# taz.de -- Rekordproteste in der Slowakei: Slowaken gehen gegen „Orbanisierung“ auf die Straße
       
       > Bei landesweiten Protesten in der Slowakei warnen Demonstranten vor einer
       > „Orbanisierung“. Premier Robert Fico wittert eine ausländische
       > Verschwörung.
       
 (IMG) Bild: Menschen nehmen an der regierungskritischen Kundgebung „Slowakei ist Europa“ auf dem Slobody-Platz in Bratislava teil
       
       Wien taz | In der Slowakei kam es Freitagabend zu den größten Protesten
       seit Jahren. Zehntausende Menschen gingen in Bratislava und anderen Städten
       friedlich auf die Straße, um gegen den russlandfreundlichen und illiberalen
       Kurs der Regierung unter Robert Fico zu protestieren.
       
       Insgesamt demonstrierten in fast 30 slowakischen Städten rund 100.000
       Menschen, allein in Bratislava etwa 60.000. Auch in Košice, Žilina, Banská
       Bystrica, Trnava protestierten Tausende. Die Teilnehmerzahlen übertrafen
       die vorherige Demonstration vor zwei Wochen um das Vierfache. Die Botschaft
       ist klar: Man will keine „Orbanisierung“ des Landes, keine Abkehr von
       westlichen Werten.
       
       [1][Ministerpräsident Fico,] der die Slowakei seit 2023 in seiner vierten
       Amtszeit regiert, gerät damit zunehmend unter Druck. Fico, der als
       Linkspopulist gilt, brachte die Slowakei aber zunehmend auf illiberalen
       Kurs. Wie Viktor Orbán im benachbarten Ungarn verfolgt auch Fico eine
       russlandfreundliche Politik. Er will etwa jede finanzielle Unterstützung
       für die Ukraine einstellen und fordert ein Ende der Russland-Sanktionen.
       
       Besonders brisant: Ficos geheimes Treffen mit [2][Wladimir Putin] im
       Dezember in Moskau. Als einer der wenigen EU-Regierungschefs seit
       Kriegsbeginn suchte er den direkten Kontakt zum russischen Präsidenten.
       [3][Offizieller Anlass war ein Gasstreit,] da die Slowakei weiter günstiges
       russisches Erdgas importieren will. Die Ukraine hatte die Durchleitung mit
       Jahresbeginn beendet, um kein weiteres Geld in Putins Kriegskasse zu
       spülen.
       
       ## Premier Fico steht unter Druck
       
       Die Protestbewegung, angeführt von der Bürgerinitiative Mier Ukrajine
       (Frieden für die Ukraine), sieht darin mehr als nur außenpolitische
       Kursänderungen. Sie warnt vor einer schleichenden Entwicklung in ein
       autoritäres System. Tatsächlich zeigen sich Parallelen zur Entwicklung in
       Ungarn: Auch die slowakische Regierung baut den öffentlich-rechtlichen
       Rundfunk um, schwächt die Strafverfolgung und verschärft die Rhetorik gegen
       Kritiker.
       
       Ficos Reaktion am Wochenende folgt einem bekannten Muster: Er wittert
       ausländische Verschwörungen, droht mit Ausweisungen vermeintlicher
       „Instrukteure“ und lässt den Geheimdienst SIS vor geplanten Ausschreitungen
       warnen.
       
       Seine unbelegte Behauptung, Oppositionelle planten einen „Maidan“ nach
       ukrainischem Vorbild, erinnert an Narrative aus Moskau. Innenpolitisch
       steht Fico unter Druck. Seine hauchdünne Parlamentsmehrheit wackelt nach
       parteiinternen Konflikten beim sozialdemokratischen Koalitionspartner
       Hlas-SD. Doch auch die rechtsradikale Slowakische Nationalpartei (SNS)
       treibt Fico vor sich her, etwa in der Kultur- und Medienpolitik.
       
       Die Opposition hat bereits am Dienstag einen Misstrauensantrag im Parlament
       eingebracht und bereitet nun den nächsten vor. Beobachter sehen Parallelen
       zu 2018, als Fico nach der Ermordung des Journalisten Ján Kuciak und seiner
       Verlobten als Premier zurücktreten musste. Auch damals hatte eine Mischung
       aus Protesten und innenpolitischem Druck zu seinem Rücktritt geführt.
       Weitere landesweite Proteste sind für den 7. Februar angekündigt.
       
       26 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Robert-Fico/!t5257775
 (DIR) [2] /Wladimir-Putin/!t5008686
 (DIR) [3] /Slowakei/!6061141
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Bayer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Slowakei
 (DIR) Robert Fico
 (DIR) Viktor Orbán
 (DIR) Ungarn
 (DIR) Massenproteste
 (DIR) Slowakei
 (DIR) Ungarn
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Robert Fico
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Rechtspopulismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Massenproteste in der Slowakei: Zehntausende gegen Fico
       
       In 16 Städten der Slowakei gibt es Proteste gegen die Politik der
       Regierung. Die Opposition ruft für November zum landesweiten Generalstreik
       auf.
       
 (DIR) Proteste gegen Regierung: Ungarns Premier Orbán droht Opposition mit „Vernichtung“​
       
       Viktor Orbán griff am ungarischen Nationalfeiertag zu menschenverachtender
       Rhetorik gegen seine Gegner. Zehntausende demonstrierten gegen ihn. ​
       
 (DIR) Massenproteste in der Slowakei: Tausende gegen Robert Ficos pro-russischen Kurs
       
       In mehr als 40 Städten gingen wieder Menschen gegen die slowakische
       Regierung auf die Straße. Diese gibt sich seit Langem russlandfreundlich.
       
 (DIR) Slowakei: Fico sorgt sich um Gasversorgung
       
       Das Ende des russischen Gastransits durch die Ukraine trifft auch die
       Slowakei. Regierungschef Fico beschwert sich in Brüssel
       
 (DIR) Folgen des Gas-Transit-Stopps: Slowakei droht mit Maßnahmen gegen ukrainische Flüchtlinge
       
       Dass die Ukraine kein russisches Gas mehr durchleitet, erzürnt den
       slowakischen Regierungschef. Er droht mit verschlechterten Bedingungen für
       Geflüchtete und mit Stromabschaltungen.
       
 (DIR) Autor über slowakische Regierung: „Rechtspopulisten regieren lassen? Lieber nicht!“
       
       Der Schriftsteller Michal Hvorecký spricht über Rechtsruck und
       kulturpolitischen Umbau in der Slowakei. Ein mahnendes Beispiel auch für
       Deutschland.