# taz.de -- Rockband Måneskin in Berlin: Richtige Attitüde im Vintage-Outfit
       
       > So sollte Rock 2023 aussehen: Die italienische Band Måneskin besticht bei
       > ihrem Konzert in Berlin durch eine sexuell aufgeladene Bühnenshow.
       
 (IMG) Bild: Måneskin zu Gast beim ESC 2022, den sie das Jahr zuvor gewonnen haben
       
       Måneskin ist momentan eine der angesagtesten Rockbands, sie spielen in
       ausverkauften Hallen in ganz Europa, am Montag in der Berliner
       Mercedes-Benz-Arena. Der Auftritt ist fantastisch, vielleicht sogar ein
       Vorbild dafür, wie die Rückkehr des Rock ins 21. Jahrhundert gelingen kann.
       
       Das Konzert geht direkt los, ohne viel Ankündigung stehen die vier
       Mitglieder von Måneskin da, alle geboren zwischen 1999 und 2001. Klang und
       Ästhetik sind an den Glamrock der 1970er angelehnt, an das breite Spektrum
       des Rock ‚n‘ Roll im Allgemeinen. Die Besetzung ist mit Gitarre, Bass,
       Drums und Gesang klassisch, das Equipment mit Marshall-Verstärkern und
       Fender-Strat-Gitarre ebenso.
       
       Die Outfits der Musiker:innen sehen auf unterschiedliche Art nach
       Vintage aus: Sänger Damiano David im beigen Anzug mit kahlrasiertem Kopf
       und Ohrringen könnte einem italienischen 50er-Jahre-Film entsprungen sein.
       Gitarrist Thomas Raggi mit roter Schlaghose und hellem Hemd würde auch als
       Mitglied von The Kinks oder vielleicht sogar der frühen Beatles
       durchgehen.
       
       Die Bassistin Victoria de Angelis erinnert mit ihrer 70er-Jahre-Frisur,
       hohen Stiefeln und einem Lackanzug an Suzi Quatro. Ethan Torchio mit langen
       schwarzen Haaren hinter dem Schlagzeug könnte die beginnende
       80er-Metal-Szene mit seinen Looks mitgeprägt haben. Alle wichtigen
       Rockjahrzehnte sind vorhanden.
       
       ## Provokant am Rocken
       
       Måneskin waren kurz nach ihrem Gewinn beim [1][Eurovision Songcontest] 2021
       die Vorband der Rolling Stones. Dass deren provokante Attitüde Einfluss
       hatte, merkt man. „You little fuckers, make some fucking noise!“, fordert
       der Sänger das Publikum auf. Am Anfang rocken die Leute noch zögerlich mit.
       
       Aber die Band liefert ab, bis selbst die popkonzertgewohntesten
       Zuschauer:innen auf den Sitzplätzen locker werden und ihre Zurückhaltung
       Begeisterung weicht. Beim [2][ESC-Gewinner-Track] „Zitti E Buoni“ sind
       viele sogar in italienischer Sprache textsicher.
       
       Es geht – wie einst bei den Stones auch – sexuell zu: Die Spannung der
       Bandmitglieder untereinander, wenn sich de Angelis und Raggi
       übereinanderknien, während sie weiter Bass und Gitarre spielen.
       
       Wie sich Sänger David langsam, aber stetig auszieht, bis er nur übersät von
       seinen Tattoos vor einer Flammensäule steht, die sich passend zum Lied
       „Gasoline“ entzündet.
       
       ## Irgendwie alt, aber irgendwie neu
       
       Zu Ende hin steht Raggi regungslos da, geblendet vom Scheinwerferlicht, nur
       die Finger bewegen sich, und er spielt ein gefühlvolles Solo. Er schaut
       nicht in die Menge, sein Blick liegt auf seiner Gitarre oder dem Boden, er
       weiß, dass die Musik für sich spricht.
       
       Måneskins Art zu Rocken erinnert an die 1970er und 80er Jahre. Den Sound
       und ihr Auftreten, outfittechnisch wie performend, kennt man darum. Alles
       scheint nicht ganz neu – ist es aber doch.
       
       Denn die Gruppe ist jung, die meisten Rockmusiker:innen, an denen sie
       sich orientieren, sind in einem anderen Jahrtausend geboren als sie. Es
       könnte an ihnen liegen, Vorbild für andere junge Musikschaffende zu sein,
       bis wieder eine Welle an Rockbands Einzug hält. Nach einer Phase von zu
       viel Popmusik, Autotune und HipHop wäre das erfrischend.
       
       ## Vorbild für junge Rockbands
       
       Was Måneskin zudem auszeichnet ist, dass ihre sexuelle Orientierung und ihr
       Geschlecht so unklar wie unwichtig sind. Victoria de Angelis ist nicht
       „einer von den Jungs“ oder „die Frau in der Band“, sondern alle sind auf
       eine angenehme Art gleichberechtigte Mitglieder von Måneskin.
       
       Das ermutigt weibliche, nonbinäre und von der Norm abweichende
       Musiker:innen und Fans, die sonst wenig Einladungen in die
       männerdominierte Rockmusikszene erhalten.
       
       Ermutigend ist auch das Publikum. Die Leute kommen vor allem wegen der
       Musik, egal ob mit Glitzer-Make-up und Lederklamotten oder nicht. Und dass
       das okay ist, alle zusammen die Band und ihre verschwimmenden
       Geschlechtergrenzen feiern, ist das Gute an Rockmusik im Jahr 2023.
       
       11 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
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