# taz.de -- Eierpunsch auf dem Weihnachtsmarkt: Warm, scharf und süß
       
       > So ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt ist nur mit einem Eierpunsch zu
       > überstehen. Der topt Glühwein, Grog und all die anderen heißen Getränke.
       
 (IMG) Bild: Nach drei Schluck sitzt der Eierpunsch in den Beinen. Beim zweiten Glas versagt die Sprache…
       
       Das mit den saukalten Tagen hat sich in diesem Jahr glücklicherweise ein
       wenig hingezogen. Dieser lauwarme, goldene Oktober war ein Geschenk – ja
       ja, ich weiß, schlecht fürs Klima, aber, seien wir ehrlich, fantastisch
       fürs Gemüt. Aber nun sind sie da, diese grausame Kälte und der fiese
       Nordwind. Man biegt – sowieso schon bibbernd – um eine Ecke und schon
       drückt einen der gefühlte Hurrikan förmlich in die Häuserfront. Ich leide –
       ja ja, ich weiß, auf hohem Niveau – aber trotzdem heftig. Bei Temperaturen
       unter 10 Grad friere ich, egal, was ich anziehe. Meinetwegen geht es auch
       ohne Winter, komplett.
       
       Der einzige Trost, den ich als solches anerkenne, ist [1][Eierpunsch]. Ach,
       ich seh sie schon, Ihre Reaktionen, kenn ich nämlich schon aus meinem
       Freundeskreis. Sie kreischen dann so was wie: Iiiiiiihhh, Eierpunsch! Oder:
       Eierpunsch, wat isn dit? Oder: Zu süß, zu klebrig, zu fettig.
       
       Schon klar, die meisten Menschen bevorzugen im Winter, vor allem auf dem
       [2][Weihnachtsmarkt, Glühwein.] In allen Varianten: als erhitzten Rotwein
       mit fertig gemixtem Glühweingewürz (zu Hause eins fix drei selbstgemacht),
       aufgepeppt mit Zimstangen, Orangenscheiben, Nelken, Sternanis (für die
       Profis), mit Cognac oder Wodka, Rosinen und Kardamom (in der nordischen
       Variantion, bekannt als Glögg). Und dann gibt es auch noch all die
       Spielereien mit Heidelbeer-, Erdbeer-, Kirsch- oder Johannisbeersaft. Damit
       es nicht gleich so knallt.
       
       Wem auch das noch zu süß und zu gematscht ist, setzt von vornherein auf
       Grog: Schnaps und heißes Wasser. Unverfälscht, aber langweilig.
       
       ## Nach drei Schluck sitzt der Eierpunsch in den Beinen
       
       Hingegen so ein Eierpunsch! Nach längerer Zeit draußen (geht ja nicht ganz
       ohne frische Luft und ein paar Lichtstrahlen am Tag, egal, wie kalt es
       ist), durchgefroren und gierig nach einem Heißgetränk, spült der Eierpunsch
       nicht nur Wärme in den ausgekühlten Körper, sondern jede Menge
       [3][Glückshormone.] Denn so ein Eierpunsch besteht aus Eierlikör, Weißwein,
       Orangensaft, viel Sahne und einer Prise Zimt obendrauf. Das ist warm, das
       ist scharf, das ist süß. Das ist einfach perfekt.
       
       Nach drei Schluck sitzt der Eierpunsch in den Beinen. Beim zweiten Glas
       versagt die Sprache, beim dritten will man nur noch ins Bett. Das sage ich
       dann auch, gern auch laut, es ist die einzige Art, den vom (erwachsenen)
       Kind aufgezwungenen Besuch auf dem Weihnachtsmarkt zu überstehen und zu
       beenden.
       
       Zumal es schon beim zweiten Glas wieder ungemütlich wird. Nee nee, nicht
       wegen des Strudels im Kopf, sondern wegen dieser Scheiß Kälte. Man kennt
       das ja: Der erste Eierpunsch – meinetwegen auch der erste Grog oder der
       erste Glühwein – erhitzt Gemüt und Körper. Während das Gemüt nachhaltig
       triumphiert, rutscht der Körper nach kurzem Erglühen allerdings in einen
       eisigen Schockzustand.
       
       Aus ganz banalem Grund: Alkohol erweitert die Blutgefäße, dadurch fließt
       mehr Blut durch den Körper. Das sorgt kurzzeitig für ein Wärmegefühl. Doch
       dann gibt der Körper die Wärme an die Außenwelt ab, die Körpertemperatur
       sinkt. Gleichzeitig zieht der Körper die Wärme, die er braucht, um voll
       funktionstüchtig zu sein, von den inneren Organen ab. Das Ergebnis: [4][Man
       friert. Fürchterlich. Ich jedenfalls.]
       
       ## Was also tun?
       
       Ärzt:innen, Gesundheitsfanatiker:innen und all jene, deren Aura
       durch Selbstoptimierung sichtbar über ihnen schwebt, raten dazu, [5][auf
       Alkohol in der Kälte zu verzichten] – und stattdessen eine Thermoskanne mit
       heißem Tee und Zitrone bei sich zu tragen. Zur Abwechslung darf es auch
       Ingwer mit Honig sein.
       
       Nichts gegen heißes Ingwerwasser, trinke ich auch sehr gern. Aber fast
       nichts ist so unsexy wie ein Winterausflug, den man mit einer Thermoskanne
       absichert! Von einem Mann, der mich nach einen Spaziergang um den See
       fragt, ob ich mit ihm seinen Zitrone-Ingwer-Tee aus der Thermoskanne teilen
       möchte, würde ich mich sofort trennen.
       
       Dabei ist es doch ganz einfach. Eierpunsch, Grog, Glühwein einfach im
       Warmen trinken. Und für Ingwertee braucht man auch keinen Winter, der geht
       das ganze Jahr über.
       
       28 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Simone Schmollack
       
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