# taz.de -- Koalitionen in Schwerin und Berlin: Kleine linke Renaissance
       
       > Für die Linkspartei ist die Aussicht auf eine zweifache
       > Regierungsbeteiligung ein gutes Zeichen. Eine Lebensversicherung ist es
       > nicht.
       
 (IMG) Bild: Schwesig will lieber mit den Linken
       
       In [1][Schwerin] wollen SPD und Linkspartei zusammen regieren, in Berlin
       deutet sich die Fortsetzung von Rot-Grün-Rot an. Nach dem Desaster bei der
       Bundestagswahl ist das für die Linkspartei ein Hoffnungsschimmer: Sie wird
       doch noch gebraucht. Was die Inhalte angeht, sind Rot-Rot im Norden und
       Rot-Grün-Rot in der Hauptstadt ja naheliegend. Die Bundestagswahl hat einen
       leichten, aber unverkennbaren Schwenk nach links gezeigt. Angesichts
       explodierender Mieten und drastischer Veränderungen durch Digitales sowie
       den klimaneutralen Umbau der Industrie stehen soziale Sicherheit und
       Gerechtigkeit hoch im Kurs. Mitte-Links-Regierungen passen da gut ins Bild.
       
       Auf die Landespolitik übertragen bedeutet das: Rot-Rot will in Schwerin,
       dass öffentliche Aufträge nur an Firmen gehen, die Tariflöhne zahlen und
       nachhaltig produzieren. Das klingt kleinteilig. Aber es ist von Belang in
       einem Bundesland, in dem der Durchschnittsverdienst ein Drittel niedriger
       ist als in Hessen. Auch dass Rot-Rot auf dem Land keine Krankenhäuser
       schließen und mehr Rufbusse fahren lassen will, mag nicht als großer Wurf
       erscheinen. Aber es ist der Versuch, die Kluft zwischen Stadt und Land
       nicht noch größer werden zu lassen. Was unspektakulär klingt, ist doch
       eminent politisch und zentral für demokratische Politik.
       
       In Berlin ist es komplizierter. Die SPD-Rechte [2][Franziska Giffey] wollte
       mit Grünen und FDP regieren, am liebsten wohl mit CDU und FDP. Damit ist
       sie an ihrer eigenen Partei und an den Grünen gescheitert. Jetzt stehen die
       Signale auf [3][Rot-Grün-Rot]. Auch damit kommt inhaltlich zusammen, was
       zusammen gehört – jedenfalls bei den zentralen Themen Mieten, Wohnungsbau,
       Verkehr und Finanzen. Die Stadt tickt, wie der Volksentscheid zur
       Enteignung von Wohnungskonzernen gezeigt hat, eher links und egalitär. Wie
       das zu einer Regierung mit der FDP hätte passen sollen, die beim Wohnen auf
       Markt pur setzt und bei Finanzen auf strikte Schuldenbremse, ist Giffeys
       Geheimnis.
       
       Also alles gut? Für die Linkspartei ist die Aussicht auf doppelte
       Regierungsbeteiligung erst mal ein gutes Zeichen: Wir leben noch. Eine
       Lebensversicherung ist es nicht. In Schwerin ist die Partei nicht mehr als
       der Sidekick von Manuela Schwesig. Die will Rot-Rot, weil die Linkspartei
       pflegeleichter ist als die etwas wirre CDU im Norden. In Berlin waren der
       Linke Klaus Lederer & Co bisher die treibende Kraft in der Regierung. Das
       wird nicht so bleiben. Die Linkspartei ist nur noch Drittstärkste. Und
       Giffey scheint ihr das Schwarze unter dem Fingernagel nicht zu gönnen.
       Zweimal regieren heißt für die Linkspartei nüchtern betrachtet: zweimal die
       weniger schlechte von zwei schlechten Möglichkeiten zu haben.
       
       Einen Vorteil haben Lederer und GenossInnen immerhin: Sie sind
       selbstbewusster als früher, als sie sich von Klaus Wowereit und seiner SPD
       alles gefallen ließen. Falls Giffey den Volksentscheid zum Wohnen auf den
       Müll befördern will, muss die Linkspartei die Grenze ihrer Selbstachtung
       markieren.
       
       14 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Regierungsbildung-in-MeckPomm/!5808010
 (DIR) [2] /Moegliche-Koalitionen-in-Berlin/!5804105
 (DIR) [3] /Sondierungen-in-Berlin/!5808075
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
 (DIR) Manuela Schwesig
 (DIR) Franziska Giffey
 (DIR) Die Linke
 (DIR) GNS
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
 (DIR) Wahlkampf
 (DIR) Die Linke
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
 (DIR) Schwerpunkt Wahlen in Berlin
 (DIR) Die Linke
 (DIR) Janine Wissler
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Koalitionsverhandlungen in Berlin: Ist es Liebe?
       
       Nicht nur im Bund muss sich eine Koalition finden, sondern auch in Berlin.
       Da setzt man bei der Partnerwahl wieder mal auf Rot-Grün-Rot.
       
 (DIR) Rot-Rot in Mecklenburg-Vorpommern: Beunruhigend unklar
       
       Das neue Bündnis ist für SPD und Linke eine Win-win-Situation. Allerdings
       enthält der Koalitionsvertrag einige Leerstellen in wichtigen Punkten.
       
 (DIR) Koalition von SPD und Linkspartei: Einigung in Mecklenburg-Vorpommern
       
       SPD und Linke in Mecklenburg-Vorpommern haben ihren Koalitionsvertrag
       ausgehandelt. Nun müssen nur noch die Posten verteilt werden.
       
 (DIR) Nachrichten zur Regierungsbildung: FDP für Ampel-Verhandlungen
       
       Nach SPD und Grünen geben auch die Liberalen grünes Licht für
       Koalitionsverhandlungen. Ein möglicher Streitpunkt: Die FDP will keine
       Frauenquote im Kabinett.
       
 (DIR) Berlin bekommt wohl Rot-Grün-Rot: Die Ampel fällt aus
       
       SPD entscheidet sich für abschließende Sondierungsgespräche mit Grünen und
       Linken. Die Weichen stehen für ein linkes Regierungsbündnis.
       
 (DIR) Regierungsbildung in MeckPomm: SPD will mit der Linken koalieren
       
       Die Sozialdemokrat:innen wechseln den Koalitionspartner. Statt mit
       der CDU will die Partei mit der Linken über eine Zusammenarbeit in Schwerin
       verhandeln.
       
 (DIR) Nach Pleite bei Bundestagswahl: Linke ringt um Neuaufstellung
       
       Der Parteivorstand der Linken will bei der Entscheidung über die
       Fraktionsspitze mitmischen. Er befürchtet: Trotz Wahldebakel bleibt es, wie
       es ist.