# taz.de -- Migrations-Papier der Linkspartei: Ab sofort mit einer Stimme
       
       > Partei- und Fraktionsspitze der Linken einigen sich auf ein Papier zum
       > Thema Geflüchtete. In der Vergangenheit hatte es darum stets Streit
       > gegeben.
       
 (IMG) Bild: Geflüchtete mit Mundschutz aus dem Lager Moria im Hafen von Piräus bei Athen
       
       Berlin taz | Deutschland soll mindestens 10.000 Geflüchtete aufnehmen, die
       derzeit auf den griechischen Inseln in Lagern festsitzen und dort besonders
       vom Coronavirus bedroht sind – das ist die zentrale Forderung aus einem
       Papier zur Migrationspolitik, dass die Linke am Montag vorgestellt hat.
       Darin führt die Partei auf, was sie als Alternative zur gegenwärtigen
       Flüchtlingspolitik der Bundesregierung vorschlägt.
       
       Bemerkenswert ist das Papier insbesondere deshalb, weil es von Partei und
       Fraktionsspitze zusammengetragen wird. Auch Landes- und
       Europapolitiker*innen sind mit an Bord. Das Thema Migration zählt
       eigentlich zu den inhaltlichen Streitpunkten, an denen die Linkspartei sich
       seit Jahren aufreibt. Damit die neu gefundene Harmonie auch ja niemandem
       entgeht, wies Parteichefin Katja Kipping bei der Präsentation des Papiers
       am Montag dann auch gleich dreimal daraufhin, dass die Linke nun wirklich
       „mit einer Stimme“ spreche.
       
       Zusammen mit den Fraktionsvorsitzenden Amira Mohammad Ali und Dietmar
       Bartsch skizzierte Kipping im Karl-Liebknecht-Haus, wie ihre Partei plant,
       die Situation auf den griechischen Inseln zu entschärfen. Dort herrschen
       seit Monaten katastrophale Zustände, etwa 40.000 Schutzsuchende müssen dort
       in völlig überfüllten Lagern leben. Die Linke hat dafür zunächst eine
       praktische Lösung: Solange es keine bundespolitischen Bestrebungen gibt,
       Geflüchtete aus den Lagern zu holen, sollten das eben die Landesregierungen
       übernehmen.
       
       Zuletzt hatte die Landesregierung des Linken-Ministerpräsidenten Bodo
       Ramelow in Thüringen beschlossen, etwa [1][500 Geflüchtete von den
       griechischen Inseln zu holen]. Bislang aber stellt sich Bundesinnenminister
       Horst Seehofer (CSU) quer. Entsprechend offensichtlich ist, worauf die
       Linke sich in ihrem Papier bezieht, wenn sie davor warnt, dass
       Landesregierungen „keine Steine in den Weg gelegt werden“ dürften, wenn sie
       sich dazu entscheiden, Geflüchtete aufzunehmen. Auf der Pressekonferenz
       wurde Kipping noch expliziter: „Machen Sie den Weg frei!“, sagte sie in
       Richtung Seehofer.
       
       ## Dublin muss weg
       
       Auch Gemeinden und Städten, die sich zu sogenannten sicheren Häfen erklärt
       haben und Geflüchtete aufnehmen wollen, soll nach dem Willen der
       Linkspartei geholfen werden. In ihrem Papier plädiert die Partei außerdem
       dafür, [2][Geflüchtete dezentral unterzubringen], wie es auch
       Schutzsuchende in Deutschland selbst schon länger fordern, um zu
       verhindern, dass sich das Coronavirus unter ihnen ausbreiten kann.
       
       Mit Blick auf die Europäische Union will die Linke unter anderem das
       Dublin-Verfahren abschaffen, nach dem Geflüchtete in dem Land einen
       Asylantrag stellen müssen, wo sie zuerst EU-Boden betreten. Zudem solle es
       ein EU-Rettungsprogramm für das Mittelmeer geben, wo immer wieder
       Schutzsuchende auf der Überfahrt nach Europa ertrinken.
       
       „Das Papier geht in die richtige Richtung“, sagt Günter Burkhardt,
       Geschäftsführer von Pro Asyl. Die konkreten Forderungen gehen ihm dennoch
       nicht weit genug: „Nur 10.000 Geflüchtete von den griechischen Inseln zu
       evakuieren, ist absolut nicht ausreichend.“ Deutschland könne ohne weiteres
       gleich alle Geflüchteten aus den Lagern auf den griechischen Inseln
       evakuieren.
       
       In der schwarz-roten Regierungskoalition sieht man das ganz anders. „Die
       Menschen verlangen von uns Lösungen, die auch erreichbar sind“, sagte der
       migrationspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Lars Castellucci,
       der taz. „Die Linke zählt die Probleme auf und sagt, dass etwas getan
       werden muss, das ist aber noch kein Konzept.“
       
       15 Jun 2020
       
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