# taz.de -- Nachruf auf Cecilia Mangini: Kampf ums Frausein
       
       > Die italienische Regisseurin Cecilia Mangini galt als die erste
       > Dokumentarfilmerin ihres Landes. Nun ist sie im Alter von 93 Jahren
       > gestorben.
       
 (IMG) Bild: Die Fotografin und Filmemacherin als junge Frau: Cecilia Mangini
       
       Aufnahmen der Vorstädte von Rom. Die Gebäude wirken baufällig, obgleich sie
       erst einige Jahrzehnte zuvor entstanden sind. Die in ihnen wohnen, zählen
       zu den Glücklichen. Die Alternative sind Baracken. Cecilia Manginis
       Erstlingsfilm „Ignoti alla città“ („Die der Stadt Unbekannten“) folgt einer
       Gruppe männlicher Jugendlicher durch ihren Alltag.
       
       Der Film ist Manginis Übergang von der Fotografie zum Film. Am Donnerstag
       ist Cecilia Mangini mit 93 Jahren in Rom gestorben. Wegbegleiter:innen
       hielten dort am Montag eine Trauerfeier ab.
       
       Schon bevor Mangini begann, Filme zu machen, arbeitete sie dokumentarisch.
       Sie fotografierte auf den Straßen der italienischen Städte inmitten des
       Wirtschaftswunders Außenseiter und Vergessene, über die die Zeit
       hinweggegangen ist. Zugleich fotografierte sie schon früh im italienischen
       Süden, eine ganze Reihe von Fotos entstand 1952 bei einer Reise auf die
       Liparischen Inseln.
       
       In den folgenden Jahrzehnten sollten die Fotos Cecilia Manginis hinter dem
       Erfolg der Filme zurücktreten, gemeinsam mit diesen wurden sie in den
       letzten zwanzig Jahren allmählich wiederentdeckt.
       
       ## Im süditalienischen Apulien geboren
       
       Geboren wurde Cecilia Mangini in Bari, im süditalienischen Apulien. Schon
       als Kind zog sie mit ihrer Familie nordwärts nach Florenz. Nach Rom kam sie
       über die Arbeit an einem Kinoclub. Sie arbeitete für den Verband der
       italienischen Kinoclubs, begann neben der Fotografie über Film zu
       schreiben.
       
       Dann entstanden in Zusammenarbeit mit [1][Pier Paolo Pasolini] die ersten
       Filme. Pasolini lieferte die Kommentartexte, Mangini führte Regie, die
       Musik stammte vom [2][Avantgardekomponisten Egisto Macchi]. Diese
       Kombination aus einem Kommentartext mit literarischen Qualitäten,
       Avantgardemusik und großem Bildbewusstsein sollte Manginis Arbeit ein Leben
       lang prägen.
       
       Anfang der 1960er Jahre beginnt sie, Filme gemeinsam mit ihrem Mann Lino
       Del Fra zu inszenieren. Gemeinsam mit dem Filmkritiker Lino Miccichè dreht
       das Paar 1961 den Kompilationsfilm „All’armi siam fascisti“ über den
       italienischen Faschismus. Der Film ist eine Reaktion darauf, dass die
       Christdemokraten sich 1960 für die Bildung der Regierung auf die
       Unterstützung des faschistischen Movimento Sociale Italiano einließen – was
       landesweit zu Protesten führte.
       
       1965 drehte Mangini ihren wohl bedeutendsten Film: „Essere donne“. Der Film
       ist die erste ausführliche Untersuchung zu weiblicher Arbeit in den
       Fabriken Italiens. Der Film entstand in enger Zusammenarbeit mit der
       kommunistischen Partei.
       
       Gegen Ende ihrer Filmlaufbahn in den 1980er Jahren kehrte sie noch einmal
       an die Anfänge zurück und zu Pasolini. Sie drehte gemeinsam mit Lino Del
       Fra für das italienische Fernsehen einen mehrteiligen Dokumentarfilm über
       die Sexualmoral und Vorstellungen von Geschlechterrollen in Italien.
       
       ## Retrospektive im Berliner Arsenal
       
       In den letzten Jahrzehnten begann sie, gemeinsam mit Kolleg:innen wie
       der Dokumentarfilmerin Mariangela Barbanente oder dem Festivalleiter und
       Filmemacher Paolo Pisanelli noch einmal Filme zu machen, die Themen ihres
       Lebens wieder aufgreifen. Parallel wurden ihre Filme auf Festivals in ganz
       Europa wiederentdeckt, 2016 auch in Berlin bei einer Retrospektive im
       Arsenal.
       
       Mit Cecilia Manginis Tod rückt die Ära, in die ihre Filme eingriffen, ein
       wenig weiter in Richtung Geschichte. Für Mangini war der Film ein Leben
       lang kein Begleitmedium, sondern Akteur im Kampf für eine bessere
       Gesellschaft.
       
       26 Jan 2021
       
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