasklar“, dass
       politischer Druck auf die Betreiber des Kühlhauses ausgeübt worden sei. Die
       Polizei versuche zudem, die Teilnehmer*innen der Veranstaltung
       einzuschüchtern.
       
       Das Kühlhaus selbst war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.
       An der Tür des Gebäudes fand sich am Dienstag ein Schreiben, in dem die
       Absage verkündet wurde. Man könne „aufgrund der angedrohten Eskalation“ die
       Sicherheit im Haus nicht gewährleisten. Von welcher Seite eine Eskalation
       drohe, bleibt offen. Der Veranstaltungsort wurde in den letzten Tagen mit
       Parolen beschmiert, die Albanese des Antisemitismus beschuldigen.
       
       Die [3][Berliner Polizei] widerspricht den Darstellungen, sie habe für die
       Verlegung der Veranstaltung gesorgt. „Es gab nie Pläne, die Veranstaltung
       zu unterbinden“, sagte ein Sprecher zur taz. Bei Kooperationsgesprächen sei
       vereinbart worden, dass eine kleine Zahl Polizist*innen der
       Veranstaltung beiwohnen solle, um Journalist*innen zu schützen. Zu
       Konflikten sei es bei den Gesprächen nicht gekommen. Es gebe auch keine
       Pläne, die Veranstaltung am neuen Ort zu behindern.
       
       Tatsächlich ist die Polizei am Dienstagnachmittag aber mit einem
       Großaufgebot um das Gebäude der Jungen Welt in Berlin-Mitte im Einsatz.
       Offenbar verschaffte sich die Polizei auch Zugang zu den Räumlichkeiten, in
       denen Albanese spricht. Außerdem gibt es Auflagen, so darf etwa ein Film
       nicht gezeigt werden. Dietmar Koschmieder, der Geschäftsführer der Jungen
       Welt, sagte: „Wir haben noch nie annähernd solche Schwierigkeiten mit der
       Durchführung einer Veranstaltung gehabt.“ Man wolle später juristisch gegen
       das Verhalten der Polizei vorgehen, vorerst müsse man es aber akzeptieren.
       
       Der Fall zieht mittlerweile Kreise bis in die Bundespolitik. Der
       rechtspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Helge Limburg, sagte der
       taz am Dienstag: „Es muss möglich sein, in Berlin öffentlich über die Art
       der Kriegsführung Israels kritisch zu diskutieren.“ Er sagte aber auch:
       „Eine einseitige Schuldzuweisung oder gar Dämonisierung Israels verbietet
       sich dabei.“
       
       ## Hitler-Vergleiche auf X
       
       Genau das ist bei Albanese aber das Problem. Ihre Kritik an Israel ist
       teils eindeutig antisemitisch. So kommentierte sie auf X zustimmend ein
       Bild, das den israelischen Premier Benjamin Netanjahu [4][mit Hitler
       gleichsetzt]. Auch in vielen anderen Posts suggeriert sie, Israels Vorgehen
       im [5][Gazastreifen] gleiche der NS-Vernichtungspolitik, etwa indem sie
       [6][Gaza als Konzentrationslager bezeichnete.]
       
       Albanese [7][lobte außerdem einen X-Post], der ein rotäugiges Monster mit
       blutverschmierten Händen im Chemie-Schutzanzug zeigt, auf dem die
       israelische Fahne prangt. Und sie nutzt altbekannte antisemitische
       Klischees, etwa wenn sie von einer die USA beherrschenden „israelischen
       Lobby“ schreibt. 2014 sprach sie öffentlich sogar von einer „jüdischen
       Lobby“, die die USA unterworfen habe. Dafür entschuldigte sie sich später.
       
       Die Absage des Berliner Kühlhauses ist nur die jüngste Wendung in einer
       ganzen Kette von Kontroversen um Veranstaltungen mit Albanese in
       Deutschland. Anfang Februar wurde ein Auftritt an der Münchener
       Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) von deren Leitung verhindert. Mehrere
       LMU-Professor*innen kritisierten dies als „beunruhigend“.
       
