# taz.de -- Verfassungsschutzkritiker rehabilitiert: Zu Unrecht bespitzelt
       
       > Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt, dass der Publizist Rolf Gössner
       > 38 Jahre lang zu Unrecht bespitzelt wurde. Er ist Experte für
       > Verfassungsschutz.
       
 (IMG) Bild: Ließ sich nicht vom Verfassungsschutz einschüchtern: Rolf Gössner
       
       BREMEN taz | Nach 15 Jahren Verfahrensdauer ist vom
       Bundesverwaltungsgericht Leipzig letztinstanzlich bestätigt worden, dass
       der Verfassungsschutzkritiker Rolf Gössner [1][38 Jahre lang zu Unrecht]
       vom Bundesamt für Verfassungsschutz bespitzelt wurde.
       
       Zwar war die Beobachtung des Anwaltes und Publizisten nach der Einreichung
       einer ersten Klage schon 2008 eingestellt worden. Bundesinnenminister Horst
       Seehofer (CSU) hatte aber noch 2018 mit einem 100-seitigen Schriftsatz
       gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht begründet, warum Gössner zu Recht
       vom Verfassungsschutz bespitzelt wurde.
       
       Dabei hatte schon das [2][Verwaltungsgericht Köln 2011] festgestellt, dass
       die Beobachtung ein „schwerwiegender Eingriff in verfassungsrechtlich
       geschützte Positionen“ war. Diese sei unverhältnismäßig und
       grundrechtswidrig gewesen. Als erschwerend wurde die Verletzung des
       Berufsgeheimnisses des Anwaltes und Journalisten gewertet.
       
       In Bremen, wo Gössner lebt, wurde seine Rolle ganz anders bewertet. Seit
       2007 saß er im Innenausschuss des Landtages, dort „Deputation“ genannt.
       Damals war übrigens Lothar Jachmann Vize-Chef des Bremer
       Verfassungsschutzes – just mit ihm hatte Gössner in seiner Jugend
       Tischtennis gespielt.
       
       Seit seiner Jugend unter Beobachtung 
       
       Aber wie geriet er ins Visier des Bundesamtes? Für Gössner gibt es einen
       Anhaltspunkt aus seiner Jugend: Er war Ende der 1960er Jahre mit einer
       polnischen TV-Journalistin befreundet. Die beiden wurden nicht nur von
       polnischen Sicherheitskräften beschattet, baden-württembergische VS-Leute
       besuchten auch seine Eltern, um sie vor den Umtrieben ihres Sohnes zu
       warnen. Ein Jahr später eröffnete das Bundesamt seine Akte Gössner, die am
       Ende 2.000 Seiten dick war.
       
       Was da stand, war kein Geheimnis: Gössner war – und ist bis heute – gefragt
       als Experte für kritische Einschätzungen des Verfassungsschutzes. Er
       schreibt Artikel, gibt Interviews. 1980 war er für ein Jahr als Redakteur
       bei der taz angestellt. Diverse parlamentarische Gremien haben ihn um Rat
       gefragt.
       
       1996 war Gössner gar beim hessische Verfassungsschutz zum Vortrag geladen –
       drei Tage nachdem sein Anwalt seine erste VS-Akte ausgehändigt bekam. Die
       Beamten waren so die ersten, denen er von seiner Bespitzelung erzählte.
       Sein Vortrag blieb ohne Beifall.
       
       Gössner hat sich nicht einschüchtern lassen. Er schreibt gerade an einem
       weiteren Buch und ist – 72-jährig – so in seinem Fachgebiet engagiert, dass
       er keine Zeit zum Tischtennisspielen hat.
       
       17 Dec 2020
       
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