# taz.de -- CO2-Rekordwert bei Katar-WM: Das Märchen der klimaneutralen WM
       
       > Katar und die Fifa geben an, die bei dem Turnier entstandenen
       > Treibhausgase zu kompensieren. Unklar ist jedoch, wie sinnvoll das ist.
       
 (IMG) Bild: Wie grün kann dieser Neubau sein: Das Khalifa International Stadium westlich von Doha
       
       Berlin taz | Die diesjährige Fußballweltmeisterschaft der Männer verursacht
       nach offiziellen Angaben mehr Kohlenstoffdioxid als jede andere zuvor. Das
       zeigen Berechnungen, die der Weltfußballverband Fifa selbst in Auftrag
       gegeben hat. Trotzdem behaupten das Gastgeberland Katar und die Fifa, das
       Turnier sei klimaneutral. Nach Angaben der Veranstalter werden alle
       verursachten Emissionen durch den Kauf von Klimazertifikaten kompensiert.
       Doch dieses Vorgehen zog unlängst den Vorwurf des Greenwashings nach sich –
       zuletzt von der Deutschen Umwelthilfe, die das Vorgehen am Donnerstag als
       „dreiste Lüge“ bezeichnete.
       
       Die Kritik der Umweltverbände zielt auf mehrere Ebenen: Gibt es ernsthafte
       Bemühungen, die Auswirkungen der WM auf das Klima zu minimieren? Sind die
       Berechnungen der verursachten CO2-Emissionen korrekt? Und stammen die
       Zertifikate, die Katar und die Fifa erwerben wollen, von seriösen Anbietern
       und führen diese wirklich zu einer Reduktion von Emissionen?
       
       Für die WM in Katar wurden sieben neue Fußballstadien gebaut. Während der
       Spiele werden die Felder und die Tribünen klimatisiert. Mehr als eine
       Millionen Fans fliegen in das Land ein. Und weil nicht alle in Katar
       untergebracht werden können, gibt es Shuttle-Flüge in die Nachbarländer.
       
       Die globale Beratungsfirma South Pole hat die Emissionen im Auftrag der
       Veranstalter berechnet: 3,6 Megatonnen CO2 verursache die WM. Das sind 60
       Prozent mehr als bei der letzten WM in Russland.
       
       ## Wer zertifiziert da?
       
       Die Nichtregierungsorganisation Carbon Market Watch hat die Berechnungen
       analysiert und kommt zum Schluss, dass die Zahl zu niedrig ist,
       insbesondere der sehr CO2-intensive Bau der Stadien sei nur zu einem
       kleinen Teil berücksichtigt. South Pole nennt keine Details zu seinen
       Berechnungen und erklärte auf Anfrage der taz: „Die endgültige Entscheidung
       über die Einbeziehung oder den Ausschluss bestimmter Faktoren und
       Emissionsquellen wurde von der Fifa getroffen.“ Eine Anfrage dazu ließ die
       Fifa bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
       
       Unabhängig davon, wie viel CO2 kompensiert wird, spielt es eine Rolle, wie
       kompensiert wird. Es gibt international anerkannte Anbieter von
       CO2-Zertifikaten, und es gibt Qualitätskriterien. „Es handelt sich um einen
       freiwilligen, weitgehend unregulierten Markt. Entsprechend stark variiert
       die Qualität der Zertifikate“, sagt Joachim Thaler, wissenschaftlicher
       Mitarbeiter an der Universität für Bodenkultur in Wien, der taz.
       
       Für die „klimaneutrale“ WM hat Katar 2016 eine eigene Organisation, den
       Global Carbon Council (GCC), gegründet. Dieser agiert unabhängig von
       anerkannten Kontrollmechanismen. Die meisten Klimaschutzprojekte des GCC
       sind Wind- und Solarenergieprojekte in Indien, China und der Türkei. Dies
       ist umstritten, weil sie ein wichtiges Kriterium für die Zertifikate
       möglicherweise nicht erfüllen. Das Umweltbundesamt schreibt: „Projekte zur
       Minderung von Treibhausgasen müssen sicherstellen, dass die Reduktion von
       Emissionen zusätzlich ist.“ Solar- und Windprojekte sind mittlerweile in
       den meisten Fällen wirtschaftlich rentabel und würden auch ohne den Verkauf
       von CO2-Zertifikaten realisiert.
       
       Der Geschäftsführer von South Pole, Renat Heuberger, sagte zur taz: „Wir
       haben die Wahl der Zertifikate selber bedauert. Ich hätte andere gewählt.
       Zertifikate aus Grünstromprojekten führen heute kaum mehr zu einer
       zusätzlichen Reduktion von Treibhausgasemissionen. Es gäbe bessere
       Zertifikate, die sind jedoch teurer.“
       
       25 Nov 2022
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Clara Vuillemin
       
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