# taz.de -- Linke Forderungen zur Gesundheitspolitik: Eine kostenlose Brille für alle
       
       > Die Linke legt Konzept gegen die „Zweiklassenmedizin“ vor. „Gesundheit
       > darf keine Frage des Einkommens sein“, fordert Parteichefin Janine
       > Wissler.
       
 (IMG) Bild: Will sich nicht mit der „Zweiklassenmedizin“ in Deutschland abfinden: Linken-Vorsitzende Wissler
       
       Berlin taz | Die Worte Gerhard Traberts waren eindringlich. Armut bedeute
       für die Betroffenen „kränker zu sein, früher krank zu werden und früher
       sterben zu müssen“, sagte der Mainzer Sozialmediziner, der [1][bei der
       Europawahl für die Linke] antritt. Gemeinsam mit der Parteivorsitzenden
       Janine Wissler stellte er am Montag in Berlin ein Konzept zur Beseitigung
       der „Zweiklassenmedizin“ in Deutschland vor.
       
       „Gesundheit darf keine Frage des Einkommens sein“, sagte Wissler. Allen
       Menschen müsste die bestmögliche Gesundheitsversorgung zur Verfügung
       stehen, „und zwar ausgerichtet nach medizinischen Kriterien und nicht nach
       dem Einkommen und dem Geldbeutel der Patientinnen und Patienten“.
       Gesetzlich Versicherte dürften nicht länger „Patient:innen zweiter Klasse“
       sein.
       
       So fordert die Linke gleiche Bedingungen im Wartezimmer und bei der
       Terminvergabe für Kassen- und Privatpatienten. Es sei falsch, wenn die
       einen wesentlich länger auf einen Termin warten müssten als die anderen.
       Ein Mittel, um diese Benachteiligung zu beenden: Es soll nicht mehr möglich
       sein, für Privatpatient:innen mehr abzurechnen als für
       Kassenpatient:innen.
       
       Eine sehr praktische Forderung ist die nach einer kostenlosen Brille für
       alle, die sie brauchen. Alle Menschen sollen mindestens alle drei Jahre
       einen Anspruch auf die Zahlung einer neuen Sehhilfe haben. „Scharfes Sehen
       darf nicht vom Geldbeutel abhängen“, begründete das Wissler. Für Brillen
       zahlten die gesetzlichen Krankenkassen bis 2004 Zuschüsse an ihre
       Versicherten. Dies wurde für Erwachsene damals als Sparmaßnahme gestrichen.
       
       ## Verhütungsmittel auf Staatskosten
       
       Ferner tritt die Linke für eine stärkere Gesundheitsversorgung in ärmeren
       Vierteln ein, denn gerade hier seien bessere Angebote zur
       Gesundheitsversorgung nötig. Gegenwärtig sei es jedoch so, dass es in
       reichen Vierteln viel mehr Ärzt:innen gebe. So komme in Münchner
       Nobelvierteln ein:e Kinderärzt:in auf 300 Patient:innen, in ärmeren
       Vierteln sei das Verhältnis hingegen teilweise 1 zu 10.000. Das sei, so
       Wissler, eine „himmelschreiende Ungerechtigkeit“. Daran zeige sich, „dass
       die ärztliche Versorgung auch davon abhängt, wo man wohnt“. Eine weitere
       Forderung ist, dass die Eigenanteile in der Gesundheitsversorgung und die
       Rezeptgebühr wegfallen sollen.
       
       Darüber hinaus fordert die Linke, dass für jede Schwangere eine medizinisch
       überwachte Geburt garantiert sein müsse. Dazu brauche es mehr Hebammen und
       Geburtshelfer:innen mit guten und abgesicherten Arbeitsbedingungen.
       Zudem fordert sie von der rot-grün-gelben Bundesregierung, endlich ihr
       Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen, dass bei
       Geringverdienenden die Kosten von Verhütungsmitteln vom Staat übernommen
       werden. „Die Ampelparteien haben es vollmundig versprochen – jetzt müssen
       sie auch liefern“, sagte Trabert der taz.
       
       Wobei allerdings für Trabert die bisherigen Pläne der Koalition zu kurz
       greifen, weil sie bloß eine Kostenübernahme für verschreibungspflichtige
       Verhütungsmittel vorsähen, Kondome oder Diaphragmen jedoch nicht dazu
       gehörten. Außerdem sollten auch Hygieneartikel für Frauen im Zusammenhang
       mit der Menstruation unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.
       
       ## Für Beratungs- und Behandlungsstellen auf der Autobahn
       
       Eine interessante Konsequenz zieht die Partei aus den mehrwöchigen
       [2][Streiks von osteuropäischen Lkw-Fahrern] im vergangenen Jahr an einer
       Autobahn-Raststätte im südhessischen Gräfenhausen. Sowohl Wissler [3][als
       auch Trabert] hatten die Streikenden, die von ihrem polnischen Spediteur
       ausstehenden Lohn eingefordert hatten, seinerzeit besucht. Die
       Gesundheitsversorgung dieser Menschen sei ein großes Problem gewesen, so
       Trabert.
       
       Die Linke schlägt daher vor, dass es auf den Autobahnen mindestens alle 300
       Kilometer kostenfreie Gesundheitsberatungs- und Behandlungsstellen für Lkw-
       und Busfahrer:innen geben soll, die entweder keine Krankenversicherung
       haben oder nur eine, die in Deutschland nicht anwendbar ist. In Frankreich
       gebe es bereits ein vergleichbares Angebot.
       
       Zur Finanzierung ihrer Pläne schlägt die Linkspartei eine „solidarische
       Gesundheitsversicherung“ vor, in die alle Bürger:innen einzahlen. Durch
       die Einbeziehung von bisher privatversicherten Besserverdienenden,
       Beamt:innen und Selbstständigen würde der finanzielle Spielraum deutlich
       verbessert. Dabei solle die Beitragsbemessungsgrenze erst erhöht und dann
       perspektivisch abgeschafft werden, „damit endlich auch die Spitzeneinkommen
       sich angemessen an der Finanzierung der Krankenversicherung beteiligen“,
       sagte Wissler.
       
       Außerdem solle es ein Gewinnausschüttungsverbot für Krankenhauskonzerne wie
       Asklepios oder Fresenius Helios geben. Perspektivisch sollten privatisierte
       Krankenhäuser in die öffentliche Hand zurückgeführt werden.
       
       18 Mar 2024
       
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