# taz.de -- Rücktritt von Bausenatorin Lompscher: Die streitbarste Linke
       
       > Mit Katrin Lompscher verliert die Berliner Landesregierung eine forsche
       > Vertreterin von Mieterinteressen. Wer auf sie folgt, ist offen.
       
 (IMG) Bild: Nicht an den politischen Gegnern gescheitert, sondern an sich selbst: Katrin Lompscher
       
       Berlin taz | Einer der angenehmen Termine, die Berlins Bausenatorin Katrin
       Lompscher (Linke) Jahr für Jahr zu absolvieren hatte, war die Vorstellung
       des Wohnungsmarktberichts der Investitionsbank Berlin. Dabei gibt es nicht
       nur um die Entwicklung der Marktmieten und der Neubauzahlen, sondern auch
       um ihre politische Jahresbilanz. Denn Lompscher, deren Partei der SPD nach
       den Wahlen 2016 das Bauressort weggeschnappt hatte, stand seitdem unter
       Druck: Die Gentrifizierung, also die Verdrängung wegen steigender Mieten,
       war das zentrale politische Thema dieser Legislatur. Zuletzt konnte
       Lompscher bei den Angebotsmieten in der rasant wachsenden Hauptstadt eine
       „Verschnaufpause“ verkünden.
       
       Den wohl spannendsten Marktbericht ihrer Laufbahn, in dem auch die
       Auswirkungen des Berliner Mietendeckels eingepreist sein werden, wird sie
       aber nicht mehr vorstellen können. Am Sonntagabend trat die 58-Jährige
       [1][überraschend zurück]. Zuvor war bekannt geworden, dass sie ihre
       Einkünfte in verschiedenen Aufsichtsräten nicht an das Land abgeführt und
       auch nicht versteuert hatte.
       
       Mit Lompscher geht die streitbarste der Linken-Senatorinnen und -Senatoren
       im rot-rot-grünen Senat. Sie sei eine Nicht-Bau-Senatorin, warfen ihr
       selbst Sozialdemokraten vor. Das war insofern nicht falsch, als Lompscher
       nicht allein auf den Neubau setzte, sondern auch auf eine Eindämmung der
       Mietentwicklung bei den 1,9 Millionen bestehenden Wohnungen. Mit den sechs
       landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zum Beispiel schloss sie eine
       Vereinbarung, die die Mieterhöhungen auf 2 Prozent pro Jahr beschränkte.
       Das war mehr, als ihre SPD-Vorgänger je zu fordern gewagt hätten.
       
       Ihr politisches Schicksal schien bis zuletzt mit dem Mietendeckel verknüpft
       zu sein. Anfangs skeptisch, verstand es Lompscher bald, das ursprüngliche
       Konzept der SPD, die Berliner Mieten einzufrieren, zu kapern und um
       Mietobergrenzen zu ergänzen. Sollte der im Januar beschlossene Mietendeckel
       [2][vom Verfassungsgericht gekippt werden], hat die Linke immer noch ein
       Eisen im Feuer: Das von ihr unterstützte Volksbegehren zur Überführung
       großer privater Wohnungsbestände in kommunales Eigentum. Die SPD lehnt es
       ab.
       
       Dass Lompscher nun nicht an ihren politischen Gegnerinnen und Gegnern
       scheiterte, sondern an sich selbst, ist fast schon skurril. Aber die
       58-Jährige, die in Berlin von 2006 bis 2011 Umweltsenatorin war, hat wohl
       recht, wenn sie in ihrer Rücktrittserklärung schreibt: „Für mich steht
       fest, dass mein schwerer persönlicher Fehler mein weiteres Handeln als
       Senatorin dauerhaft überschatten würde.“
       
       Wie offensiv die Linke mit dem Mietenthema in den Wahlkampf für die
       Abgeordnetenwahl im Herbst 2021 gehen kann, dürfte auch davon abhängen, wer
       ihr im Amt folgt. Lompscher hatte bereits angekündigt, für eine zweite
       Legislatur als Bausenatorin zur Verfügung zu stehen. Gut möglich, dass die
       SPD nun darauf spekuliert, das Bauressort bei einer Neuauflage der
       Koalition zurückzubekommen. Dann hieße es wieder in alter
       sozialdemokratischer Manier: Bauen, bauen, bauen, den Rest regelt der
       Markt. Oder auch nicht.
       
       3 Aug 2020
       
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