# taz.de -- Leistungen für Geflüchtete: Alle streiten über die Bezahlkarte
       
       > FDP, SPD und auch die Union fordern Gesetzesänderungen, um die Geldkarte
       > für Geflüchtete zu ermöglichen. Aus Sicht der Grünen ist das nicht nötig.
       
 (IMG) Bild: Einkaufen auf dem Wochenmarkt, wie hier in Münster? Ohne Bargeld ist das kaum möglich
       
       Berlin taz | Gerade galt die bundeseinheitliche Bezahlkarte für Geflüchtete
       als beschlossen, nun wird darum schon wieder gestritten.
       Vertreter*innen der Bundesländer fordern vor der Einführung der Karte
       ebenso wie Union, FDP und SPD Gesetzesänderungen. Die Grünen finden das
       unnötig.
       
       Die [1][Einführung einer Bezahlkarte hatten die Regierungschefs der Länder
       mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beim Migrationsgipfel im November
       verabredet]. Sie soll den Verwaltungsaufwand der Kommunen verkleinern,
       Konservative sehen in ihr aber auch ein Mittel zur Abschreckung. So soll
       sie etwa Geldüberweisungen in die Herkunftsländer unterbinden.
       
       Im Januar hatte eine [2][Arbeitsgruppe der Länder sich auf Mindeststandards
       für die Karte geeinigt]. Die Karte soll nur im Inland einsetzbar sein und
       keine Überweisungen ermöglichen. Ob damit Bargeld abgehoben werden kann,
       und wenn ja, wie viel, ob sie regional oder bundesweit einsetzbar ist, ob
       gewisse Branchen gesperrt werden: Das soll in der Hand des jeweiligen
       Landes liegen. Die Spanne reicht also von sehr liberal bis sehr restriktiv.
       
       Die Arbeitsgruppe der Länder fordert nun, das Asylbewerberleistungsgesetz
       zu ändern. Darin heißt es bisher, dass Geflüchtete, die nicht in einer
       Unterkunft leben, „vorrangig Geldleistungen“ bekommen sollen. Auch solle
       die Bezahlkarte auch an Geflüchtete ausgegeben werden, die bereits seit
       drei Jahren im Land sind und somit Leistungen in Höhe des Bürgergelds
       bekommen – in den ersten 36 Monaten ist der Satz deutlich niedriger.
       
       ## Es gibt schon Bezahlkarten
       
       Die Grünen hingegen betonen, dass Gesetzesänderungen auf Bundesebene nicht
       notwendig seien – und verweisen auf die Bezahlkarten, die bereits
       existieren. [3][In Hannover und in zwei thüringischen Gemeinden gibt es
       bereits Bezahlkarten], Hamburg hat diese vergangene Woche eingeführt. Am
       Dienstag erklärte Bayern, das sich an der bundeseinheitlichen Lösung nicht
       beteiligt, im März ein Pilotprojekt in vier Kommunen zu starten.
       
       Bereits am Montag hatte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion,
       Dirk Wiese, sich für eine Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes
       ausgesprochen. „Wir müssen den Bundesländern bei der Bezahlkarte jetzt
       Rechtssicherheit verschaffen“, sagte er dem Tagesspiegel. Der
       stellvertretetende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki drohte [4][in der Bild]
       gar mit dem Ende der Ampelkoalition.
       
       „Wir Grünen unterstützen grundsätzlich die Einführung einer
       diskriminierungsfreien Bezahlkarte für Geflüchtete“, sagte der taz hingegen
       die Grünen-Politikerin Filiz Polat. Diskriminierungsfrei heiße, dass sie
       „nicht in die persönliche Lebensgestaltung der Menschen eingreift“ – etwa,
       indem sie Bargeldabhebungen zulasse.
       
       „Es ist unerträglich, dass jetzt erneut eine rassistische Debatte auf dem
       Rücken von Geflüchteten ausgetragen wird“, sagte der taz die
       Linken-Abgeordnete Clara Bünger. „Es wird nicht mehr lange dauern, bis von
       Konservativen und Rechten die Forderung erhoben wird, auch
       Bezieher*innen von Bürgergeld eine solche Karte aufzuzwingen.“
       
       ## Ebay und Wochenmarkt
       
       Ohne Bargeld werde der Zugang zu wichtigen günstigen Einkaufsmöglichkeiten
       wie etwa Tafeln, Möbelbörsen, Wochenmärkten oder Kleiderkammern „stark
       eingeschränkt“, sagte der taz Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des
       Paritätischen Gesamtverbands.
       
       Die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz deckten schon jetzt
       nicht einmal das Existenzminimum. „Künftig soll dieser eklatante Mangel nun
       auch noch der freien Verfügung der Betroffenen entzogen werden. Das ist
       pure Schikane und konterkariert alle Integrationsbemühungen“, so Schneider.
       
       20 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Bund-Laender-Treffen-zu-Asylpolitik/!5968502
 (DIR) [2] /Leistungen-fuer-Gefluechtete/!5989524
 (DIR) [3] /Bezahlkarten-fuer-Gefluechtete/!5950500
 (DIR) [4] https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/fdp-und-teil-der-spd-scheint-mit-ihrer-geduld-am-ende-zerbricht-die-ampel-an-der-87208000.bild.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dinah Riese
       
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