# taz.de -- Verkehrsberuhigung in Berlin: Und ewig droht der Poller
       
       > Kosten Kiezblocks Menschenleben? Im Innenausschuss klang das am Montag
       > bisweilen so. Polizei und Feuerwehr hielten sich dabei aber eher zurück.
       
 (IMG) Bild: Kosten Poller Menschenleben?
       
       Berlin taz | Eine der größten Bedrohungen für die Sicherheit der
       BerlinerInnen ist schlank, hohl und meist rot-weiß gestreift: der gemeine
       Straßenpoller. Diesen Eindruck [1][vermittelten zuletzt Teile der medialen
       Berichterstattung], und es war auch der Subtext einiger Äußerungen –
       vornehmlich seitens der CDU – im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses am
       Montag. Zusammen mit den KoalitionärInnen von der SPD hatte die Fraktion
       den Poller als öffentlichen Gefährder in den Mittelpunkt der Sitzung
       gestellt.
       
       Offiziell war das natürlich etwas diplomatischer formuliert worden: „Der
       zweite Rettungsweg und effiziente Fahrten zum Einsatzort: Umgestaltung von
       Verkehrsflächen (zum Beispiel durch Poller) nur mit frühzeitiger
       Beteiligung und Abstimmung mit den Sicherheitskräften“ lautete der Titel
       des Antrags zur Besprechung.
       
       In der Begründung zeichnete der CDU-Abgeordnete Alexander Herrmann aber ein
       düsteres Bild: Die Straßensperren, wie sie unter anderem bei Kiezblocks zum
       Einsatz kommen, verlängerten Rettungswege. Wenn Feuerwehr, Krankenwagen
       oder Polizei Alternativrouten suchen oder einen die Durchfahrt behindernden
       Pfosten erst umständlich aufschließen und umlegen müssten, koste das
       „wichtige Zeit, die man im Notfall nicht hat, um Menschenleben zu retten“.
       
       Dasselbe gelte, so Herrmann, für Straßen, auf denen durch die Anlage eines
       geschützten Radwegs nur noch eine Fahrspur für den motorisierten Verkehr
       zur Verfügung stehe. Auch das Aufstellen von Drehleitern zur Evakuierung
       von Menschen bei Bränden sei dadurch schlimmstenfalls nicht mehr möglich.
       Eine Abwägung zwischen den Zielen der Mobilitätswende und den Bedürfnissen
       der Einsatzkräfte, wie sie die Gesetzeslage vorsieht, ergibt für Herrmann
       wenig Sinn: „Was steht denn über dem Ziel, Menschen zu retten und den
       Rechtsstaat zu verteidigen?“
       
       ## Spranger: wolkig
       
       Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hatte schon auf der letzten
       Ausschusssitzung Entscheidungen von Bezirksämtern beklagt, die „unter
       Umständen das Leben von Menschen gefährden“. Auch am Montag sprach sie
       recht wolkig von „vielen Negativbeispielen“ bei der Umgestaltung von
       Straßen, die mit den ihr untergeordneten Behörden nicht richtig
       abgesprochen werde und dann bisweilen eine teure Umrüstung notwendig mache.
       Das Thema prominent im Innenausschuss zu behandeln, sei richtig: „Ich finde
       es gut, dass das heute öffentlich gemacht wird, denn das sensibilisiert
       auch die Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlungen“, so Spranger.
       
       In der Stellungnahme des stellvertretenden Landesbranddirektors Per Kleist
       klang das alles schon etwas nüchterner. Er bestätigte, dass die Feuerwehr
       bei der Anordnung modaler Filter – was neben Pollern auch neue
       Einbahnstraßen sein können – von den Bezirksämtern „unterschiedlich
       beteiligt“ werde, „manchmal auch gar nicht“. Problematischer als eine
       Bepollerung („In der Regel haben wir die Möglichkeit, über Weg B oder C ans
       Ziel zu kommen“) sei aber der mitunter fehlende Raum zur Aufstellung der
       Fahrzeuge an einem Brandort.
       
       Kleist nannte zwei Fälle, in denen die Feuerwehr nach der Einrichtung
       geschützter Radwege Probleme identifiziert hat: In Teilen der
       Charlottenburger Kantstraße käme man im Notfall nicht an die oberen
       Geschosse heran, „dort erfolgt nun eine kostenintensive Umplanung“. In der
       Moabiter Beusselstraße sei die Situation ähnlich, man habe dem Bezirksamt
       Mitte bereits eine sogenannte Gefahrenanzeige übermittelt.
       
       Dabei ließ Kleist das Argument nicht gelten, die Feuerwehr könne sich ja
       auch auf Gehwegen aufstellen: Die seien für solche großen Lasten statisch
       oft nicht ausgelegt. In Bezug auf [2][die von Springers B.Z. zur Todesfalle
       hochgeschriebenen Pollerreihe] auf dem Neuköllner Richardplatz gab der
       Branddirektor Entwarnung: Das Bezirksamt habe signalisiert, zwei weitere
       der dort verbauten Pfosten umlegbar zu machen, damit auch große
       Einsatzfahrzeuge künftig problemlos hindurchkämen.
       
       Sowohl die Grüne Antje Kapek als auch der Linke Niklas Schrader
       kritisierten scharf die Anti-Poller-Stimmung der CDU (und natürlich der
       AfD). Ihr Argument: Auch Verkehrsberuhigung bringe mehr Sicherheit, vor
       allem für Kinder – das Problem liege eher bei der Unterfinanzierung der
       Einsatzkräfte und [3][dem fehlenden Willen der Politik], Gefahren mit mehr
       Blitzern oder Tempolimits zu minimieren.
       
       ## Wansner: „sachlich“
       
       Solche Argumente wurden von der CDU als „Whataboutism“ und „Beißreflexe“
       (Herrmann) abgetan. Die rechte Kreuzberger CDU-Altlegende Kurt Wansner
       schaffte es sogar, in einem Atemzug die „Zerstörung“ der Bergmannstraße mit
       verkehrsberuhigenden Elementen als „diktatorische Maßnahme“ zu geißeln und
       für „mehr Sachlichkeit“ in der Debatte zu plädieren. Auch die vor fünf
       Jahren kurzzeitig auf der Bergmannstraße platzierten Findlinge mussten
       wieder als Schreckgespenst einer fehlgeleiteten Verkehrspolitik herhalten.
       
       Am Ende blieb nicht viel: der Wunsch nach einer gemeinsamen Anhörung mit
       dem Verkehrsausschuss und das Versprechen Sprangers, sich beim Bund dafür
       einzusetzen, dass eine Beteiligung der Feuerwehr an solchen Planungen in
       der Verwaltungsvorschrift zur StVO festgeschrieben werden soll.
       
       Und die Aussage Per Kleists und des stellvertretenden Polizeipräsidenten
       Marco Langner, dass die Zusammenarbeit mit den Bezirken im Großen und
       Ganzen eigentlich ganz gut laufe. Er müsse CDU-Mann Alexander Herrmann da
       leider enttäuschen, so Kleist: „Es gibt keinen Bezirk, der da besonders
       hervorsticht.“
       
       23 Sep 2024
       
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