# taz.de -- Regierungskrise in Thüringen: Schnell neu oder Ramelow wählen
       
       > Stundenlang suchten am Dienstagabend Rot-Rot-Grün und die CDU einen
       > Ausweg. Zwei Vorschläge liegen auf dem Tisch. Mittwoch wird
       > weitergeredet.
       
 (IMG) Bild: Mann mit überraschenden Ideen: Bodo Ramelow nach den Gesprächen am Dienstagabend in Erfurt
       
       Erfurt taz | Drei Stunden lang haben Rot-Rot-Grün und CDU am späten
       Dienstagabend im Thüringer Landtag miteinander gerungen. Am Ende gab es
       immernoch keine Einigung. Doch die Verhandlungen darüber, wie man eine
       Übergangsregierung bilden und Neuwahlen herbeiführen kann, sind auch nicht
       geplatzt, sondern erst mal nur vertagt.
       
       „Wir bleiben im Gespräch“, sagte die Landeschefin der Linken, Susanne
       Hennig-Wellsow, im Anschluss. Die Verhandlungen sollen am
       Mittwochnachmittag in einer kleineren Arbeitsgruppe weitergehen. Ziel sei
       es, so Hennig-Wellsow, dass bis Freitag eine Einigung stehe.
       
       Umstritten ist vor allem der Termin für Neuwahlen. Während insbesondere die
       Linke die ThüringerInnen möglichst schnell wieder an die Wahlurnen schicken
       will, will die CDU dies möglichst weit herausschieben. Laut Umfragen
       könnten die Christdemokraten bei einer Wahl derzeit fast die Hälfte ihrer
       Mandate verlieren, die Linke würde deutlich zulegen.
       
       Laut Hennig-Wellsow sollen nun zwei Vorschläge weiter diskutiert werden.
       Eine „technische Regierung“ unter der Führung der CDU-Politikerin und
       früheren Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, wie es [1][Bodo
       Ramelow, Ex-Ministerpräsident und künftiger Spitzenkandidat der Linkspartei
       am Montagabend überraschend unterbreitet hatte]. Ramelow wollte diese
       allerdings nur etwa 70 Tage bis zu Neuwahlen amtieren lassen. Jetzt geht es
       um einen erneuten Urnengang vor der Sommerpause. Der Wahltermin könnte also
       etwas nach hinten geschoben werden.
       
       ## Spätere Neuwahl nur mit Ramelow im Amt
       
       Der zweite Vorschlag, so Hennig-Wellsow, sei eine Regierung unter Führung
       von Ramelow mit Neuwahlen im März des kommenden Jahres. Das kommt zwar dem
       Willen der CDU entgegen, die wegen schlechter Umfragen schnelle Neuwahlen
       befürchtet. Allerdings hat sie bisher eine Wahl Ramelows kathegorisch
       abgelehnt.
       
       Auf Ramelows Initiative, [2][Lieberknecht an die Spitze einer
       Übergangsregierung zu setzen], war die CDU-Fraktion am Dienstag zunächst
       nur teilweise eingegangen. Sie erklärte sich zwar prinzipiell
       einverstanden. Allerdings verlangte sie eine vollständig besetzte
       Übergangsregierung, die einen Landeshaushalt für das Jahr 2021 aufstellen
       müsse. Erst danach könne es zu Neuwahlen kommen.
       
       [3][Die 61-Jährige Christine Lieberknecht war von 2009 bis 2014
       Regierungschefin in Thüringen] und führte damals eine Koalition von CDU und
       SPD an. Nach der Landtagswahl 2014 entschied sich die SPD für ein Bündnis
       mit den Linken und den Grünen. So kam es zum Machtwechsel, obwohl die CDU
       damals stärkste Fraktion im Landtag blieb.
       
       Während der Vorschlag zunächst sehr überraschend klingt, ist er das [4][bei
       genauerer Betrachtung] nicht so sehr: Lieberknecht und Ramelow sind sich
       seit vielen Jahren freundschaftlich verbunden, Lieberknecht und der
       [5][Noch-Fraktionschef der CDU, Mike Mohring], dagegen sind nicht gut
       aufeinander zu sprechen.
       
       ## CDU sieht gemeinsamen Willen
       
       Nach dem Gespräch am Abend betonte Mario Voigt, Vizelandeschef der CDU, der
       Mohring möglicherweise schon bald als Fraktionschef beerben wird, es gebe
       einen gemeinsamen Willen, eine stabile Regierung herbeizuführen. „Es geht
       um eine Ausnahmesituation, in der sich Demokraten zusammenfinden müssen.“
       Die CDU habe gespürt, dass Rot-Rot-Grün sich bewegt. Allerdings sagte Voigt
       auch, dass es „keine Vorfestlegungen“ gegeben habe.
       
       Für eine Neuwahl ist im Landtag eine Zweidrittelmehrheit der 90
       Abgeordneten nötig. Linke, SPD und Grüne kommen zusammen nur auf 42 Sitze
       im Parlament. Gebraucht wird damit die Unterstützung der CDU mit ihren 21
       Sitzen.
       
       Bislang steckte die CDU in einem Dilemma. Sie ist an einen
       Parteitagsbeschluss gebunden, der eine Koalition oder ähnliche
       Zusammenarbeit sowohl mit der AfD als auch der Linken ausschließt. Sie will
       auch deshalb Ramelow nicht zum Ministerpräsidenten wählen.
       
       Bis Montagabend aber hatte Ramelow darauf bestanden, mit absoluter Mehrheit
       ins Amt gewählt zu werden, um nicht von AfD-Stimmen abhängig zu sein. Dafür
       bräuchte er Stimmen von der CDU oder der FDP.
       
       Der FDP-Politiker Thomas Kemmerich war vor zwei Wochen mit Stimmen von AfD,
       CDU und FDP zum Ministerpräsidenten gewählt worden, [6][nach bundesweitem
       Protest aber zurückgetreten]. Er ist noch geschäftsführend im Amt.
       Kemmerich sagte am Dienstag, er lehne zügige Neuwahlen ab. Bei seinem
       Rücktritt hatte er sie noch gefordert.
       
       19 Feb 2020
       
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