# taz.de -- Auf dem Weg zur grünen Null: Einmal Crashkurs, einmal Kuscheln
       
       > Thinktanks fordern von der nächsten Regierung rasche und harte Schnitte
       > fürs Klimaziel. Die CDU will dafür einen „Turbo“, aber niemandem wehtun.
       
 (IMG) Bild: Die Thinktanks fordern auch mehr Solarzellen auf Deutschlands Dächern
       
       Berlin taz | Vier Wochen vor der Bundestagswahl ist völlig unsicher, wer
       demnächst das Land regiert – aber was diese Regierung tun muss, um ihre
       gesetzlich festgelegten Klimaziele zu erreichen, ist ziemlich klar:
       Schneller die erneuerbaren Energien ausbauen und raus aus der
       Kohleverstromung, den Verbrennungsmotoren und Ölheizungen; mehr Geld für
       Gebäudesanierungen und die E-Mobilität, eine andere Finanzierung der
       Energiewende, kurz: die „Anstregnungen zum Klimaschutz verdreifachen“.
       
       Das schlagen die Thinktanks Agora Energie- und Verkehrswende und die
       Stiftung Klimaneutraltität vor – aber irgendwie auch die CDU. Beide legten
       am Montag Konzepte vor, wie es nach der Wahl mit der Klimapolitik
       weitergehen soll.
       
       ## Klimaschutz verdreifachen – „egal, wer regiert“
       
       Die Thinktanks fordern sehr konkret und kurzfristig mit einem
       100-Tage-Crashkurs, das „größte Klimaschutzprogramm in der Geschichte
       Deutschlands, egal wer regiert“, wie es der Chef der Agora Energiewende
       Patrick Graichen formuliert. [1][An 22 Punkten haben die Stiftungen
       detailliert zusammengetragen,] an welchen Rädchen eine neue Regierung
       sofort nach dem Amtseid drehen sollte, damit Deutschland wenigstens in zwei
       oder drei Jahren die CO2-Reduktionen aus dem Klimaschutzgesetz einhalten
       kann.
       
       Das bedeutet: Dreimal soviel Kapazitäten wie bisher für Öko-Strom sollen
       ausgeschrieben und gebaut werden, Planungsverfahren für Anlagen und
       Leitungen reduziert werden. Die Kohleverstromung soll 2030 enden, der
       CO2-Preis im europäischen Emissionshandel einen Mindestpreis bekommen und
       der nationale CO2-Preis für Wärme und Sprit schneller steigen als bisher
       geplant, nämlich auf 60 Euro schon 2023.
       
       Dafür soll die EEG-Umlage gesenkt und später abgeschafft werden, die
       Regierung müsse unter anderem jährlich 30 Milliarden Euro für
       Klima-Investitionen in den Haushalt einstellen, eine große Offensive für
       Gebäudesanierung und neue Heizungen starten und dabei neue Öl- und
       Gasheizungen ab 2024 verbieten. Außerdem den Bundesverkehrswegeplan einem
       „Klimastresstest“ unterziehen und umweltfeindliche Subventionen streichen.
       
       Die 22 Punkte beziehen sich [2][auf ein ähnliches Papier mit „50
       Empfehlungen für die 20 Legislaturperiode“,] das die Thinktanks bereits im
       Juni vorgestellt hatten – und es ähnelt in weiten Teilen auch dem
       [3][„Klimaschutz-Sofortprogramm“, mit dem die Grünen in den Wahlkampf]
       ziehen.
       
       Nötig sind nach dem Papier von Agora/Stiftung Klimaneutralität auch
       staatliche Hilfen und Gesetze für den doppelt so großen Aufbau der
       Wasserstofftechnik und für Hilfen auf dem Weg zu Klimaneutralität, „weil
       der Industriestandort Deutschland wettbewerbsfähig bleiben soll“, so Rainer
       Baake, Chef der „Stiftung Klimaneutralität“.
       
       Die Vorschläge benennen konkret, welche Gesetze und Verordnungen wie
       angepasst werden müssten, um schnell Maßnahmen Richtung Klimaneutralität
       auf den Weg zu bringen. Sein Kollege Graichen betonte, dass diese Planungen
       nur konkretisieren würden, was das Klimaschutzgesetz der jetzigen Regierung
       vorschreibe: „Das sind hier keine NGO-Forderungen. Das ist die große
       Koalition ernstgenommen.“
       
       ## Den CDU-Ideen fehlen konkrete Daten
       
       Deren wichtigster Vertreter hatte am Montag ebenfalls Klima-Tag. Nach viel
       Kritik an seiner Klima- und Umweltpolitik stellte CDU-Kanzlerkandidat Armin
       Laschet mit einem dreiköpfigen Team [4][15 Vorschläge vor, um einen „Turbo
       für die Erneuerbaren“ zu zünden.] Die Ideen decken sich teilweise mit den
       Forderungen der drei Thinktanks, sind aber grundsätzlich vorsichtiger und
       weniger detailliert.
       
       Immerhin fordert auch die Union einen Zubau von 10 Gigawatt jährlich an
       Stromerzeugung aus der Sonne, sie will auf alle Dächern Solaranlagen
       ermöglichen und mit zinslosen Krediten fördern – wo die Thinktanks eine
       Solarpflicht für Neubauen und Gewerbe fordern. Auch wollen jeweils Union
       und Thinktanks mindestens zwei Prozent der Landesfläche für Windkraft
       reservieren und beide die EEG-Umlage abschaffen und den Strompreis senken.
       Viele Vorschläge und Vorstöße in diese Richtung waren in der Vergangenheit
       allerdings an der CDU im Bundestag gescheitert.
       
       Mit seinem Papier präsentierte Laschet gleich noch die
       Bundestagsabgeordneten Andreas Jung und Thomas Heilmann sowie Wiebke Winter
       von der „Klimaunion“ als sein Expert*innenteam. Deren Ideen fehlen
       ansonsten aber konkrete Daten und Ausbaupfade. Die konservativen
       Klimaschützer betonen lieber mehr Geld für Forschung, und sehen den Bund
       als Klima-Vorreiter bei seinen Immobilien.
       
       Sie wollen mehr Handwerker als „Klimawerker“, um überhaupt Solaranlagen und
       E-Ladesäulen zu bauen, und mehr Akzeptanz für Windanlagen erreichen durch
       verdichtete Windparks und „Repowering“, also den Ersatz alter Windräder
       durch neue.
       
       30 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.agora-energiewende.de/presse/neuigkeiten-archiv/das-klimaschutz-sofortprogramm-fuer-die-ersten-100-tage/
 (DIR) [2] https://www.agora-energiewende.de/veroeffentlichungen/politikinstrumente-fuer-ein-klimaneutrales-deutschland-1/
 (DIR) [3] https://www.gruene.de/artikel/klimaschutz-sofortprogramm
 (DIR) [4] https://www.cdu.de/artikel/turbo-fuer-erneuerbare-energien
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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