# taz.de -- Erhöhung der Parteienfinanzierung: „Neuland“ vor Gericht
       
       > FDP, Linke, Grüne sowie die AfD klagten 2018 gegen die Ausweitung der
       > staatlichen Parteifinanzierung. Jetzt verhandelt das
       > Bundesverfassungsgericht.
       
 (IMG) Bild: Hier wird über die Parteienfinanzierung entschieden: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe
       
       Karlsruhe taz | War die ebenso großzügige wie hastige Erhöhung der
       Parteifinanzierung im Juni 2018 verfassungswidrig? Beschlossen wurde die
       Erhöhung [1][nur mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD]. Alle
       Oppositionsparteien haben damals dagegen geklagt. Seit Dienstag verhandelt
       nun das Bundesverfassungsgericht.
       
       Seit 1994 erhalten die Parteien keine „Wahlkampfkostenerstattung“ mehr,
       sondern eine „staatliche Teilfinanzierung“. Pro Euro Mitgliedsbeitrag oder
       Spende gibt der Staat 45 Cent dazu. Außerdem gibt es pro Wählerstimme 86
       Cent aus der Staatskasse (vorausgesetzt die Partei kommt über 0,5 Prozent
       der Stimmen bei Bundes- und Europawahlen oder 1,0 Prozent der Stimmen bei
       Landtagswahlen).
       
       Die Gesamtsumme für die Parteifinanzierung ist allerdings aufgrund einer
       Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) von 1992 gedeckelt.
       Maximal 165 Millionen durfte der Bund bis 2018 jährlich für die Parteien
       ausgeben. Die Summe wurde zwar an Preissteigerungen angepasst, eine
       richtige große Erhöhung gab es aber erst im Juni 2018. Um rund 15 Prozent
       sollte die Obergrenze auf 190 Mio Euro steigen. Es wurde damals vermutet,
       dass vor allem die SPD Interesse an der Erhöhung hatte, weil sie wegen
       schlechter Wahlergebnisse stark sparen musste.
       
       Gegen die Reform erhoben 216 Abgeordnete von FDP, Linken und Grünen eine
       gemeinsame Normenkontroll-Klage. Sie beriefen sich auf das alte
       BVerfG-Urteil von 1992. Danach ist die staatliche Parteifinanzierung auf
       das Unerlässliche beschränkt – also auf das, was die Parteien nicht selbst
       aufbringen können. Die Bürger:innen sollten nicht den Eindruck bekommen,
       die Parteien könnten sich aus dem Staatshaushalt einfach selbst bedienen;
       dies wäre schädlich für die Demokratie. Eine Erhöhung der Obergrenze, die
       über den Inflationsausgleich hinausgeht, sei nur möglich, so Karlsruhe im
       Jahr 1992, wenn sich die Verhältnisse „einschneidend“ ändern. Eine solche
       einschneidende Änderung der Verhältnisse konnten die
       Oppositionsabgeordneten 2018 freilich nicht erkennen.
       
       ## Das Internet ist schuld
       
       SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan begründete in Karlsruhe jetzt die Erhöhung
       mit der zunehmenden Digitalisierung der politischen Kommunikation. Die
       seriösen Parteien dürften die Kommunikation im Internet und den sozialen
       Netzwerken nicht den Populisten überlassen. „Wir müssen jetzt alles doppelt
       machen“, sagte Nietan. Schließlich müssten auch weiter klassische
       Veranstaltungen organisiert und Gespräche am Infostand geführt werden. So
       ähnlich [2][hatte die GroKo auch 2018 argumentiert.]
       
       Für die Oppositions-Kläger:innen kritisierte Rechtsprofessorin Sophie
       Schönberger die „dünne Argumentation“. Gerade weil die Parteien hier „in
       eigener Sache entscheiden“, wäre eine viel ausführlichere Begründung
       erforderlich gewesen.
       
       Die AfD wollte sich eigentlich der Normenkontrolle anschließen, doch FDP,
       Linke und Grüne lehnten dies ab. Deshalb erhob die AfD eine eigene Klage,
       in der sie das übereilte Gesetzgebungsverfahren rüffelte. Das Gesetz war
       binnen zehn Tagen durch den Bundestag geschleust worden. „Die AfD hatte
       weder Zeit, sich gründlich einzuarbeiten, noch die Öffentlichkeit zu
       mobilisieren“, sagte ihr Rechtsvertreter Ulrich Vosgerau. Dadurch seien
       Mitwirkungsrechte der Fraktion verletzt worden. Die Richter:innen
       zeigten sich jedoch skeptisch gegenüber dieser Klage, da der Bundestag alle
       Fristen der Geschäftsordnung eingehalten hatte.
       
       Mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist erst in einigen Monaten
       zu rechnen. Der federführende Richter Peter Müller sagte, manche Fragen
       seien „Neuland“ für das Gericht.
       
       12 Oct 2021
       
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 (DIR) Christian Rath
       
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