# taz.de -- Scholz, Kahrs und der Cum-Ex-Skandal: Schuldig bei Verdacht?
       
       > Wie tief steckt Olaf Scholz in der Hamburger Cum-Ex-Affäre? Geraunt wird
       > viel, doch die Unschuldsvermutung gilt auch für den Kanzler.
       
 (IMG) Bild: Erinnerungslücken, berechtigte Fragen abgewehrt: Er hat Anteil daran, dass die Gerüchteküche kocht
       
       Was ist neu in der Affäre um Olaf Scholz und die [1][Cum-Ex-Geschäfte] der
       Warburg-Bank? In einem Schließfach des früheren SPD-Politikers [2][Johannes
       Kahrs] wurden mehr als 200.000 Euro Bargeld gefunden. Die
       Staatsanwaltschaft hat das Geld nicht beschlagnahmt. Es kann aus illegalen
       Quellen stammen – aber das ist nur eine Vermutung. Dass es etwas mit dem
       Cum-Ex-Deal der Warburg-Bank zu tun hat, ist ebenfalls eine Vermutung. Die
       dritte Spekulation ist, dass Olaf Scholz etwas mit diesem Geld zu tun haben
       könnte. Der frühere Linkspartei-Politiker Fabio De Masi behauptet trotzdem:
       „Dieses Schließfach ist Sprengstoff für den Bundeskanzler.“ Hier sitzt
       nicht nur die Metapher schief.
       
       In der Affäre um [3][Scholz] und die Cum-Ex-Geschäfte der Warburg-Bank wird
       derzeit viel nahegelegt und insinuiert. Das verhüllt, dass es derzeit
       nichts grundstürzend Neues gibt, das Scholz zusätzlich belastet. Die Kölner
       Staatsanwaltschaft vermutet, dass in der Hamburger Finanzbehörde Mails
       gelöscht wurden. Das muss dringend aufgeklärt werden – betrifft aber erst
       mal die Behörde und nicht Scholz. So wird viel geraunt und gemutmaßt. Geht
       es hier um Sensationsgier oder um Aufklärung?
       
       Tatsache ist: Scholz war als Erster Bürgermeister politisch dafür
       verantwortlich, dass in Hamburg einer Bank erlaubt wurde, geraubtes Geld
       behalten zu dürfen. Das war ein gravierendes politisches Versagen. Aber das
       ist nicht Gegenstand der Spekulationen, die derzeit ins Kraut schießen.
       
       Fakt ist zudem: Scholz hat 2016 den Warburg-Banker Christian Olearius
       getroffen. Kurz danach verzichtete die Hamburger Finanzbehörde auf die
       Rückzahlung von 47 Millionen Euro aus den kriminellen Cum-Ex-Geschäften.
       Man muss kein Anhänger von Verschwörungstheorien sein, um zu fragen, ob es
       zwischen diesen beiden Ereignissen einen Zusammenhang gab. Aber: Dies ist
       bisher nur eine Vermutung. Die entscheidende Frage lautet, ob Scholz der
       Finanzbehörde nahegelegt hat, auf die Millionen zu verzichten. Der Kanzler
       bestreitet das vehement. Einen Beweis, dass er lügt, gibt es nicht.
       
       Nun ist Scholz nicht das Opfer einer medialen Kampagne. Er hat selbst
       gehörigen Anteil daran, dass die Gerüchteküche überkocht. Scholz hat lange
       hartnäckig alle berechtigten Fragen abgewehrt. Dass er sich an die Treffen
       mit dem Warburg-Banker nicht erinnern konnte, hat seine Glaubwürdigkeit
       erschüttert. Es wäre erfreulich, würde er am Freitag im
       Untersuchungsausschuss in Hamburg endlich weniger schmallippig auftreten.
       
       Trotzdem: Schuldig bei Verdacht ist keine brauchbare Haltung. Auch nicht,
       wenn es um die mögliche Verquickung von Macht und Geld geht. Die
       Unschuldsvermutung gilt für alle. Auch für den Kanzler.
       
       13 Aug 2022
       
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