# taz.de -- Angriffe gegen Serie „The Last of Us“: Nicht nur Action
       
       > Die HBO-Produktion „The Last of Us“ ist eine der Serien der Stunde. Doch
       > auf Onlineplattformen macht ein homophober Mob gegen zwei Folgen
       > Stimmung.
       
 (IMG) Bild: Ellie und Joel streifen in „The Last of Us“ durch die von einer Pilzepidemie heimgesuchten USA
       
       Bloß nicht noch eine Zombie-Serie! Das dürften sich viele
       Serien-Enthusiast*innen gedacht haben, [1][als HBO mit „The Last of Us“
       sein nächstes Prestigeprojekt an den Start] brachte. Allerdings nur solche,
       die sich vorab nicht mit der Videospielreihe auseinandergesetzt haben, die
       hier unter der Leitung von Craig Mazin („Chernobyl“) und Entwickler Neil
       Druckmann adaptiert wird. Denn die Handlung interessiert sich in erster
       Linie nicht für den repetitiven Kampf gegen die durch eine Pilzinfektion
       mutierten Kreaturen.
       
       Natürlich gibt es diese Action auch in „The Last of Us“. Die
       Rahmenerzählung folgt den Protagonisten Joel (Pedro Pascal) und der gegen
       die Infektion immunen 14-jährigen Ellie (Bella Ramsey) dabei, wie sie durch
       die USA streifen. Das Land ist längst in unterschiedlich organisierte
       Kolonien zerfallen.
       
       Doch das Hauptaugenmerk des Stoffes richtet sich seit jeher auf das
       Erzählen von sozialen Beziehungen. Damit setzte schon das Spiel im
       Gaming-Bereich neue Maßstäbe. Mit psychologischem Tiefgang imaginieren
       sowohl die Videospiele als auch die vorlagentreue Serie, was es heißt, sich
       in einem neuen, postapokalyptischen Normal einrichten zu müssen.
       
       Diese Mischung aus Survival-Horror und zwischenmenschlichen Betrachtungen
       sorgt für den enormen Erfolg der Serie. Wie schon der HBO-Megahit „Game of
       Thrones“ spricht sie ganz unterschiedliche Zielgruppen durch die Mischung
       aus spektakulär inszenierten Schauwerten und narrativer Raffinesse an.
       
       ## Reviewbombing bei der dritten Episode
       
       Doch einzelne Folgen der neunteiligen Serie erfahren vor allem online
       Kritik. Das liegt wohl auch daran, dass sich ein Teil des Publikums in
       erster Linie für Zombie-Action und den im klassischen Sinne
       maskulin-heldenhaften Joel interessiert. Folgen, die sich nicht nur
       Emotionalerem im Allgemeinen, sondern homosexuellem Begehren im Besonderen
       zuwenden, kommen bei ihnen dementsprechend schlecht an.
       
       Die dritte Episode von „The Last of Us“ erfuhr aus diesem Grund ein
       Reviewbombing. Das heißt: eine gezielte Negativwertung auf Medienportalen.
       „Liebe mich, wie ich es will“ funktioniert, als Retrospektive ins Jahr 2003
       und dadurch als alleinstehende Erzählung. Bei Ausbruch der Pandemie sind
       dem eigenbrötlerischen Bill (Nick Offerman) seine Prepper-Fähigkeiten
       endlich von Nutzen.
       
       Er ist ein Waffennarr und glaubt an Verschwörungserzählungen. Akribisch
       errichtet er eine durch Stacheldraht, Selbstschussanlage und Fallgruben
       geschützte Selbstversorgerhochburg. Eines Tages entdeckt er in einer Grube
       einen Fremden: Frank (Murray Bartlett). Sachte lässt „The Last of Us“ nach
       und nach hinter Bills abschreckende Fassade blicken – und enttarnt die
       Abgeklärtheit als Konsequenz seiner lebenslangen Einsamkeit. Durch Franks
       Zuneigung wird sie schließlich aufgebrochen.
       
       Die sensible Inszenierung dieser Jahrzente umspannenden Liebesgeschichte
       zwischen den beiden Männern wurde von der Fachkritik in höchsten Tönen
       gelobt und sogar als womöglich schönste Serienerzählung über queere Liebe
       bezeichnet.
       
       ## Vorwurf von „Ideologie“ und „Agenda“
       
       Dennoch fällt die User-Bewertung der Folge auf „Metacritic“ mit nur 5,2 von
       zehn möglichen Punkten auffallend gering aus. Bei der Online-Filmdatenbank
       „IMDb“ hat über ein Viertel der Nutzer*innen nur einen von zehn
       möglichen Sternen vergeben. In den Kommentaren ist wiederholt von
       „Ideologie“ und „Agenda“ die Rede. Andere werden in ihrer Wut darüber,
       nicht nur Action-Szenen, sondern auch einer homosexuellen Liebesgeschichte
       „ausgesetzt“ worden zu sein, noch wesentlich ausfälliger.
       
       Wie verbreitet die geringe Bereitschaft dazu ist, sich selbst an einer
       meisterlich erzählten Romanze zu erfreuen, sobald sie sich um ein
       nicht-heterosexuelles Paar dreht, verdeutlicht das Beispiel des
       Filmemachers Paul Schrader noch besser als der anonyme Internet-Mob. Das
       „New Hollywood“-Urgestein bezeichnet sie abfällig als „superschmalziges
       Gay-Bro-Euthanasie-Melodram“.
       
       Als Autor von ikonischen Filmen wie „Taxi Driver“, aber auch in Werken wie
       „First Reformed“ und „The Card Counter“ kommt er immer wieder auf denselben
       männlichen Figurentypus zurück: Seine Protagonisten stürzen sich, überzeugt
       von der Schlechtheit der Welt, in Einsamkeit, werden darin allmählich
       verrückt – und schöpfen neuen Lebensmut, sobald sich die Hoffnung auf
       Verbundenheit auftut.
       
       Genauso funktioniert auch Bills Geschichte. Es ist erstaunlich, dass
       Schrader die Parallelen zu seinem eigenen künstlerischen Schaffen nicht
       erkennt. Man fragt sich: Wäre Schraders Blick ein anderer, wenn es keine
       gleichgeschlechtliche Liebe ist, die zur Erlösung aus der Isolation führt?
       
       ## Leidiges Muster
       
       Ob in der Causa Schrader oder bei besagtem Reviewbombing: Ein Gros der
       Kommentierenden führt die Ablehnung nicht offen auf ein homophobes
       Sentiment zurück. Doch die Tatsache, dass sich das Prozedere bei der
       siebten Episode erneut wiederholte, [2][legt nahe, dass sehr wohl
       Queerfeindlichkeit dahintersteckt].
       
       In „Zurückgelassen“ wird, ebenfalls in einer Rückschau, von Ellies erster
       Verliebtheit in ihre beste Freundin Riley (Storm Reid) erzählt. Mit einer
       ganz ähnlichen Metacritic-Wertung fällt auch diese Episode gegenüber einer
       insgesamt exzellent bewerteten Staffel ab.
       
       So leidig dieses Muster ist, ist Mitleid doch angebrachter als Aufregung:
       Wer auf das Zärtliche nur mit Hass zu reagieren weiß, dürfte sich allgemein
       schwer damit tun, das wahrlich Schöne im Leben zu sehen. Und außerdem ist
       die zweite Staffel von „The Last of Us“ ohnehin schon bestätigt. Wer mit
       dem Inhalt der Videospielreihe vertraut ist, weiß, dass sie den
       Engstirnigen und Ewiggestrigen noch viel mehr „abverlangen“ wird.
       
       6 Mar 2023
       
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