# taz.de -- Olympiabewerbung: „Wir haben gerade andere Baustellen“
       
       > Klara Schedlich, Vize-Fraktionschefin der Grünen in Berlin, fordert einen
       > Bewerbungsstopp noch vor dem Treffen des Deutschen Olympischen Sportbunds
       > am Samstag.
       
 (IMG) Bild: Berlin sollte noch diese Woche die Olympia-Flagge streichen und seine Bewerbung aufgeben, fordert die Grünen-Abgeordnete Schedlich
       
       taz: Frau Schedlich, am Samstag will der Deutsche Olympische Sportbund
       (DOSB) [1][bei seiner Mitgliederversammlung] beschließen, den nächsten
       Schritt zu einer Olympia-Bewerbung zu gehen – unter anderem mit Berlin. Ist
       da etwa schon alles fest eingetütet? 
       
       Klara Schedlich: Nein, wir sind noch in der Phase einer möglichen
       Bewerbung. Es liegen aber weder Finanzierungspläne noch Konzepte für die
       Sportstättennutzung vor. Das müsste eigentlich Grundlage für eine solche
       Entscheidung sein. Diese Transparenz fehlt. Vor dem Hintergrund massiver
       Kürzungen im Sozialen und bei der Kultur halte ich eine Olympia-Bewerbung
       für unverantwortlich.
       
       taz: Wie verbindlich hat sich Berlin denn schon verpflichtet? 
       
       Schedlich: Berlin – genauer: der Regierende Bürgermeister Kai Wegner und
       die Sportsenatorin Iris Spranger – hat ein sogenanntes Memorandum of
       Understanding unterschrieben, dass man dabei sein möchte – ohne überhaupt
       zu gucken, wie viele unserer Sportstätten fit für Olympische Spiele wären
       und was das kosten würde.
       
       taz: Sie selbst haben sich mehrfach gegen Olympische Spiele in Berlin
       ausgesprochen – was ist für sie dabei der wichtigste Grund?
       
       Schedlich: Ich bin riesiger Sportfan, und auch mich haben die Bilder aus
       Paris begeistert. Wir müssen aber auch über die Schattenseiten der schönen
       Bilder sprechen. Das Internationale Olympische Komitee als Organisation
       profitiert finanziell immer. Für das Land Berlin entstehen aber Kosten in
       Milliardenhöhe. Angesichts der aktuellen Haushaltslage mit Kürzungen auch
       bei Kindern und Jugendlichen ist es nicht zu vermitteln, wenn der Senat für
       prestigeträchtige Mega-Events Millionen und Milliarden in die Hand nimmt.
       
       taz: Verantwortliche wie die Sportsenatorin haben auf die Fußball-Euro und
       andere Sportveranstaltungen verwiesen und damit argumentiert verwiesen,
       dass Investitionen dafür eine Vielfaches an Einnahmen nach Berlin holen.
       Glauben Sie das nicht? 
       
       Schedlich: Man kann sich da nicht auf ein Plus verlassen kann, auf die
       „Stadtrendite“, von der Kai Wegner spricht. Während der Fußball-Euro haben
       wir gesehen, dass die Hotelauslastung sogar geringer war als in normalen
       Monaten. Man will sich da auf gut Glück bewerben, ohne zu wissen, wie das
       am Ende ausgeht.
       
       taz: Die komplette Schlussabrechnung der jüngsten Olympischen Spiele in
       Paris liegt ja noch nicht vor. 
       
       Schedlich: Fakt ist, dass in Paris rein aus Steuergeldern 6 Milliarden Euro
       geflossen sind, Ticketverkauf und Werbeeinnahmen schon abgezogen. Das ist
       sogar das Doppelte von dem, was aktuell schmerzhaft in Berlin gekürzt wird.
       Zusätzlich haben wir in Berlin einen Sanierungsstau für Sportstätten von
       402 Millionen. Über 50 Sporthallen sind deshalb derzeit komplett
       geschlossen. Während Schulsport entfällt, weil Schwimm- und Sporthallen
       nicht genutzt werden können, brauchen wir keine Milliarden für
       Olympiastätten.
       
       taz: Es könnte ja sein, dass dennoch eine Mehrheit der Berliner anders als
       Sie Olympische Spiele will. Würde da nicht eine sofortige Bürgerbefragung
       für Klarheit sorgen? In Hamburg [2][gab es das 2015] – da setzten sich die
       Olympia-Gegner knapp durch. 
       
       Schedlich: Was schon vorliegt, ist eine Umfrage im Auftrag der Berliner
       Morgenpost, in der sich [3][62 Prozent gegen eine Bewerbung] aussprechen.
       Umfragen ersetzen natürlich keinen Volksentscheid. Ich bin mir sicher, dass
       die Berlinerinnen und Berliner auch ihre Prioritäten klar haben und wissen,
       dass unsere Stadt jeden Euro nur einmal ausgeben kann.
       
       taz: Eine schnelle Bürgerbefragung wie in Hamburg sieht Berlins Verfassung
       allerdings nicht vor, und bis es zu einem Volksentscheid kommt, können
       eineinhalb bis zwei Jahre vergehen – zu spät für die Beschlüsse des DOSB. 
       
       Schedlich: Ich störe mich daran, dass Berlin Millionensummen für eine
       Olympia-Bewerbung einplant, statt unsere kaputten Sportanlagen zu
       renovieren. Deshalb fordere ich, dass sich Berlin von diesen Plänen
       zurückzieht.
       
       taz: Sie drängen auf einen sofortigen Bewerbungsausstieg? 
       
       Schedlich: Genau das. Vor der DOSB-Versammlung am Samstag wäre das ein
       klares Signal. Denn wir haben in Berlin gerade andere Baustellen.
       
       5 Dec 2024
       
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 (DIR) [1] https://www.dosb.de/sonderseiten/news/news-detail/news/faqs-dosb-mitgliederversammlung-bewerbung-um-olympische-und-paralympische-spiele-1
 (DIR) [2] https://www.statistik-nord.de/wahlen/wahlen-in-hamburg/volksentscheide-/-referenden/2015
 (DIR) [3] https://www.morgenpost.de/berlin/article407416650/olympische-spiele-in-deutschland-so-denken-die-berliner.html
       
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