# taz.de -- 20 Jahre Reachout und MBR: Experten im Kampf gegen rechts
       
       > Seit 20 Jahren kämpfen die Berliner Vereine Reachout und die Mobile
       > Beratung gegen Rechtsextremismus für die wehrhafte Demokratie.
       
 (IMG) Bild: Zusammenstehen gegen Rechts: Demo gegen Coronaleugner im Januar in Prenzlauer Berg
       
       Berlin taz | Für manche passt es bis heute nicht zusammen: Ein Staat, der
       Organisationen unterstützt, die eben diesen Staat bisweilen kritisieren.
       Dass dies durchaus sinnvoll ist, zeigt die Arbeit der Vereine Reachout,
       Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) und Mobiles Beratungsteam
       (MBT), deren 20-jähriges Jubiläum am Mittwoch online mit Justizsenator Dirk
       Behrendt (Grüne) gefeiert wurde. „Wir müssen uns ab und an unbeliebt
       machen“, sagte [1][Sabine Seyb von Reachout], die Opfern rassistischer,
       rechtsextremer und antisemitischer Gewalt beisteht. „Denn die meisten
       Geschichten, die wir hören, haben auch mit institutionellem Rassismus zu
       tun.“
       
       Vor 20 Jahren, erinnerte [2][Bianca Klose von der MBR], „wurde
       Rechtsextremismus weitgehend als ostdeutsches Phänomen wahrgenommen“, dem
       man mit „akzeptierender Sozialarbeit“ Herr zu werden versuchte. Weil das
       bekanntlich nicht half, setzte ein Paradigmenwechsel ein: Neue
       Förderprogramme wie „Civitas“ vom Bund und das Berliner Landesprogramm
       „Demokratie, Vielfalt, Respekt“ wendeten sich den Betroffenen rechter
       Gewalt und der Stärkung zivilgesellschaftlicher Akteure gegen rechts zu.
       
       Laut Behrendt gibt Berlin für das Programm 2021 fast 9 Millionen Euro
       aus, 2016 waren es 3,2 Millionen. MBR und Reachout bekämen jährlich je
       600.000 Euro, das MBT 400.000. Der Senator lobte ihre Arbeit als „bitter
       nötig“. Den Kampf um die Demokratie könne „der Staat nicht alleine“
       bestehen, dazu „brauchen wir die organisierte Zivilgesellschaft“.
       
       Am Anfang „haben wir sehr optimistisch gedacht, dass wir uns bald wieder
       überflüssig machen“, sagte Seyb. Doch im Gegenteil: Jahr für Jahr gebe es
       mehr Betroffene, die sich melden, immer mehr Angriffe würden bekannt. Auch
       sei das Feld der Akteure immer unübersichtlicher geworden, betonte Klose:
       von der AfD, den „parlamentarischen Arm“ der Rechten, über die diversen
       verschwörungstheoretischen Allianzen bis hin zum rechten Terror wie in
       Neukölln, Hanau oder Halle. „Der Rechtsextremismus kommt aus der Mitte der
       Gesellschaft“, fasste Klose ihre Erkenntnisse aus 20 Jahren zusammen.
       
       ## Generalverdacht des Linksextremismus
       
       Doch die damit verbundene Kritik auch an staatlichen Stellen schürt
       Misstrauen. Klose erinnerte an die „Extremismusklausel“, mit der der Bund
       in den 10er Jahren versuchte, zivilgesellschaftliche Organisationen, die
       staatliche Gelder bekamen, zu einem Bekenntnis zum Grundgesetz zu zwingen –
       was diese als unangebrachten Generalverdacht zurückwiesen, so dass die
       Klausel 2014 abgeschafft wurde.
       
       Auch heute stünden „Leute, die für Demokratie eintreten“, wieder „unter dem
       Generalverdacht des Linksextremismus“, so Klose. Damit spielte sie auf das
       kürzlich im Bund gescheiterte „Demokratiefördergesetz“ an, mit dem
       zivilgesellschaftliche Organisationen eine institutionelle Dauerförderung
       bekommen sollten. Was aber daran scheiterte, dass die CDU eine Neuauflage
       der Extremismusklausel verlangte.
       
       In Berlin, so betonen Klose und Seyb übereinstimmend, sei dies zum Glück
       anders. Man erlebe eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit
       der Verwaltung und werde bei Kritik von rechts in Schutz genommen. Dennoch
       seien Verbesserungen möglich: „Politik und Verwaltung investieren viel in
       unsere Arbeit, aber im Zweifel setzen sie doch auf die Expertise der
       Polizei“, sagte Klose. Als Beispiel nannte sie die „Hygienedemos“, auf
       deren problematische Akteure die MBR „frühzeitig“ hingewiesen habe, während
       die Polizei das neue Phänomen zunächst völlig unterschätzte.
       
       14 Apr 2021
       
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