# taz.de -- Nach der Bundestagswahl in Berlin: Alle Augen geradeaus
       
       > Während die Berliner Linke ihren großen Erfolg vom Wahlsonntag feiert,
       > wollen Grüne, SPD, CDU und BSW vor allem optimistisch nach vorn blicken.
       
 (IMG) Bild: Lange Gesichter bei den Grünen: Die Parteispitzen Bettina Jarasch, Nina Stahr, Lisa Paus und Philmon Ghirmai am Wahlabend
       
       Berlin taz | Immerhin eine Berliner SPD-Politikerin ist am Tag nach der
       Bundestagswahl voll des Lobes für ihre Arbeit. „Wir haben das richtig gut
       gemacht“, sagt Innensenatorin Iris Spranger am Montag im Innenausschuss des
       Abgeordnetenhauses zur Organisation der Wahl in der Hauptstadt. Anders als
       bei den im Chaos versunkenen Wahlen im September 2021 habe es am Sonntag
       keine Pannen bei der Stimmenabgabe gegeben. Das Jubelfazit der
       Sozialdemokratin: „Berlin kann Wahlen.“
       
       Ähnlich [1][ungetrübte Hochstimmung gibt es nach dem Wahlsonntag wohl nur
       bei der Linken], der mit 19,9 Prozent der Zweitstimmen und einem Zugewinn
       von über 8 Punkten klaren Wahlsiegerin auf Berliner Landesebene. „Das
       Wahlergebnis zeigt deutlich, dass die Menschen die Linke als Pol der
       Hoffnung sehen, und diese Hoffnung ist jetzt unser Auftrag für die
       kommenden Jahre“, teilten die Landesvorsitzenden Franziska Brychcy und
       Maximilian Schirmer noch am Wahlabend mit.
       
       Sogar einen Sieg bei der Abgeordnetenhauswahl im – so die schwarz-rote
       Koalition vorher nicht auseinander kracht – September 2026 wollen einige
       nicht ausschließen.
       
       Bei den Wahlverlierern werden dagegen erst mal die Wunden geleckt. Das gilt
       für die Grünen, die in Berlin gegenüber 2021 um über 5 Punkte auf 16,8
       Prozent absackten und für die [2][Landeschef Philmon Ghirmai im
       taz-Interview] konstatieren muss: „Die Linke hat es am besten verstanden,
       dem offenkundigen Rechtsruck eine klare Botschaft entgegenzustellen,
       während andere Parteien, da schließe ich unsere mit ein, das nicht
       entsprechend geschafft haben.“
       
       ## SPD: „Volkspartei oder Bedeutungslosigkeit“
       
       Zum Teil richtiggehend am Boden ist die Laune allerdings beim eigentlichen
       großen Wahlverlierer SPD – sieht man vielleicht von Innensenatorin Spranger
       ab. Mit 15,1 Prozent der Zweitstimmen und mehr als minus 7 Punkten auf dem
       fünften Platz, noch hinter der extremen Rechten: [3][Nie gingen die
       Sozialdemokrat:innen in Berlin gerupfter aus einer Bundestagswahl
       als an diesem Sonntag.]
       
       Landeschefin Nicola Böcker-Giannini spricht dann auch von einem „herben
       Schlag“. Ihre Partei stehe jetzt „am Scheideweg, der darüber entscheidet,
       wohin es mit der SPD geht – zu einer Volkspartei der linken Mitte oder in
       die Bedeutungslosigkeit“, so Böcker-Giannini zur taz.
       
       Dass die Partei in Berlin noch mal schlechter abgeschnitten hat als im
       Bundesdurchschnitt, ficht den Co-Landesvorsitzenden Martin Hikel dabei
       nicht an. Er sei mit Böcker-Giannini im vergangenen Jahr „angetreten, um
       mehr SPD zu wagen“ und mit einem [4][aktuell zu erarbeitenden
       „Zukunftsprogramm Berlin 2035“] der „Partei ein neues Profil zu geben, das
       mehrheitsfähig ist“.
       
       Genau das machten sie nun. „Und damit werden wir dann auch wieder die
       Mehrheit der Stadt überzeugen“, gibt Hikel den Optimismusbeauftragten der
       Partei.
       
       ## CDU: „Absolut und unbedingt weitermachen“
       
       Vorwärts immer, heißt es auch beim Koalitionspartner CDU. Befürchtungen,
       bei den Berliner Sozialdemokrat:innen könnte nach der Wahlpleite
       [5][das Hauen und Stechen zwischen dem linken Parteiflügel, den
       konservativen Landeschef:innen und dem Kreis um den machtbewussten
       SPD-Fraktionsvorsitzenden Raed Saleh] losgehen, will CDU-Fraktionschef Dirk
       Stettner gar nicht kommentieren. Nur so viel: „Absolut und unbedingt werden
       wir mit der SPD weiterhin eine stabile Koalition machen können.“
       
       Nun hat Berlins CDU am Sonntag selbst nur unterdurchschnittliche 18,3
       Prozent geholt. Sie landete damit zwar knapp hinter Linken auf Rang 2, hat
       ihr historisch miserables Ergebnis von 2021 aber auch nur um gut einen
       Prozentpunkt aufgehübscht. Die CDU habe ihr Potenzial in der Berlin eben
       nicht ganz ausgeschöpft. „Selbstverständlich hätten wir uns mehr
       gewünscht“, sagt Stettner zur taz.
       
       Auch wenn er der Linken zu ihrem „erstaunlichen Ergebnis“ gratuliere: Bis
       zur Abgeordnetenhauswahl 2026 müsse es Aufgabe auch seiner Partei sein,
       „die politischen Ränder AfD und Linkspartei“ wieder zurückzudrängen, sagt
       Stettner. Eines möchte er aber auch hinzuzufügen: „Dass es das BSW nicht in
       den Bundestag geschafft hat, macht mich wieder zufrieden.“
       
       ## BSW: „Politischer Faktor in der Stadt“
       
       Erstaunlicherweise sieht sich das Bündnis Sahra Wagenknecht selbst auf
       Siegeskurs. Sicher, es sei bitter, so knapp an der 5-Prozent-Hürde zu
       scheitern, sagt BSW-Landeschef Alexander King zur taz. „Trotzdem hat die
       schiere Zahl der Wähler meine Erwartungen übertroffen, nachdem die durch
       Umfragen hergestellte Öffentlichkeit uns das so vorgeblich nicht zugetraut
       hat.“
       
       Ähnlich hatte schon vor der Wahl auch die Parteieigentümerin eine
       vermeintliche Ungleichbehandlung in den Medien dafür verantwortlich
       gemacht, dass das BSW nach ihrem Höhenflug im vergangenen Jahr in den
       Umfragen immer weiter abrutschte. Man habe alles versucht, „uns
       niederzuschreiben und kleinzumachen“, [6][beklagte sich Wagenknecht nun
       erneut].
       
       Alexander King sieht sich durch die in Berlin erreichten 6,6 Prozent
       gleichwohl bestätigt, dass weiter mit der erst vor einem Jahr gegründeten
       Partei zu rechnen ist. „Wir sind inzwischen ein politischer Faktor in der
       Stadt und schauen jetzt optimistisch auf die Abgeordnetenhauswahl im
       kommenden Jahr.“ Bis dahin ist es freilich noch ein paar Tage hin.
       
       24 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rainer Rutz
       
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