# taz.de -- Abtreibung im Strafgesetz: FDP-Abgeordnete könnten Legalisierung möglich machen
       
       > Eine Mehrheit für die Abschaffung des § 218 scheint wieder möglich.
       > Liberale Politiker:innen schlagen sich auf die Seite der
       > Befürworter:innen.
       
 (IMG) Bild: Bald Geschichte? Der Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch
       
       Berlin taz | Die Legalisierung von Abtreibungen – ein Projekt der
       Ampel-Koalition – war bis jetzt an der FDP gescheitert. Könnte es sein,
       dass nun ausgerechnet Liberale die entscheidende Mehrheit für eine Reform
       bringen? Jüngste Signale wecken Hoffnung.
       
       Erst stellten [1][Mitte November Bundestagsabgeordnete von SPD, Grünen und
       Linken einen fraktionsübergreifenden Antrag vor], um Abtreibungen künftig
       rechtmäßig zu machen. Der niedersächsische Landesverband der FDP
       unterstützte den Vorschlag – und bat die Mitglieder der
       FDP-Bundestagsfraktion, dies auch zu tun.
       
       Ein offener Brief von drei Mitgliedern des Landesverbands Niedersachsen
       sorgt seit derzeit für eine Debatte zum Abtreibungsrecht in der FDP. „Die
       Bestrafung einer höchstpersönlichen Entscheidung über den eigenen Körper im
       Rahmen des Strafrechts […] ist nicht nur problematisch, sondern
       berücksichtigt in unzureichendem Maße das Recht der Schwangeren auf
       Selbstbestimmung“, heißt es in dem Mitte November verschickten Brief.
       Innerhalb von 24 Stunden unterschrieben mehr als 240 Parteimitglieder.
       
       Sie fordern die FDP-Fraktion auf, den [2][Empfehlungen der von der Ampel
       eingesetzten Kommission zu folgen]. Die hatte in ihrem Bericht von April
       2024 dafür plädiert, Abbrüche in der Frühphase der Schwangerschaft zu
       legalisieren.
       
       ## Keine emotionale Debatte führen
       
       Initiiert wurde der Brief von der Juristin Frederike Alt, ihrem Ehemann,
       dem ehemaligen niedersächsischen FDP-Landtagsabgeordneten Lars Alt und der
       Landesvorsitzenden der Jungen Liberalen Niedersachsen, Nadin Zaya. Zaya
       sagte gegenüber der taz: „Es ist falsch, an dieser Stelle eine emotionale
       Debatte zu führen, weil es keine ist.“ Es gehe nicht um eine grundsätzliche
       Frage zu Schwangerschaftsabbrüchen. Vielmehr sei der Antrag vor allem
       juristischer und technischer Art. Die Frage sei: „Wie angenehm wollen wir
       einen so unangenehmen Schritt machen?“
       
       Geht es nach dem fraktionsübergreifenden Gesetzesentwurf von SPD, Grünen
       und Linke, wird der Paragraf 218 im Strafgesetzbuch weitestgehend
       entschärft. Er soll neu gefasst werden und künftig nur noch den Schutz
       Schwangerer vor nicht selbstbestimmten Abbrüchen enthalten. Selbstbestimmte
       Abtreibungen sollen künftig in den ersten drei Monate rechtmäßig sein. Nach
       den ersten drei Monaten sollen sie im Schwangerschaftskonfliktgesetz
       geregelt sein. Zwar hatte es in der FDP bereits Beschlüsse der Jungen
       Liberalen und der Liberalen Frauen gegeben, die teilweise über den jetzigen
       Vorschlag hinausgehen – eine Chance auf eine Mehrheit innerhalb der Partei
       hatten diese aber nie.
       
       Zaya sieht die Reform als Kernthema der FDP: „Inwiefern ist es zeitgemäß,
       vermeintliche Moralvorstellungen im Strafgesetzbuch zu normieren?“ Die
       Trennung von Strafrecht und Moral sei ein urliberales Anliegen. Parteichef
       Christian Lindner sieht das dennoch anders. „Ich werde das nicht
       unterstützen“, antwortete der FDP-Parteivorsitzende auf den offenen Brief.
       Und betonte gleichzeitig, die Abgeordneten würden frei entscheiden. Das
       bekräftigen auch die Initator:innen des Briefs: „Wir wollen keineswegs
       eine namentliche Unterstützung erzwingen.“ Sie bäten lediglich darum, die
       parlamentarische Debatte zu ermöglichen und unter Abwägung der Argumente
       abzustimmen.
       
       ## Abstimmung im Bundestag Mitte Dezember?
       
       Die Hoffnung liegt dabei vor allem auf den acht Bundestagsabgeordneten aus
       Niedersachsen. Per einstimmigem Beschluss fordert deren Landesverband eine
       offene Debatte in der FDP-Fraktion. Es ist also davon auszugehen, dass die
       Niedersächs:innen nun kräftig unter den 90 Mitgliedern trommeln werden
       und auf Hilfe weiterer Fraktionsmitgliedern setzen, die sich in der
       Vergangenheit bereits für das Thema eingesetzt hatten.
       
       Zu einer Abstimmung könnte es dann Mitte Dezember kommen. Drei Parteien –
       SPD, Grüne und Linke – sprechen sich dezidiert für die Legalisierung aus.
       Sie verfügen zusammen über insgesamt 352 Stimmen im Bundestag und damit
       zehn weniger als FDP, CDU und AfD. Hinzukommen zehn Abgeordnete des BSW
       sowie neun fraktionslose Abgeordnete. Wie diese stimmen, ist bisher unklar.
       Für die erforderliche absolute Mehrheit sind 367 Stimmen erforderlich.
       
       Trotzdem können die Reformbefürworter:innen vorsichtig optimistisch
       sein. Mit dem Vorstoß der FDP und möglichen Abweichler:innen aus den
       Reihen der Union könnte der Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch
       trotz des Ampel-Aus noch in diesem Jahr Geschichte sein.
       
       28 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Amelie Sittenauer
       
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