# taz.de -- Möglicher Ausgang der Bundestagswahl: Sozialdemokratische Zerreißprobe
       
       > Und wenn die SPD den Wahlsieg doch noch verstolpert? Dann dürften
       > Verteilungskämpfe um die Posten in der Opposition ausbrechen. Nur Scholz
       > ist gesetzt.
       
       Es war ein schöner Traum. Ein paar Wochen sah es danach aus, als ob die SPD
       ihre 15-jährige Krise überwunden, ihren Zerfall aufgehalten, das Kanzleramt
       gewonnen hätte. Eine Woche vor dem Wahltermin wendet sich der Trend jetzt
       aber. In verschiedenen Umfragen konnte die CDU in den letzten Tagen leicht
       zulegen, auch die persönlichen Werte Armin Laschets steigen. Das Momentum
       wird auf den letzten Metern zweifelnde Unionswähler mobilisieren. Dazu
       kommen Messungenauigkeiten der Demoskopen und [1][Olaf Scholz’ Scherereien
       mit der Justiz].
       
       Kurz: Signifikant mehr als 20 Prozent sind für die SPD unter diesen
       Rahmenbedingungen nicht drin. Sollte es am Ende nicht gerade noch so zu
       einer Neuauflage der Großen Koalition reichen, landen die Sozialdemokraten
       dort, wo sie sich vor ihrem Zwischenhoch im Spätsommer ohnehin schon
       gesehen hatten – in der Opposition.
       
       Mittelfristig, immerhin, bietet ihnen das die Chance zur Erneuerung.
       Kurzfristig aber, noch vor der gründlichen Fehleranalyse (zu frühe Kür des
       Kandidaten, Parteichefin im Keller versteckt, [2][Plakatfotos versehentlich
       mit Weitwinkel] geschossen), stehen die Sozialdemokraten vor einer
       innerlichen Zerreißprobe: Bei der Postenvergabe prallt die aufstrebende
       zweite Reihe auf das frisch freigestellte Regierungspersonal. Der Vorstand
       der Friedrich-Ebert-Stiftung ist noch auf über ein Jahr gewählt und
       scheidet als Versorgungsstation aus. Ohne Verteilungskämpfe wird die
       Neuaufstellung nicht vonstatten gehen.
       
       Gesetzt ist dabei nur einer: Die Fraktion lässt Olaf Scholz, der sie
       immerhin vor dem 10-Prozent-Grab bewahrt hat, nicht fallen. Ihm wird der
       Fraktionsvorsitz angetragen, den er – Hanseat, pflichtbewusst,
       Staatsräsonist – nicht ausschlagen kann. Rolf Mützenich könnte
       möglicherweise mit einem Platz im Bundestagspräsidium abgefunden werden.
       
       Dahinter wird es schwierig: Kevin Kühnert wäre zwar prädestiniert dafür,
       als Generalsekretär den Restart der Partei zu managen. Wohin aber mit Lars
       Klingbeil, der sich die Nachfolge des amtsmüden Norbert Walter-Borjans
       vorstellen könnte, bei der Mitgliederbefragung aber erst mal Hubertus Heil,
       Ralf Stegner und die Oberbürgermeisterin von Flensburg ausstechen muss?
       Heiko Maas könnte immerhin Botschafter im Vatikan werden, unklar ist aber,
       ob sich Niels Annen gegen Michael Roth als außenpolitischer Sprecher
       durchsetzt.
       
       Aus dem Hintergrund mäkelt Sigmar Gabriel. Irgendwer wechselt zu Gazprom.
       Im Fraktionsvorstand sitzen zu viele Niedersachsen. Ist noch irgendwo eine
       Frau aufzutreiben? Oh, ein Untersuchungsausschuss! Da könnte man Dennis
       Rohde parken. Hoffentlich nimmt Lanz den Lauterbach. Giffey geht zurück an
       die Uni. Wie lange ist Högl noch Wehrbeauftragte? Wer tritt in der
       Bundesversammlung gegen Özdemir an? Kommt Hilde Mattheis in die
       Grundwertekommission? Warum ist Opposition nur so scheiße?
       
       19 Sep 2021
       
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