# taz.de -- Ministerpräsidentenkonferenz: Hase und Igel
       
       > Bundeskanzler und Ministerpräsidenten üben sich in trauter Einigkeit.
       > Dennoch ist die Migrationspolitik in Deutschland ein Armutszeugnis.
       
 (IMG) Bild: Rhein, Scholz, Weil am 6. März 2024 in Berlin. Alles driftet nach rechts
       
       Bodo Ramelow hat recht: Deutschland braucht Zuwanderung. Tapfer hielt
       Thüringens linker Ministerpräsident [1][am Mittwochabend im ZDF] gegen die
       Angstmache der AfD und mahnte zu Pragmatismus. Ohne ausländische Ärzte und
       Pflegerinnen ginge es schon heute nicht, sagte er. Bis 2040 werde in
       Thüringen ein Viertel der erwerbstätigen Bevölkerung in Rente und Pension
       gehen: Es drohe die Überalterung und ein Mangel an Arbeitskräften.
       
       Das sind seltene Töne der Vernunft in einer Debatte, in der sich die
       meisten im Wettbewerb um die krassesten Forderungen zur „Begrenzung der
       Migration“ überbieten. Die Union heizt mit Panikvokabeln wie
       „Migrationsdruck“ und „Migrationskrise“ die Stimmung an, die Ampel beugt
       sich diesem Druck: Die schikanöse Bezahlkarte kommt, die Kontrollen an den
       Grenzen zu den Nachbarstaaten bleiben, es soll mehr Abschiebungen geben,
       und über Asylverfahren in Staaten außerhalb der EU – die fragwürdige
       Ruanda-Fantasie – will sie bis Juni weiter nachdenken. Die Ampel setzt in
       der Asylpolitik auf Abschottung und Abschreckung.
       
       Die Zweiklassengesellschaft unter Geflüchteten in Deutschland wird damit
       zementiert. Zwar denken manche inzwischen laut darüber nach, neu
       einreisenden Flüchtlingen aus der Ukraine statt Bürgergeld künftig nur noch
       Asylleistungen auszuzahlen. Doch das sind nur Gedankenspiele. Die über eine
       Million Geflüchteten aus der Ukraine bleiben in vielerlei Hinsicht
       privilegiert und von neu beschlossenen [2][Schikanen wie der Bezahlkarte]
       ausgenommen.
       
       An den Problemen der Kommunen, Flüchtlinge unterzubringen, wird sich wenig
       ändern, denn auf mehr Geld vom Bund können sie nicht hoffen: Auch das kam
       bei der Ministerpräsidentenkonferenz heraus. Doch solange der Krieg in der
       Ukraine tobt, werden auch weiter Menschen von dort nach Deutschland
       flüchten und hier bleiben. Die Flüchtlinge aus anderen Ländern aber werden
       zum Sündenbock gemacht.
       
       ## Die Union wird die Ampel weiter vor sich hertreiben
       
       [3][Nach ihrem Treffen demonstrierten] Bundeskanzler Scholz und Hessens
       CDU-Ministerpräsident Boris Rhein als Vorsitzender der
       Ministerpräsidentenkonferenz traute Einigkeit. Doch die anderen
       Unions-Länderchefs Markus Söder, Hendrik Wüst und Daniel Günther machen
       schon deutlich, dass ihnen die bisherigen Verschärfungen längst nicht
       reichen. Kurz: Die Union wird die SPD und die Ampel bei diesem Thema weiter
       vor sich hertreiben, so viel ist klar. Das ist ihr Wahlkampfkalkül. Die AfD
       kann sich zurücklehnen und diesem Wettlauf der Schäbigkeiten entspannt
       zuschauen.
       
       Die anderen Parteien betreiben ihr Geschäft, indem sie die Fluchtmigration
       zum Hauptproblem erklären – statt zu einer Herausforderung, die es
       pragmatisch zu gestalten gilt und die auch Chancen bietet. Es ist wie in
       der Geschichte von Hase und Igel: Da, wo die anderen sich hinbewegen, da
       steht die rechtsextreme Partei schon lange. Es wäre Zeit, die Richtung der
       Debatte zu ändern.
       
       7 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.facebook.com/ZDFheute/videos/ramelow-wir-werden-geordnete-zuwanderung-brauchen/2768897926619610/
 (DIR) [2] /Bund-Laender-Gipfel-zu-Fluechtlingspolitik/!5996875
 (DIR) [3] /Ministerpraesidenten-ueber-Migration/!5996770
       
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 (DIR) Daniel Bax
       
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