# taz.de -- Klimabewegung in den USA: Deutschland als Vorbild? No Way.
       
       > Für viele Aktivist:innen in den USA ist Deutschland ein Beispiel
       > dafür, wie Klimaschutz scheitern kann. Das prägt auch internationale
       > Politik.
       
 (IMG) Bild: In den USA ist Deutschland ein Beispiel dafür, wie Klimaschutz scheitern kann
       
       Als mir der deutsche Klimaschutz erstmals um die Ohren fliegt, bin ich
       nicht gut vorbereitet. Ich bin für einen Vortrag an der Universität Yale,
       vor mir spricht Benji Backer, ein konservativer Umweltschützer. Mit seiner
       Arbeit will er republikanische Kongressabgeordnete davon überzeugen, an den
       Klimawandel „zu glauben“, etwa bei Ausflügen in die Natur Utahs. Er findet,
       ökologische Fragen sollten überparteilich behandelt werden, toll, denke
       ich, der erste Öko-Konservative auf meiner Reise.
       
       Ich erzähle, dass ich in Deutschland selbst überparteilich arbeite und mich
       dennoch frage, ob man nicht gerade geeint Donald Trump verhindern müsste.
       Bei „Deutschland“, horcht er auf, und dann wird er laut: „Alle“ in seinem
       Umfeld wären sich einig, dass Deutschland gezeigt hat, wie Klimaschutz
       scheitert, das Atom-Aus, die Wiedereröffnung der Kohleminen, die
       Abhängigkeit von ausländischem Gas, alles ein Wahnsinn.
       
       Ich werfe ein, dass in Deutschland Emissionen sinken und wir erfolgreich
       für einen Kohleausstieg gekämpft haben, schnippisch erwidert Backer, das
       könne nicht sein, er habe Fotos von Greta in deutschen Kohleblockaden
       gesehen. Lustig, denke ich kurz, da war ich ja auch dabei. Backers Polemik
       klingt nach Donald Trumps Abschlussstatement bei der großen TV-Debatte.
       Damit hat sich wohl auch meine eigentliche Frage erledigt.
       
       ## Deutschland als Begründer einer Rückwärtspolitik
       
       Während der [1][Landtagswahl in Brandenburg] sitze ich in New York City, an
       einem Tisch mit internationalen Klimaexperten. Dort herrscht Einigkeit bei
       der Feststellung, dass die AfD-Ergebnisse zeigen, wie ein Umwelt-Backlash
       aussehen kann. Tags darauf nicken 100 Gäste an der Columbia University, als
       ein Mitglied der britischen Regierung erklärt, in Sachen [2][Wärmepumpen]
       habe die Bundesregierung wohl die Frage der Fairness aus den Augen
       verloren. Beim Smalltalk erzählen mir Aktivisten aus Washington genervt vom
       deutschen Investitionsstau, „the trains are just not working“.
       
       Repräsentativ sind diese Eindrücke nicht, und doch zeichnen sie ein
       bemerkenswertes Bild. Deutschlands Klimapolitik als internationales
       Vorbild? No way. Mehr noch: Nicht nur die deutschen Rechtspopulisten,
       sondern selbst Politiker aus dem Umfeld Trumps, die an fossilen Energien
       festhalten, begründen mit Deutschland die eigene Rückwärtspolitik. Es
       spielt längst keine Rolle mehr, ob das berechtigt ist oder nicht.
       
       Dramatisch dabei ist nicht nur, dass – bei aller Kritik – einige unserer
       klimapolitischen Entwicklungen gut sind und statt Ausrede Exportprodukt
       werden könnten. Vor allem aber gibt es heute kaum mehr Länder, die unter
       industrialisierten Demokratien als Vorbild gelten können. Auch die
       Entwicklungen der Grünen wird an diesen Abenden in New York besprochen, es
       lässt sich erahnen, wie weit die Botschaft reisen würde, sollten sie bei
       der kommenden Bundestagswahl hinter die AfD zurückfallen, [3][schlechte
       Aussichten für Klimapolitik] weltweit.
       
       So gesehen hatte die Ökologie selten so viel zu gewinnen: Fossile Politik
       kann sich immer weniger aus sich selbst begründen, sondern braucht die
       verdrehtesten Negativbeweise, etwa aus Deutschland. Im Lager der Fossilen
       wird die Luft dünner.
       
       Wenn wir hingegen noch die Klimakurve kriegen, machen wir das keine Sekunde
       lang nur für uns. Es wäre der überfällige Beweis, dass es möglich ist,
       Klima und Demokratie gerecht und für alle sichtbar zu verteidigen.
       
       5 Oct 2024
       
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