# taz.de -- Sommerausstellung des CCA: Hinter den Glasbausteinen
       
       > Im Neubau der Kaiser-Wilhelm Gedächtniskirche blickt das CCA Berlin auf
       > den „Sommer 24“. Künstlerin Thea Djordjadze hat die Gruppenschau
       > kokuratiert.
       
 (IMG) Bild: Nika Kutateladze, Ohne Titel, 2024, Ausstellungsansicht von „Sommer 24“ im CCA Berlin
       
       Ob Egon Eiermann Großereignisse wie den Fan Meeting Point der Fußball-EM,
       der sich während des Wettbewerbs mit LEDs, Dixie-Klos und
       Polyester-Mützchen über den gesamten Breitscheidplatz ergoss, antizipierte,
       als er den [1][Neubau der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche] plante, ist
       zweifelhaft. Thea Djordjadze hat das Massenevent nun in einer
       ortsspezifischen Arbeit in Eiermanns Foyergebäude zumindest ästhetisch
       mitgedacht.
       
       Flecken sanfter Wasserfarben verlaufen auf einer der gläsernen innen
       liegenden Trennwände. Sie nehmen Bezug auf die farbigen Lichter der
       Leinwand vor dem Gebäude, die sich milchig flackernd durch die
       Glasbausteine in den Raum schieben: eine Art antipastose räumliche
       Schichtung.
       
       Es ist nicht die einzige Arbeit der georgisch-deutschen Künstlerin, die
       sich in der aktuellen Ausstellung „Summer 24“ [2][im CCA, dem Center for
       Contemporary Arts,] findet. Kokuratiert hat sie diese gemeinsam mit dem
       Direktor und Kurator Fabian Schöneich.
       
       Im Frühjahr des Jahres ist die Einrichtung für zeitgenössische Künste von
       der Schöneberger Kurfürstenstraße in das flache Nebengebäude der Kirche
       eingezogen. Von der abgerotzten Galeriengegend voll gesellschaftlicher
       Extreme in die Mitte der Mitte der City West und dann gleich in eine
       Bauikone der Westberliner Nachkriegsarchitektur. Das CCA scheint angekommen
       zu sein.
       
       Alles bleibt draußen 
       
       Hat man sich zur Eröffnung vergangene Woche durch Menschen, Fußball,
       Attraktionen bis zum Gebäude gezwängt und betritt die Ausstellung,
       verschwindet die Stadt auf unbemerkte Weise. Lärm, Fähnchen, Frittierfett:
       Alles bleibt draußen, verschwimmt hinter den markanten Glasbausteinen,
       während die Räumlichkeiten gleichzeitig erstaunlich hell erscheinen.
       
       Im Kreis bewegt man sich am denkmalgeschützten Ort um die ehemaligen
       Büroflächen der Gemeinde herum, begrenzt durch Glas, Holz, Teppich. In
       ihnen die Kunst. Eine klassische Sommer-Gruppenpräsentation in der es zwar
       inhaltlich kein gemeinsames Thema geben sollte, die jedoch überaus
       harmonisch kuratiert ist. Vielleicht auch, weil viele der beteiligten
       Künstler:innen ihre Arbeiten extra für die Ausstellung anfertigten.
       
       Ähnlich wie bei einer anderen nicht kommerziellen Institution der Stadt,
       dem [3][Schinkel Pavillon], erweckt auch im neuen CCA die Architektur den
       Eindruck, gleichermaßen Fluch und Segen zu sein. Die kleinteiligen Räume
       mit ihrer frühen 60er-Jahre-Architektur spannen zwar optisch einen Bogen um
       die Arbeiten, doch setzen sie diese auch teils unfreiwillig in einen
       anderen Kontext.
       
       So evoziert ein ungewöhnlich schönes Gemälde des georgischen Malers
       [4][Andro Wekua] hier plötzlich Assoziationen evangelischer Kirchenmalerei.
       Angenehmerweise sind diesen die Arbeiten des ebenfalls georgischen und noch
       sehr jungen Malers Nika Kutateladze erhaben. Vielleicht wegen des für ihn
       typischen Mediums kleiner Holzplatten, wie sie in der orthodoxen
       Ikonenmalerei verwendet werden – auch wenn seine Motive eher düsterer Natur
       sind.
       
       Peil, Lidén, Trockel 
       
       In anderen Räumen finden sich Werke des eher unbekannten Outsider-Artist
       Albert Leo Peil (zwei Semester Nürnberger Akademie, eine Ausbildung als
       Dekorateur, das restliche Berufsleben als Angestellter im Klärwerk, einem
       gigantischen Nachlass exzentrischer Kostüme und eigener Kunst), eine
       Leuchte der Schwedin Klara Lidén, die in ihrer Kunst häufig mit
       Materialien, Themen und Objekten des öffentlichen Raums arbeitet, frische
       Werke [5][Rosemarie Trockels], welche in den letzten Jahren zu einer Art
       Everybody’s Darling der weiblich gelesenen deutschen Konzeptkunst wurde,
       ätherische Arbeiten von [6][Ketuta Alexi-Meskhishvili] und ein kleiner
       Artist-Bookstore.
       
       Neben Büchern der mit CCA affilierten Künstlerinnen und Künstler finden
       sich dort ausgewählte Veröffentlichungen von Bom Dia Books, dem kleinen
       Berliner Buch- und Editionsverlag des Gestalters Manuel Raeders.
       
       Der gemeinsame Nenner der Werke, er ist anwesend und doch schwer zu fassen.
       Vielleicht liegt er im Prozess, im Transparenten, in der Begegnung – in der
       Art, wie das ganze Zentrum gedacht ist. Künstlerinnen und Künstler zu
       zeigen, die im sogenannten Kanon der westlichen Universitäten im
       Allgemeinen und in Berlin im Speziellen wenig Repräsentation erfahren, war
       das erklärte Ziel Fabian Schöneichs, als er im Februar 2022 die Türen des
       CCA öffnete. Eine neue Institution sollte es sein, mehr als ein Projektraum
       und ohne Verkaufsinteressen.
       
       Bekanntheit und Kanon sind bekanntlich relativ. Und so fühlt sich
       Schöneichs Ziel trotz teilweise großer und gut repräsentierter Namen im
       Programm nicht widersprüchlich oder zu hoch gegriffen an, sondern
       beiläufig, klug und in jedem Fall sehr ästhetisch.
       
       16 Jul 2024
       
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