# taz.de -- Angeklagt wegen Korruption: Lebenslang droht ihr nur in der Ehe
       
       > Eine Agentur richtete die Hochzeit der Ex-Senatorin Dilek Kalayci aus und
       > bekam Staatsaufträge. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
       
 (IMG) Bild: Dilek Kalayci (SPD) im Sommer 2021 – damals war sie noch Gesundheitssenatorin
       
       BERLIN taz | Es ist eine Agentur, die nach eigenen Angaben Expertise in
       Kampagnen zu Bildung, Gesundheit und Politik hat und einen Schwerpunkt auf
       Aufträge der öffentlichen Hand legt. Den „Wünschen“ von Berliner
       Bezirksämtern und Senatsverwaltungen „nehmen wir uns an“, schreiben sie auf
       ihrer Webseite. Unter den Beispielen in ihrem Portfolio finden sich
       Aufträge mehrerer Senatsverwaltungen, von einem Brandenburger Ministerium
       und von Bezirksämtern.
       
       Möglicherweise hat die Agentur deren Wünsche in einem Fall etwas zu
       wörtlich erfüllt. Denn nun hat [1][die Staatsanwaltschaft gleichzeitig
       gegen den Chef der PR- und Werbeagentur] und gegen die ehemalige Senatorin
       Dilek Kalayci (SPD) Anklage erhoben. Kalayci wird demnach Bestechlichkeit
       vorgeworfen, dem Agenturchef im Gegenzug Bestechung.
       
       Die Agentur soll Kalaycis Hochzeitsfeier im Mai 2019 geplant und
       organisiert haben, doch sie habe dafür nie eine Rechnung gestellt und auch
       kein Geld erhalten. Laut Anklage habe die Agentur die Hochzeit kostenlos
       ausgerichtet, „in der wechselseitigen Annahme“, dass sie dadurch Aufträge
       von der Senatsverwaltung erhalten würde.
       
       Kalayci, als damalige Gesundheitssenatorin, habe dann „befördert“, dass die
       Agentur 2020 einen Auftrag für eine Werbekampagne „Pflege deine Zukunft“
       erhielt. Mit der 2021 veröffentlichten Kampagne sollen junge Menschen dafür
       gewonnen werden, sich zur Pflegefachkraft ausbilden zu lassen.
       
       ## Auch privater Gewinn
       
       Die Agentur soll dafür von der Senatsverwaltung Zuwendungen von rund
       267.830 Euro erhalten haben. Laut Staatsanwaltschaft sprang dabei wohl auch
       für den Leiter noch etwas heraus: Er soll dabei einen Gewinn von
       geschätzten 9.450 Euro für sich und gut 7.400 Euro für seine Agentur
       erzielt haben.
       
       Die Generalstaatsanwaltschaft hatte die Anklage am Sonntagnachmittag
       öffentlich gemacht, der Tagesspiegel als erstes Blatt berichtet. Kalayci
       selbst äußerte sich nicht dazu. Eine von ihr beauftragte Anwaltskanzlei
       erklärte auf Anfrage der dpa, die Ex-Senatorin weise den gegen sie
       erhobenen Vorwurf nachdrücklich zurück. Die Staatsanwaltschaft hatte
       [2][bereits im November 2021 das Verfahren gegen Kalayci] und zwei weitere
       Verdächtige eingeleitet – zu einem Zeitpunkt, als sie noch Senatorin war.
       
       Wer als Amtsträger bestechlich ist, kann laut Strafgesetzbuch zu einer
       Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren verurteilt werden, auf
       weniger schwere Fälle stehen bis zu drei Jahre oder eine Geldstrafe.
       Demnach ist schon der Versuch von Amtsträger*innen strafbar, einen
       Vorteil für eine künftige Diensthandlung zu fordern, sich versprechen zu
       lassen oder anzunehmen. Auch strafbar ist, sich als Amtsträger*in einer
       anderen Partei gegenüber bereit zu zeigen, dass man sich in seinem „eigenen
       Ermessen“ durch einen Vorteil beeinflussen lassen würde.
       
       Ähnlich verhält es sich mit der anderen Seite – der Bestechung: Auch das
       Angebot, für eine Diensthandlung einen Vorteil zu gewähren, als
       Gegenleistung zu versprechen oder anzubieten, wird mit Freiheitsstrafe von
       drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
       
       ## Politisch beheimatet in Tempelhof-Schöneberg
       
       Strahlend ist Kalayci, die damals noch Kolat hieß, bereits 2019 in mehreren
       von der Agentur verantworteten Videos in Szene gesetzt. Die Agentur
       begleitete damit einen Wettbewerb zwischen Nachwuchsköch*innen, die
       Senatorin war Teil der Jury.
       
       Kalayci war ab 2001 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses und ab 2011
       Senatorin – erst für Arbeit, Integration und Frauen, 2016 bis 2021 für
       Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. Außerdem war sie von 2004 bis 2018
       Kreisvorsitzende der SPD von Tempelhof-Schöneberg – dem Bezirk, dessen
       Wünschen sich die Agentur mehrfach annahm.
       
       19 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.berlin.de/generalstaatsanwaltschaft/presse/pressemitteilungen/2024/pressemitteilung.1477233.php
 (DIR) [2] /Verdacht-der-Vorteilsnahme/!5904577
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uta Schleiermacher
       
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