# taz.de -- Jüdische Meme-Künstlerin „Ruth Lol“: Memes gegen Deutschland
       
       > Mit sarkastischen Memes auf Instagram über Erinnerungskultur und den
       > Rechtsruck spricht „Ruth Lol“ vielen Jüd*innen aus der Seele. Ein
       > Porträt.
       
 (IMG) Bild: Ruth ist jüdisch, links, kommt ursprünglich aus Wien, möchte ansonsten anonym bleiben
       
       „Shoutout an [1][alle iSraeLkritiKers], die meine Therapeutin rich machen“,
       steht in greller blau-roten Schrift auf einem Foto der Synagoge im
       australischen Melbourne, gegen die am vergangenen Freitag ein mutmaßlicher
       Brandanschlag verübt wurde.
       
       Zum ersten Jahrestag des Hamas-Angriffs auf Israel am 7. Oktober hieß es
       auf Konfetti-Hintergrund: „[2][Happy Anfeindungen & Antisemitismus] on the
       rise anniversary“.
       
       Und als Israel den [3][Hamas-Anführer Ismail Haniyeh] Ende Juli tötete,
       lautete das Sharepic mit Traurig-Emoji: „Condolences an die Berliner
       Kunst-Bubble“.
       
       Die tausendfach gelikten Beiträge stammen von ruth__lol, einem
       Instagram-Account mit mehr als 18.000 Followern. Die Memes, die Ruth macht
       und teilt, sprechen vielen, vor allem Jüdinnen und Juden, aus der Seele.Es
       geht um Erinnerungskultur, den Rechtsruck, jüdische Identität, psychische
       Gesundheit, Sexismus und mehr.
       
       „Never Again (Scherz)“, heißt es etwa mit Deutschlandflagge in einem der
       meist gelikten Beiträgen. In einem anderen mit einem traumatisiert
       aussehenden Kermit, dem Frosch, steht: „Born to A.C.A.B. Forced to
       Polizeischutz, weil du bist Judi“.
       
       Trotz großer Reichweite will Ruth selbst nicht im Rampenlicht stehen. Sie
       will weder Nachnamen noch Alter oder Foto in der Zeitung veröffentlicht
       sehen.
       
       „Ich finde diesen Personenkult auf Social Media einfach weird“, sagt sie
       der taz. „Weil das immer darin mündet, dass man eine ganz komische soziale
       Beziehung zu Leuten entwickelt. Und dann projiziert man ganz viele
       Hoffnungen und Erwartungen auf diese Person.“
       
       ## Peinliche Haupt-Täterländer
       
       Nur so viel will sie verraten: Ruth ist jüdisch, links, kommt ursprünglich
       aus Wien und wohnt inzwischen in Deutschland. „Ich bin von einem Lol-Land
       in ein anderes gezogen“, sagt sie. Lol-Land? „Na ja, sie sind beide einfach
       echt peinliche Länder. Und das sind beide die Haupt-Täterländer. Wenn man
       dort jüdisch aufwächst, dann mit dem Gefühl, nicht dazu zu gehören.“
       
       So scheint Ruth ihre Identität zwischen zwei Welten zu navigieren, zwischen
       einer Bewegungslinken, die Antisemitismus immer wieder verkennt, wenn nicht
       aktiv reproduziert, und einer jüdischen Tradition, Kultur, Gegenwart in der
       Diaspora, die in den sozialen Medien wenig Platz findet – aber dafür jede
       Menge Anfeindungen. Es ist eine teilweise konfliktreiche Identität, die
       Ruth auch in ihren Memes verhandelt.
       
       Doch ihre Meme-Karriere fing nicht mit dem Thema jüdischer Identität an,
       sondern mit Rammstein, als im Sommer 2023 mehrere Konzertbesucherinnen dem
       Frontmann der Band Till Lindemann sexuelle Übergriffe vorwarfen. Ruth
       postete damals eine Reihe von Instagram-Kacheln zur Causa. Auf einer
       dirigiert ein DJ das tanzende Publikum mit seinen Händen und ruft: „Und
       jetzt alle, Unschuldsvermutung“.
       
       Zu Beginn postete Ruth jede Woche einen „Shabbes Dump“ – eine Reihe Memes
       zum Shabbat. Inzwischen kommen ständig andere Themen dazwischen, erzählt
       sie. Zum Beispiel der Wahlsieg des zukünftigen US-Präsidenten Trump oder
       der Tod der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck.
       
       „Jüdischsein bedeutet, alles gleichzeitig aushalten zu können und daraus
       auch noch was zu schöpfen“, erklärt Ruth. „Und Memes haben etwas
       Verbindendes, man hat das Gefühl, nicht mehr allein zu sein.“
       
       Die grelle Optik ist inzwischen zu ihrem Markenzeichen geworden:
       neonfarbene Schriften und laute Emojis prangen auf kitschigen Bildern von
       Sonnenuntergängen, Fantasielandschaften, Cartoons, die man „boomerig“
       nennen könnte. „Diese Ugly-Ästhetik unterstreicht sehr häufig den Diskurs“,
       sagt Ruth, „und wie man sich fühlt“.
       
       Es ist ein gelungener Gegensatz zu einer zunächst harmlos erscheinenden
       Pastell-Ästhetik. Hinter ihr verstecken sich jedoch allzu oft autoritäre
       Weltbilder samt Terrorverherrlichung und Antisemitismus.
       
       12 Dec 2024
       
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