# taz.de -- CDU-Plan zu Migration: Merz und die Logik der Erpressung
       
       > Der Kanzlerkandidat der Union wirkt kopflos und affektgesteuert. Seine
       > überschäumende Rhetorik spielt den Rechtsextremen in die Hände.
       
 (IMG) Bild: Der CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Friedrich Merz im Wahlkampf, hier: am 25. Januar in Neuhof
       
       Nach Deutschland sind in den letzten 15 Jahren netto rund fünf Millionen
       Menschen eingewandert. Das Gros waren Kriegsflüchtlinge aus Syrien,
       Afghanistan und der Ukraine. Migration ist Stress für Kitas, Schulen, den
       Wohnungsmarkt. Zuwanderung zu begrenzen, ist keine unmoralische Forderung.
       Sie ist, im Rahmen des Rechts, legitim.
       
       Was Friedrich Merz derzeit macht, ist etwas anderes. Er bedient eine
       [1][faktenfreie, alarmistische Notstandsrhetorik]. Deutschland erlebe die
       „größte Migrationskrise“ seiner Geschichte – dabei gehen die Asylanträge
       drastisch zurück. Zehntausende abgelehnter Asylbewerber in Deutschland
       seien „tickende Zeitbomben“. Wenn die politische Mitte solche Botschaften
       sendet, kommen die bei Rechtsextremen oft als Ermächtigung an, die Sache
       selbst in die Hand zu nehmen. Merz spielt mit dem Feuer.
       
       Und er setzt, ähnlich wie Trump gegenüber Kolumbien, auf Erpressung. Genau
       das ist Merz’ Ansage an SPD und Grüne, dem europarechtlich gelinde gesagt
       problematischen Fünf-Punkte-Antrag der Union gefälligst zuzustimmen. Keine
       Kompromisse mehr. Das ist die Sprache der Entscheidungsschlacht.
       
       In der Konsenslogik der alten Bundesrepublik ist dieses Manöver töricht,
       zumindest ein vermeidbares Risiko. SPD und Grüne sind angeschlagen, der
       Zeitgeist ist konservativ. Die Union könnte gemütlich am 23. Februar die
       Wahl gewinnen. Es würde reichen, keine Fehler zu machen. Jetzt klebt an der
       Union der Verdacht, gemeinsame Sache mit der AfD zu machen. Denn es ist
       möglich, dass Merz’ Fünf-Punkte-Plan mit Stimmen der AfD den Bundestag
       passiert. Das wäre die [2][Implosion der politischen Mitte]. Ein Geschenk
       mit Schleifchen an die rechtsextreme AfD. Von den Liberalen in der Union
       hört man derzeit kein Wort. Mut geht anders.
       
       Merz wirkt kopflos, ungeduldig und affektgesteuert und ohne jeden
       Weitblick. Er erpresst SPD und Grüne – und wirkt doch wie einer, der sich
       [3][von der AfD treiben lässt]. Merz, der noch nie regiert hat, verstärkt
       gerade alle Vorbehalte gegen ihn. Kann jemand, der sich zu solcher
       Panikattacken-Rhetorik hinreißen lässt, als Kanzler mit Trump und Putin
       verhandeln?
       
       In der Logik der politischen Kultur der alten Bundesrepublik hat der
       Kanzlerkandidat der Union einen grotesken Fehler gemacht. Aber leben wir
       noch in dieser Republik? Oder gelten bei uns die Gesetze des Populismus,
       die überschäumende Rhetorik honoriert, die auch vor Rassismus keinen Halt
       macht? SPD und Grüne können Merz’ Erpressung nicht nachgeben. Ob ihnen das
       am 23. Februar hilft, ist offen.
       
       27 Jan 2025
       
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