# taz.de -- Grenzkontrollen in Deutschland: Bitte einmal den Kofferraum öffnen
       
       > Im Schengen-Raum sind eigentlich keine Kontrollen vorgesehen. Deutschland
       > weitet seine Kontrollen nun auf die westliche Grenze aus.
       
 (IMG) Bild: Grenzkontrolle in Frankfurt (Oder). Hier gibt es die Grenzkontrollen schon seit Oktober 2023
       
       Berlin dpa | – [1][Deutschland hat seine bereits laufenden Grenzkontrollen
       im Osten und Süden des Landes wie angekündigt auf die Landgrenze im Westen
       ausgeweitet.] Seit Mitternacht kontrollieren Beamte an den Grenzen zu
       Belgien, Luxemburg und den Niederlanden. Im Laufe des heutigen Tages sollen
       auch Kontrollen im Norden an der Grenze zu Dänemark eingerichtet werden.
       
       Die zusätzlichen Kontrollen sollen zunächst sechs Monate andauern, um die
       Zahl unerlaubter Einreisen stärker einzudämmen. Der Pendler- und
       Reiseverkehr soll möglichst wenig beeinträchtigt werden – die Kontrollen
       sind stichprobenartig, nicht alle Fahrzeuge werden angehalten.
       
       Grenzkontrollen sind im Schengen-Raum eigentlich nicht vorgesehen.
       [2][Bisher kontrollierte die Bundespolizei nur an den Grenzen zu Polen,]
       Tschechien, Österreich, der Schweiz und zuletzt wegen der Olympischen
       Spiele in Paris auch Frankreich. Rechtlich möglich sind die weiteren
       Kontrollen seit Mitternacht.
       
       ## Faeser will illegale Migration zurückdrehen
       
       Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte am Sonntagabend: „Diese Maßnahme
       ist aus meiner Sicht dringend erforderlich, um die irreguläre Migration
       weiter zurückzudrehen.“ Sie hatte in der vergangenen Woche angeordnet, dass
       es ab Montag an allen Landgrenzen stationäre Kontrollen geben soll.
       
       Ein Sprecher der Bundespolizei sagte, in Niedersachsen seien wie geplant
       zusätzliche Beamte im Einsatz. Sie sollen auf niedersächsischer Seite
       Einreisende aus Richtung Niederlande überprüfen. Feste Kontrollstellen
       wurden auf der Autobahn 30 bei Bad Bentheim, der A280 bei Bunde und der
       Bundesstraße 402 bei Schöninghsdorf (Höhe Meppen) eingerichtet. Zudem waren
       im grenznahen Raum zu den Niederlanden auch auf den Nebenstraßen
       Fahndungsmaßnahmen angekündigt. In Nordrhein-Westfalen kontrollierten
       Bundespolizisten etwa auf der Autobahn 44 bei Aachen Einreisende aus
       Richtung Belgien. Weitere mobile Kontrollen für Einreisende aus Luxemburg
       gibt es auf der A 64.
       
       Bei den stationären Kontrollen an den Landgrenzen von Deutschland zu den
       Niederlanden erwischten Bundespolizisten Drogenschmuggler. Die drei Männer
       seien mit Haschisch im Kofferraum unterwegs gewesen, sagte ein Sprecher der
       Bundespolizei. Sie entzogen sich laut Polizeiangaben der Kontrolle auf der
       Autobahn A30 bei Bad Bentheim und flüchteten. Erst etwa 30 Kilometer
       entfernt hätten Beamte sie stoppen können.
       
       Stationäre Grenzkontrollen ermöglichen sogenannte Zurückweisungen. Laut
       Bundesinnenministerium gab es seit Oktober 2023 mehr als 30.000
       Zurückweisungen an den deutschen Grenzen. Zurückgewiesen werden derzeit
       Ausländer, die kein Asylgesuch vorbringen, und solche, die mit einer
       Einreisesperre belegt sind. Eine Forderung der Unionsfraktion nach
       umfassenderen Zurückweisungen hatte die Ampel-Koalition wegen
       europarechtlicher Bedenken abgelehnt.
       
       ## Was die Nachbarländer von den Kontrollen halten
       
       Nachbarländer wie Österreich und Polen hatten – auch im Zuge dieser
       umfassenderen Diskussion – Bedenken gegen die Ausweitung der
       Grenzkontrollen angemeldet. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat aber
       „begonnen, mit den Chefs der Nachbarländer sehr sorgfältig zu sprechen,
       übrigens auch mit der Präsidentin der Europäischen Kommission“, wie er am
       Sonntagabend auf seiner Usbekistan-Reise sagte.
       
       „Alle wissen, dass wir uns im Rahmen des europäischen Rechts bewegen, aber
       da unsere Möglichkeiten maximal ausnutzen“, erklärte Scholz. „Alle
       verstehen, dass die Zahl derjenigen, die nach Deutschland kommen, zu groß
       ist und dass es deshalb ein nachvollziehbares Interesse der deutschen
       Regierung ist, dafür zu sorgen, dass wir diese Dinge durch ein gutes
       Management irregulärer Migration in den Griff kriegen.“ Dazu gehörten auch
       solche Kontrollen.
       
       [3][Bei denen Grünen werden sie aber kritisch gesehen.] „Es ist fraglich,
       wie effektiv der Grenzschutz sein kann, auch angesichts der personellen
       Ausstattung der Bundespolizei“, sagte etwa Nordrhein-Westfalens
       Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur dem Tagesspiegel.
       
       Faeser hatte die Ausweitung der Kontrollen am vergangenen Montag wie
       vorgeschrieben bei der EU-Kommission angemeldet und mit einer großen
       Belastung Deutschlands durch irreguläre Migration begründet. Sie sind erst
       einmal für sechs Monate geplant. Allerdings hat sich in der Vergangenheit
       gezeigt, dass solche Kontrollen nach der Einführung so schnell nicht mehr
       enden. An den Landgrenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz kontrolliert
       die Bundespolizei seit Mitte Oktober, an der Grenze zu Österreich bereits
       seit Herbst 2015.
       
       Nach dem Schengener Abkommen ist das grundsätzlich nicht vorgesehen. Aber
       auch andere Schengen-Staaten kontrollieren an ihren Landgrenzen und
       begründen dies teils mit der Begrenzung irregulärer Migration, teils mit
       der Bedrohung durch islamistischen Terrorismus beziehungsweise mit Risiken
       im Kontext des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.
       
       ## Was die Union verlangt
       
       Der Union hält die Kontrollen für unzureichend, um der irregulären
       Zuwanderung Herr zu werden. „Kontrollen alleine reichen nicht aus. Die
       Verweigerung der Ampel für umfassende Zurückweisung ist eine Kapitulation“,
       sagte der Vorsitzende der CSU-Bundestagsabgeordneten, Alexander Dobrindt,
       der Bild.
       
       Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz bekräftigte seine prinzipielle Offenheit
       für ein Spitzengespräch mit Kanzler Scholz. Er habe seine Bereitschaft dazu
       erklärt, sagte der Unionsfraktionschef in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“.
       „Der Regierungssprecher hat allerdings dann erklärt, der Bundeskanzler
       würde daran nicht denken, eine solche Einladung auszusprechen. Dazu können
       wir ihn nicht zwingen. Ich nehme das zur Kenntnis.“
       
       Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte nach dem Scheitern der
       Migrationsgespräche zwischen Regierung und Union einen neuen Anlauf auf
       höchster Ebene angeregt: mit Merz, Scholz, Wirtschaftsminister Robert
       Habeck (Grüne) und ihm selbst.
       
       16 Sep 2024
       
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