       In Berlin war zunächst geplant, dass sie an der Freien Universität sprechen
       sollte, zusammen mit Eyal Weizman, der die Rechercheagentur Forensic
       Architecture gegründet hat. Auch hier intervenierte aber die Unileitung mit
       Verweis auf Sicherheitsbedenken. Zuvor hatten unter anderem Berlins
       Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und der israelische Botschafter
       Ron Prosor die Absage gefordert.
       
       Unterstützer*innen Albaneses sprachen deshalb von einem Eingriff in
       die Wissenschafts- und Meinungsfreiheit. Als Ersatzort wurde das Kühlhaus
       ausgewählt – das nun aber wenige Stunden vor Veranstaltungsbeginn zurückzog
       und die erneute Planänderung nötig machte.
       
       18 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Nach-Kritik-Vortrag-zu-Gaza-Genozid-an-der-FU-Berlin-abgesagt/!6069186
 (DIR) [2] /Varoufakis-Partei-bei-der-Europawahl/!6015388
 (DIR) [3] /Polizei-Berlin/!t5037482
 (DIR) [4] https://www.spiegel.de/ausland/francesca-albanese-uno-palaestinenserbeauftragte-vergleicht-netanyahu-mit-hitler-a-747b4d56-5696-4cab-ac63-1b398a58ab81
 (DIR) [5] /Gazastreifen/!t5023436/
 (DIR) [6] https://x.com/FranceskAlbs/status/1822184214860534271
 (DIR) [7] https://x.com/FranceskAlbs/status/1846879867180036293
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frederik Eikmanns
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Antisemitismus
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Meinungsfreiheit
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Polizei Berlin
 (DIR) Kriegsgefangene
 (DIR) Ruth Bader Ginsburg
 (DIR) Freie Universität Berlin
 (DIR) Aktivismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Nahostkonflikt: USA sanktionieren UN-Sonderberichterstatterin Albanese
       
       US-Außenminister Rubio erhebt schwere Vorwürfe gegen die
       UN-Berichterstatterin für Palästina. Aufgrund ihrer Kritik an Israel gilt
       sie als umstritten.
       
 (DIR) Nach Absage für Albanese: Die Falsche im Visier
       
       Die UN-Sonderberichterstatterin wird von der Polizei drangasliert, während
       in Dresden Neonazis marschieren. Das ist kein Kampf gegen Antisemitismus.
       
 (DIR) Vortrag von Francesca Albanese in Berlin: Streng bewachte Rede
       
       Trotz Absagen trat UN-Berichterstatterin Francesca Albanese zweimal in
       Berlin auf. Die Veranstaltungen wurden von einem massiven Polizeiaufgebot
       begleitet.
       
 (DIR) NS-Kriegsgefangenenlager: Letzter Beschuldigter tot
       
       In Berlin lief das letzte mögliche Verfahren gegen einen ehemaligen
       Wachmann eines NS-Kriegsgefangenenlagers. Dieser ist nun tot.
       
 (DIR) Ausladung von UN-Beauftragter an FU: Freie Rede – aber für alle und mit gegenseitigem Respekt
       
       Die jüngste Absage passt nicht zu freiem Meinungsaustausch auf einem
       Uni-Campus – genauso wenig wie die Ausladung einer Biologin oder
       Niederschreien.
       
 (DIR) UN-Berichterstatterin Francesca Albanese: Vortrag an der Freien Universität Berlin abgesagt
       
       Die UN-Sonderberichterstatterin sollte an der FU Berlin sprechen. Dann
       mischte sich Berlins Bürgermeister ein. Es ist die zweite Uni, die absagt.
       
 (DIR) Absagen vor Kunstsymposium: Logiken der Vermeidung
       
       Die Neue Nationalgalerie war bei einem geplanten Symposium über Kunst und
       Antisemitismus in Berlin um Ausgleich bemüht. Jetzt mehren sich die
       Absagen.