# taz.de -- Ministerpräsidentenwahl in Thüringen: Ein unwürdiges Gewürge
       
       > Um nicht noch mehr Glaubwürdigkeit zu verspielen, sollte sich die CDU auf
       > ein Bündnis mit Ramelow einlassen.
       
 (IMG) Bild: So nah wie heute waren sich Lieberknecht und Ramelow noch nie
       
       Vielleicht setzt sich in der Thüringer CDU ja doch die Einsicht durch. Die
       Einsicht, die vielen außerhalb der machtverliebten Thüringer
       Christdemokraten, die noch immer nicht verwunden haben, nur noch
       drittstärkste Kraft im Erfurter Landtag zu sein, gleich am Montagabend kam:
       Dass [1][Bodo Ramelow], ziemlich ausgefuchst, ihnen mit dem Vorschlag, die
       CDU-Politikerin Christine Lieberknecht zur Übergangsministerpräsidentin zu
       machen, die Neuwahlen herbeiführen soll, ein Angebot unterbreitet hat, das
       sie schwer ablehnen können.
       
       Dass sie nach ihrem Tabubruch vor zwei Wochen, als sie gemeinsam mit der
       AfD den FDP-Mann Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten wählten und damit
       ein politisches Beben auslösten, dazu beitragen müssen, in Erfurt eine neue
       Regierung ins Amt zu bringen, deren Chef wahrscheinlich letztlich Ramelow
       heißt. Und dass sie Gefahr laufen, das letzte bisschen Glaubwürdigkeit zu
       verspielen, wenn sie sich Neuwahlen aus Angst verschließen, dabei noch
       weiter abzustürzen.
       
       Am Dienstagabend, nach den Gesprächen zwischen Rot-Rot-Grün einer- und der
       CDU andererseits, konnte man die Hoffnung haben, dass sich bei der CDU doch
       noch die Vernunft durchsetzt. „Es geht um eine Ausnahmesituation, in der
       sich Demokraten zusammenfinden müssen“, sagte CDU-Landesvize Mario Voigt.
       Die Verhandlungen sollen am Mittwoch weitergehen. Glaubt man Linken-Chefin
       Susanne Hennig-Wellsow, soll bis Freitag eine Einigung stehen.
       
       Und jetzt setzt auch [2][Lieberknecht] selbst ihre Partei weiter unter
       Druck. „Ich bin aus der Debatte raus“, sagte die CDU-Frau der Thüringer
       Allgemeinen. Sie habe nur für Ramelows Vorschlag zur Verfügung gestanden.
       Und: „Wer jetzt keine Neuwahlen will, muss Bodo Ramelow mit verlässlicher
       Mehrheit zurück ins Ministerpräsidentenamt verhelfen und dann am besten mit
       ihm in eine Regierung gehen.“
       
       ## Lieberknecht macht Druck auf die Partei
       
       Das allerdings würde gegen einen Parteitagsbeschluss der CDU verstoßen und
       einen Teil der Thüringer ChristdemokratInnen nun wirklich auf die Barrikade
       bringen. Im besten Fall gibt Lieberknechts Einlassung nun der CDU den
       nötigen Schubs, sich auf Ramelows Vorschlag in leicht modifizierter Form –
       sprich etwas spätere Wahlen – einzulassen. Und Lieberknecht kehrt zu ihrer
       ursprünglichen Zusage zurück. Dass die Linke zu solchen Zugeständnissen
       bereit sei, hatte Hennig-Wellsow am Dienstagabend bereits gesagt.
       
       Im schlechtesten Fall platzt mit der Aussage Lieberknechts der Vorschlag
       Ramelows ganz. Und alles in Thüringen müsste wieder zurück auf Los. Das
       aber könnte die CDU der Öffentlichkeit, die in großen Teilen mit Zustimmung
       auf Ramelows Vorschlag reagiert hatte, kaum vermitteln. Und, was viel
       schlimmer wiegt: Es würde das Chaos, das in Thüringen herrscht, weiter
       verlängern – und damit der Demokratie schaden.
       
       Aus diesem [3][unwürdigen Gewürge] aber muss nicht nur die Thüringer CDU,
       sondern auch die Bundespartei dringend Lehren ziehen. Sie muss einsehen,
       dass sie mit ihrem fatalen Beschluss, eine Zusammenarbeit nicht nur mit der
       AfD, sondern auch mit den Linken grundsätzlich auszuschließen, ihre
       ostdeutschen Landesverbände in unlösbare Probleme stürzt. Das nächste Drama
       könnte bereits im Juni kommenden Jahres in Sachsen-Anhalt anstehen – kurz
       vor der Bundestagswahl.
       
       19 Feb 2020
       
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