# taz.de -- Berlins Politik nach Silvester: Polizei sucht nach Tätern
       
       > Die Polizei wertet Videomaterial aus, Innensenatorin Spranger will
       > Bodycams. Im Innenausschuss befasst sich mit Silvester – und den
       > Rassismus der CDU.
       
 (IMG) Bild: Ausgebrannter Bus in Neukölln
       
       Berlin taz | Die Ermittlungen nach den [1][Angriffen auf Polizist:innen
       und Rettungskräfte in der Silvesternacht] laufen „mit Hochdruck“. Das sagte
       Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Montag bei einer Sitzung des
       Innenausschusses, bei der sie den Einsatz mit insgesamt etwa 3.000 Beamten
       verteidigte. Die Gewalt, registriert wurden 49 Angriffe auf Polizei und
       Rettungskräfte, sei „nicht erwartbar“ gewesen.
       
       Konzentriert werde sich derzeit auf die „Auswertung des umfangreichen
       Videomaterials“ aus eigenen Aufnahmen, Social Media und 100 Datenpakten mit
       Fotos und Videos, die der Polizei über ein Hinweisportal von
       Bürger:innen zugespielt wurden. Auch gelöschte Videos, in denen mit den
       Taten geprahlt wurden, hinterließen für die Polizei Spuren, so Slowik. Ein
       Tatverdächtiger sei so bereits ermittelt worden. Eingesetzt würden
       sogenannten Super-Recognizer mit besonderen Fähigkeiten Gesichter
       wiederzuerkennen.
       
       22 Verfahren mit zehn Tatverdächtigen seien bislang an die
       Staatsanwaltschaft abgegeben worden, die eine mit Großlagen und
       Fußballgewalt erfahrene Schwerpunktabteilung zur schnellen Bearbeitung der
       Verfahren eingesetzt hat. Insgesamt waren in der Silvesternacht 145
       Personen vorübergehend festgenommen worden.
       
       An der Tatsache, dass sich darunter etwa ein Drittel deutsche
       Staatsbürger:innen, aber auch Menschen mit 17 anderen Nationalitäten
       befunden haben, war eine [2][rassistische Debatte entbrannt]. In einem
       vergangene Woche eingereichten Fragenkatalog wollte die CDU die Vornamen
       der deutschen Tatverdächtigen wissen. Parteichef Kai Wegner verteidigte
       dies in einem am Montag erschienenen Interview mit der Welt mit dem
       Ansinnen „den Täterkreis genau zu kennen“; auch seine Kollegen im
       Innenausschuss distanzierten sich nicht.
       
       Dabei ist inzwischen klar: Nur 38 der Festnahmen stehen im Zusamenhang mit
       Angriffen auf Polizei oder Feuerwehr. Zwei Drittel jener vermeintlichen
       Täter:innen sind Deutsche, die Mehrheit unter 21 Jahren. Wie alle
       Redner:innen der Koalitionsfraktionen kritisierte der
       Grünen-Innenpolitiker Vasili Franco das Ansinnen der CDU. Er sagte: Eine
       Debatte über Vornahmen „ist diesem Ausschuss nicht würdig“. Der Linke Ferat
       Kocak benannte eine Kundgebung der Nazi-Kleinstpartei 3. Weg am Montag auf
       der Sonnenallee als „Folge der rassistischen ‚Integrationsdebatte‘ der
       sogenannten bürgerlichen Parteien“.
       
       ## Schnellverfahren nicht immer möglich
       
       Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) stellte sich auf Anfrage der taz gegen
       die pauschale Forderung, die Täter:innen möglichst schnell abzuurteilen
       und dafür das vereinfachte Jugendstrafverfahren nach dem Neuköllner Modell
       zur Anwendung zu bringen: „Bei schweren Straftaten, mit denen wir es wohl
       bei den Silvester-Ausschreitungen zum Teil zu tun haben, braucht es
       umfangreiche Ermittlungen. Deshalb ist ein beschleunigtes Verfahren, bei
       dem eine Jugendstrafe droht, also eine Freiheitsstrafe für Jugendliche und
       Heranwachsende, nicht möglich.“ Gleichwohl sei es „aus erzieherischen
       Gründen sehr sinnvoll, wenn eine strafrechtliche Entscheidung
       schnellstmöglich auf die Tat erfolgt“.
       
       Im Innenausschuss präsentierte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) ihre
       Ideen für Konsequenzen aus den Vorfällen, denn: „Ich benenne nicht nur
       Probleme, ich benenne auch Lösungsansätze“. Spranger lobte zudem ihren
       Einsatz für die Polizei vom ersten Tag ihrer Amtszeit an und ihre
       Verlässlichkeit. [3][Aufrüsten möchte sie die Polizei nun mit Bodycams], so
       wie es sich ein von ihr besuchter Abschnitt der Polizei im Wedding
       gewünscht habe. Statt 300 Kameras zu Testzwecken will sie möglichst schnell
       4.000 Stück anschaffen. „Gegen Sachverstand habe ich nichts“, so Spranger,
       die damit einer verabredeten Evaluierung vorgreifen will. Bei ihren
       Koalitionspartnern Linke und Grüne stieß Spranger mit ihrer Idee auf
       Ablehnung.
       
       Weniger kontrovers in der Koalition ist hingegen der Wunsch das Waffenrecht
       zu verschärfen und den Erwerb von Schreckschusswaffen und Munition an einen
       kleinen Waffenschein zu koppeln. Diesem Wunsch hat sich auch
       Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) angeschlossen. Denkbar sei laut
       Spranger eine Flexibilisierung des Sprengstoffrechts für die Bundesländer.
       
       9 Jan 2023
       
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