# taz.de -- Aufnahme von Flüchtlingen: Nur begrenzt ein sicherer Hafen
       
       > Zwei Gutachten halten die Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland auch
       > ohne Zustimmung des Bundes für möglich. Berlin aber nicht.
       
 (IMG) Bild: Halten Abstand: Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke) und Innensenator Andreas Geisel (SPD)
       
       Einen Alleingang Berlins in Sachen Aufnahme von Flüchtlingen aus
       Griechenland wird es vorerst wohl nicht geben. Ein solcher sei nach der
       Einigung auf Bundesebene „zum jetztigen Zeitpunkt nicht zielführend“,
       erklärte ein Sprecher der Innenverwaltung auf taz-Anfrage und wies damit
       eine entsprechende Forderung des Flüchtlingsrats zurück. Dieser hatte
       darauf hingewiesen, dass es inzwischen zwei Rechtsgutachten gibt, laut
       denen die Bundesländer auch ohne Zustimmung des Bundesinnenministers
       Flüchtlinge aufnehmen können. „Wir erwarten vom Senat, dass er diese
       Möglichkeit intensiv prüft und gegenüber dem Bund durchsetzt“, sagte
       Martina Mauer vom Flüchtlingsrat der taz.
       
       Am 8. März hatte sich die Bundesregierung nach langem Zögern darauf
       geeinigt, 1.000 bis 1.500 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge von den
       griechischen Inseln aufzunehmen, wenn sich andere EU-Länder daran
       beteiligen. Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte daraufhin erklärt, die
       Hauptstadt könne 80 bis 100 aufnehmen. Integrationssenatorin Elke
       Breitenbach (Linke) hatte die Einigung kritisiert. Berlin und zahlreiche
       andere Städte, die sich bereit erklärt hätten, etwa im Rahmen der Aktion
       „Sichere Häfen“, könnten viel mehr Flüchtlinge versorgen. Allein Berlin
       habe rund 2.000 verfügbare Plätze.
       
       Bislang hatte es immer geheißen, die Bundesländer und Kommunen wären für
       die Aufnahme auf die Zustimmung von Bundesinnenminister Horst Seehofer
       angewiesen. Die zwei erwähnten Gutachten, eines in Auftrag gegeben von dem
       grünen EU-Abgeordneten Erik Marquardt und eines von einer Juristin der Uni
       Hamburg erstellt, legen dagegen dar, dass die Länder dies aus humanitären
       Gründen auch allein tun können – insbesondere, wenn es um allein reisende
       Kinder und Jugendliche oder um besonders vulnerable Gruppen wie
       alleinerziehende Frauen geht.
       
       Beim Senat scheint es zu den Gutachten noch keine abschließende Meinung zu
       geben. Während die Integrationsverwaltung auf Anfrage erklärt, man lasse
       „derzeit prüfen, ob sie für Berlin anwendbar sind“, erklärte die
       Innenverwaltung, „nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes“ sei
       Voraussetzung das „Einvernehmen des BMI“.
       
       Die Innenverwaltung lehnt auch den weiteren Vorschlag des Flüchtlingsrats
       ab, dass Berlin mehr Flüchtlinge als bislang vereinbart aufnimmt. Dabei
       geht es um die Aufnahmeprogramme des Landes Berlin für Menschen aus dem
       Irak und aus Syrien, die Verwandte in Berlin haben. Laut Flüchtlingsrat
       scheitert das Nachholen, etwa aus der Türkei, oft an den hohen finanziellen
       Hürden: Um nur ein Familienmitglied nach Berlin holen zu können, müssten
       hier lebende Angehörige ein Nettogehalt von mindestens 2.300 Euro
       nachweisen. Mauer: „Wenn man die viel zu hohen Einkommensvoraussetzungen
       für das Programm absenken würde, könnten sehr viel mehr Menschen diese
       Möglichkeit der sicheren Einreise nutzen. Der gefährliche Weg über das Meer
       und die griechischen Elendslager blieben ihnen erspart.“
       
       Die Innenverwaltung erwidert, es sei nun mal gesetzliche Voraussetzung,
       dass der Lebensunterhalt für die aufzunehmende Person gesichert sei.
       „Dieser Voraussetzung hat der Bundesgesetzgeber eine Bedeutung von
       grundlegendem staatlichem Interesse beigemessen“, so der Sprecher. Dennoch
       habe Berlin die Erfüllung der finanziellen Voraussetzungen bei den beiden
       Landesprogrammen erleichtert, indem „auf das Erfordernis eines Kranken- und
       Pflegeversicherungsnachweises verzichtet“ werde. Zudem könnten in Berlin
       nicht nur Verwandte, sondern auch Dritte eine Verpflichtungserklärung
       abgeben, „die den Lebensunterhalt und den Wohnraum abdeckt“. Eine weitere
       Absenkung der Voraussetzungen sei „derzeit nicht angedacht“ und bedürfe
       zudem der Zustimmung des BMI.
       
       Berlin hat laut Innenverwaltung seit Beginn des Landesaufnahmeprogramms für
       syrische und irakische Flüchtlinge 1.145 Personen ein Visum erteilt (Stand
       31. 1. 2020).
       
       15 Mar 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Memarnia
       
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