# taz.de -- Grundrente im Bundestag: Licht für die im Dunkeln
       
       > Putzkräfte, Pfleger und Paketboten könnten von der Grundrente
       > profitieren. Union und SPD bringen das Gesetz nun ins Parlament ein.
       
 (IMG) Bild: Kämpft für die Grundrente und gegen Vorwürfe aus der Union: Arbeitsminister Heil
       
       Berlin taz | Es ist der Abgeordnete Markus Kurth, der es am treffendsten
       auf den Punkt bringt. Die Grundrente, sagt der rentenpolitische Sprecher
       von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, sei „viel zu kompliziert: Kein
       Mensch weiß, ob er die Grundrente bekommt – und wenn ja, wie.“ Er
       kritisiert damit den entsprechenden Gesetzentwurf, den die Große Koalition
       am Freitag in erster Lesung ins Parlament eingebracht hat.
       
       Die Bundesregierung will die Renten langjährig Versicherter mit
       unterdurchschnittlichen Einkommen aufstocken. So steht es im
       Koalitionsvertrag. Aber in den vergangenen zweieinhalb Regierungsjahren
       konnten sich SPD und CDU/CSU nicht auf das entsprechende Gesetz einigen.
       Voraussetzung für den Anspruch auf Grundrente sind mindestens 33
       Beitragsjahre in der Rentenversicherung, also Arbeitsjahre,
       Kindererziehungs- und Pflegezeiten. Den vollen Grundrenten-Zuschlag gibt es
       dann erst nach 35 Beitragsjahren. Laut Arbeitsministerium sollen 1,3
       Millionen Menschen Grundrente bekommen. 70 Prozent von ihnen wären Frauen,
       darunter wiederum viele Ostdeutsche.
       
       Vor allem die Union fiel in den zurückliegenden Jahren mit allerlei
       Verhinderungsmanövern auf. Mal forderte sie, Vermögen anzurechnen, also
       Rücklagen der BürgerInnen zu prüfen und in die Berechnung einzubeziehen.
       Mal sahen CDU und CSU fehlende Bearbeitungskapazitäten. [1][Irgendwas war
       immer.] Nicht einmal die 2019 anstehenden Landtagswahlen in drei
       ostdeutschen Ländern waren Grund genug, das Projekt abzuschließen.
       
       Weil aber aktuell ausgestellte Sparfüchsigkeit angesichts von
       Corona-Milliardenhilfen für ganze Industriezweige nicht recht vermittelbar
       ist, bekennt sich Unionsfraktionsvize Hermann Gröhe am Freitagvormittag nun
       ausdrücklich zu dem Projekt – allerdings mit angezogener Handbremse. Dass
       vor allem Frauen und Menschen „in den neuen Ländern“ eine höhere Rente
       bekämen, eine die Koalition. Die Grundrente sei „verdienter Lohn für harte
       Arbeit“. Allerdings werde es angesichts der technischen Probleme bei der
       Umsetzung zu einer gestaffelten Einführung der Rente kommen. Das werde man
       im Gesetzgebungsverfahren klären müssen. Alsdann forderte er
       Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) auf, spätestens Ende Mai einen
       Finanzierungsvorschlag vorzulegen.
       
       ## Brecht als Beistand
       
       Der SPD-Arbeitsminister hatte zuvor die Dringlichkeit einer Einigung
       betont. Hubertus Heil zitierte gar aus Bertolt Brechts „Dreigroschenoper“:
       „Denn die einen sind im Dunkeln und die andern sind im Licht. Und man
       siehet die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht.“ Wen der
       Sozialdemokrat im Dunkeln verortet, macht er ebenfalls klar. Es gehe um
       Pflegehilfskräfte, Paketboten, Lkw-Fahrer, Friseure, Beschäftigte in
       Supermärkten und Servicekräfte, sagte Heil. Diese würden jetzt als
       „Corona-Helden“ bezeichnet, sie hätten aber mehr verdient als Anerkennung.
       Zudem sei die Grundrente auch wirtschaftlich vernünftig, weil sie die
       Kaufkraft stärke. „Deutschland kann es sich nicht leisten, die Grundrente
       zum 1. Januar nicht einzuführen.“
       
       Die Rente soll aus Steuereinnahmen finanziert werden, nicht aus den
       Beiträgen an die Rentenversicherung. Die Kosten werden im Gesetzentwurf des
       Arbeitsministeriums mit rund 1,3 Milliarden Euro im Einführungsjahr 2021
       angegeben. Sie sollen dauerhaft durch einen jährlichen Bundeszuschuss an
       die Rentenversicherung gedeckt werden. Zur Finanzierung ist auch eine
       Finanztransaktionssteuer geplant, deren Einführung aber unsicher ist.
       
       15 May 2020
       
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