# taz.de -- Europäische Union: Omnibus gegen bessere Arbeitsbedingungen
       
       > Die EU-Kommission will Vorgaben für Unternehmen vereinfachen. Kritiker
       > befürchten, dass sich dahinter die Demontage des „Green Deals“ verbirgt.
       
 (IMG) Bild: Protest von Textilarbeiterinnen in Bangladesch: Gegen die schlechten Arbeitsbedingungen soll das EU-Lieferkettengesetz helfen
       
       Brüssel taz | Arbeitnehmer und Gewerkschaften sind schon auf den
       Barrikaden: Mit Protestplakaten und Slogans wie „Big Business Omnibus“ und
       „Endstation: Deregulierung“ protestierte der Europäische Gewerkschaftsbund
       am Dienstag im Brüsseler Europaviertel gegen das nächste Mammutprojekt der
       EU-Kommission.
       
       Am Mittwoch will die Brüsseler Behörde die sogenannten Omnibus-Verordnungen
       vorstellen. Sie sollen vier europäische Nachhaltigkeitsgesetze überarbeiten
       und vereinfachen. Kritiker fürchten: [1][abschwächen]. Außerdem will die
       EU-Kommission den „Clean Industrial Deal“ vorlegen – damit wird der
       Klimaschutz auf die Bedürfnisse der Industrie ausgerichtet.
       
       Überraschend kommen diese Initiativen nicht. Kommissionschefin Ursula von
       der Leyen (CDU) hatte sie zu Beginn ihrer zweiten Amtszeit im Dezember
       angekündigt. Das Ziel – weniger Bürokratie, mehr Wettbewerbsfähigkeit –
       wurde schon bei der Europawahl diskutiert. CDU/CSU und die Europäische
       Volkspartei EVP warben damit um Stimmen.
       
       Doch nach dem Wahlsieg von CDU-Chef Friedrich Merz und dem absehbaren
       Abschied der Grünen aus der Regierung kommt dem Vorstoß neue Bedeutung zu.
       „Das ist eine große Gefahr für den [2][Green Deal]“, warnt der grüne
       Europaabgeordnete Michal Bloss. Der Klimapolitik drohe ein „starker
       Backlash“– nicht nur in Berlin, sondern auch in Brüssel.
       
       ## Hoffen auf neues EU-Klimaziel
       
       Bloss hofft zwar, dass die Kommission auch noch ein neues Klimaschutzziel
       für 2040 vorstellt. Wenn der CO₂-Ausstoß wie erwartet um 90 Prozent
       gegenüber 1990 verringert werden soll, wäre das „der Polarstern für die
       wirtschaftliche Modernisierung“. Die Pläne der EU-Behörde können aber noch
       bis zur letzten Minute verändert werden.
       
       Dies gilt auch für den „Clean Industrial Deal“, der vorab durchgesickert
       war. Das darin enthaltene Sozialkapitel sei völlig unzureichend,
       kritisieren die Gewerkschaften. Auch die Arbeitgeber sind nicht zufrieden.
       So mahnt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft „effiziente
       Umsetzungsstrategien und Investitionsanreize“ an.
       
       Am meisten Kritik gibt es aber am „Omnibus“, der zunächst vier Gesetze
       betrifft: die Nachhaltigkeitsberichterstattung CSRD, das Europäische
       Lieferkettengesetz, die Taxonomie sowie den CO₂-Grenzausgleichsmechanismus.
       Diese Regulierungen sollen entschärft werden, obwohl sie vielfach gerade
       erst verabschiedet wurden.
       
       [3][So sollen die Unternehmen nach dem Lieferkettengesetz künftig nur noch
       ihre direkten Lieferanten überprüfen] – und nicht, wie bisher vorgesehen,
       Zulieferer über die gesamte Lieferkette hinweg. Dabei sei das Gesetz noch
       nicht einmal in Kraft, kritisiert der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange, es
       fehlten konkrete Erfahrungswerte.
       
       Die Berichterstattungspflichten nach der CSRD sollen nur noch für
       Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mehr
       als 450 Millionen Euro gelten. Der Kreis würde also deutlich eingeschränkt.
       Damit werde der Schutz der Arbeitnehmer abgeschwächt, warnt der Europäische
       Gewerkschaftsbund.
       
       ## Rückendeckung von CDU/CSU und FDP
       
       Rückendeckung bekommt die EU-Kommission dagegen von CDU/CSU und FDP. Man
       dürfe die Schrauben für Unternehmen nicht zu stark anziehen, meint der
       FDP-Abgeordnete Andreas Glück. „Die Europäische Kommission macht endlich
       Ernst beim Bürokratieabbau“, freut sich der umweltpolitische Sprecher der
       EVP, Peter Liese (CDU).
       
       Die Initiative gehe auch auf den Druck der Christdemokraten zurück, so
       Liese. „Der persönliche Einsatz von Friedrich Merz gegenüber Ursula von der
       Leyen und anderen EVP-Spitzenpolitikern in der EU zeigt Wirkung.“ Genau das
       ist aus Sicht der Grünen aber das Problem. Sie hatten von der Leyens
       Wiederwahl im November unterstützt, um den „Green Deal“ zu retten.
       
       Doch nun sei das „Vertrauen erschüttert“, klagt Grünen-Abgeordnete Anna
       Cavazzini, die den Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments leitet. Von der
       Leyen müsse wenigstens für eine ordentliche parlamentarische Beratung
       sorgen, fordert sie. Selbst das war vor der Vorstellung der Omnibus-Gesetze
       nicht gesichert. Sie sind im Eilverfahren ausgearbeitet worden, ohne die
       sonst üblichen Konsultationen.
       
       26 Feb 2025
       
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