# taz.de -- Aktienpaket-Vorschlag: Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
       
       > Um die wachsende Ungleichheit zu bekämpfen, fordert die CDU ein
       > Aktienpaket für jedes Kind. Interessant, aber sorgt das wirklich für
       > Gerechtigkeit?
       
 (IMG) Bild: Dieses Kind könnte ein paar Anteile vom „Deutschland-ETF“ gebrauchen, findet die CDU
       
       Der Staat schenkt allen Bürgern Geld, damit auch ärmere Haushalte mal auf
       einen grünen Zweig kommen. Diese oft geäußerte Idee erfährt nun eine neue
       Konjunktur, weil der Bundestagswahlkampf startet. So schlägt CDU-Politiker
       Sepp Müller, Parlamentarier aus Dessau und Wittenberg, einen
       [1][„Deutschland-ETF“ vor, „und zwar für jedes Kind, unabhängig vom
       Reichtum der Eltern“.]
       
       Ein ETF ist ein Investmentfonds, der an der Börse gehandelt wird. Anteile
       an solchen Fonds solle der Staat jedem Kind regelmäßig kaufen, schlägt
       Müller vor, der auch Vizevorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist.
       Nach einigen Jahren oder Jahrzehnten wäre ein kleines Vermögen vorhanden,
       das die Bürger:innen individuell verwenden könnten.
       
       „Wir sehen in Deutschland eine wachsende Vermögensungleichheit in Ost und
       West, zwischen Männern und Frauen, Akademikern und Arbeitern“, begründete
       der CDU-Politiker im Magazin Stern. Dagegen helfe nicht nur Umverteilung
       von oben nach unten. „Stattdessen müssen wir alle Menschen stärker am
       Produktivkapital beteiligen.“
       
       Heißt: Wer Anteile an Fonds und damit zum Beispiel Aktien besitzt,
       profitiert von den Gewinnen der Unternehmen. Müllers Parteivorsitzender
       Friedrich Merz, der Bundeskanzler werden will, hat unlängst Ähnliches
       geäußert.
       
       ## Reiche Kinder haben meist schon ein Aktienkonto
       
       Solche Ideen werden immer mal wieder diskutiert. Im ersten Moment mögen sie
       sympathisch klingen. Allerdings knüpfen sich daran Fragen. Zum Beispiel:
       Warum sollte der Staat allen Kindern zu öffentlich finanziertem Kapital
       verhelfen?
       
       Die Begründung, die soziale Schere zwischen Arm und Reich öffne sich weiter
       und die ärmere Hälfte der Bevölkerung bedürfe aus Gerechtigkeitsgründen der
       Förderung, erscheint plausibel, ist es in diesem Zusammenhang aber nicht.
       Denn ginge es wirklich darum, bräuchte der Staat nicht den Kindern der
       Wohlhabenden und Reichen ebenfalls ein Aktienkonto zu spendieren. Die haben
       oft schon eines.
       
       Und warum ETFs, Aktien, mithin Beteiligungen an Unternehmen?
       Staatsanleihen, etwa die Papiere des Bundes, sind sicherer als viele
       Aktien. Die Freunde des Kapitalmarktes argumentieren jedoch, die Renditen
       an den Börsen wären auf lange Sicht unschlagbar. Andererseits kann
       gekniffen sein, wer sein angespartes Börsenvermögen gerade dann braucht,
       wenn vorher eine Finanzkrise eingeschlagen und die Kurse halbiert hat.
       
       ## Ideen mit Potenzial
       
       Auch ein Blick auf die vorgeschlagenen Summen lohnt. So regten die
       Wirtschaftsweisen an, die die Bundesregierung beraten, jedem Kind zwischen
       dem 6. und 18. Geburtstag jeweils 10 Euro monatlich aus staatlichen Kassen
       zu überweisen. Inklusive 4 Prozent Rendite kämen nach 12 Jahren etwa 2.000
       Euro zusammen. Ließen die Beschenkten das Kapital weitere 15 Jahre
       arbeiten, verfügten sie über ungefähr 5.150 Euro. Nicht zu verachten, aber
       ändern solche doch geringen Summen etwas an der Ungleichverteilung der
       sozialen Chancen?
       
       Anders sieht es aus beim [2][Vorschlag des Grunderbes, den das Deutsche
       Institut für Wirtschaftsforschung vor drei Jahren unterbreitete.] Alle
       18-Jährigen sollten 20.000 Euro erhalten, finanziert aus höheren Steuern
       auf große Vermögen, um sie etwa in Fortbildung, Studium oder eine
       Eigentumswohnung zu investieren. Sowohl die Summe als auch der
       Umverteilungsaspekt würden in diesem Fall erwarten lassen, dass sich die
       Schere zwischen Arm und Reich tatsächlich etwas verringerte.
       
       Als ähnlich wirksam könnte sich das [3][Konzept eines
       Bildungsgrundeinkommens] erweisen, das 2022 das Zentrum Liberale Moderne
       und die Bertelsmann-Stiftung propagierten: Alle Erwerbspersonen sollten
       demnach das Recht erhalten, während ihres Arbeitslebens drei Jahre lang
       1.200 Euro monatlich vom Staat zu bekommen, um sich weiterzubilden.
       
       Potenzial steckt in all diesen Ideen, nur müsste sie mal jemand in die Tat
       umsetzen.
       
       18 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.stern.de/politik/deutschland/etf-depot-fuer-jedes-kind--das-will-cdu-politiker-sepp-mueller-35233000.html
 (DIR) [2] https://ein-erbe-fuer-jeden.de/das-grunderbe
 (DIR) [3] https://libmod.de/uebersicht-bildungsgrundeinkommen/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hannes Koch
       
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