# taz.de -- Alternative Transportwege: Eine Schifffahrt, die ist …
       
       > Die Binnenschifffahrt könnte helfen, die deutschen Klimaziele zu
       > erreichen. Doch immer schnellere Lieferungen erschweren das.
       
 (IMG) Bild: Nur acht Prozent der deutschlandweiten Transporte werden mit Schiffen gemacht
       
       Warten. Am Kai nebenan quietscht seit Stunden ein Kran, der Getreide in ein
       Schiff schaufelt. Auf der „MS Catharina“ aber ist es still. Ab und zu fegt
       eine Sturmböe über das flache Schiff und das eingezäunte Gelände im
       Magdeburger Hafen, auf dem plastikverpackte Rotoren und andere Bauteile für
       Windräder lagern. Bei diesem Wetter ist es zu gefährlich, 68 Meter lange
       Flügel zu verladen.
       
       Für Kapitän Klaus Hohenbild, seinen Bruder Karl Georg und seinen Sohn
       Christoph war das Wochenende am Sonntag schon vorbei. Da sind sie knapp
       fünf Stunden mit dem Auto von ihrer Heimatstadt Emmerich am Rhein nach
       Magdeburg an der Elbe gefahren. Sie wollten unbedingt rechtzeitig auf ihrem
       Schiff sein, wenn der Lkw mit ihrer Ladung eintrifft. Doch jetzt müssen sie
       erst mal warten.
       
       Zweimal hat Klaus Hohenbild oben am Kai schon nachgefragt. Dann kam der
       Anruf: Heute nicht. Morgen, vielleicht. Der 65-Jährige brummt und schaut
       aus dem Fenster. Das Schiff bewegt sich kaum. Vom Sturm merkt man im Bauch
       der 100 Meter langen „MS Catharina“ so gut wie nichts.
       
       Wenn es nach der Bundesregierung geht, sollen Familie Hohenbild und ihr
       Schiff dabei helfen, die deutschen Klimaziele zu erreichen. Sie will den
       Gütertransport von der Straße auf Schienen und Flüsse verlagern. Das
       Bundesverkehrsministerium unter Andreas Scheuer will die „Attraktivität für
       Industrie und Logistik steigern“, heißt es im Klimaschutzprogramm.
       
       Denn der Transport auf dem Wasser ist deutlich klimafreundlicher als mit
       dem Lkw, die in Deutschland gegenwärtig über 70 Prozent des Transports
       abwickeln. Die Binnenschifffahrt dümpelt bei gerade mal 8 Prozent vor sich
       hin. Laut Umweltbundesamt werden bei Gütertransporten mit dem Lkw
       Treibhausgase der Menge 103 Gramm pro Tonnenkilometer ausgestoßen, mit
       der Binnenschifffahrt sind es nur 32 Gramm. Noch in den 1960er Jahren
       teilten sich Bahn, Laster und Schiff die Transporte zu etwa gleichen Teilen
       – danach ging es mit der Schifffahrt ab- und mit dem Straßentransport
       aufwärts. Wie kam die Schifffahrt in die Krise? Und kann man das Ruder
       wieder rumreißen?
       
       Karl Georg will jetzt etwas tun, um die Wartezeit zu überbrücken. Bekleidet
       mit Blaumann und ausgebleichtem Stoffhütchen steigt er die steile Treppe in
       den Maschinenraum hinunter, um dort ein bisschen aufzuräumen und Werkzeuge
       und Farbtöpfe zu sortieren. Alles ist gut ausgeleuchtet hier, Boden und
       Bleche sind rot und gelb lackiert, die Rohre grün. Es riecht nach Diesel,
       obwohl nirgendwo ein Tröpfchen Öl zu sehen ist. Nach einem Kohletransport
       schrubben sie den Frachtraum sechs bis sieben Stunden lang, bis dort
       bedenkenlos die nächste Ladung Korn, Dünger, Streusalz oder Windradflügel
       gelagert werden können. „Schrott transportieren wir nicht. Das gibt zu
       viele Beulen“, erzählt Karl Georg.
       
       Die drei Hohenbilds hoffen, dass die Fahrt nach Bremen am nächsten Tag
       beginnen kann. Am Freitag sollen sie dort abladen, anschließend werden die
       Windradflügel in die Türkei verschifft. Jetzt ist es ist Montag. Sie haben
       also fünf Tage Zeit, um von Magdeburg nach Bremen zu kommen. Fünf Tage für
       385 Kilometer. Das sollte schaffbar sein – oder?
       
       ## Die Probleme der Schifffahrt
       
       Wartezeiten gehören für Binnenschiffer zum Geschäft. Lade- und Löschzeiten
       sind Teil der Verträge. Und so werden die Hohenbilds auch für die
       Verzögerung in Magdeburg ein Ausfallgeld vom Auftraggeber bekommen. Das
       decke die laufenden Kosten aber kaum, sagt Klaus Hohenbild. Seine Familie
       ist auch Mitglied in einem Netzwerk, in dem er und seine Kollegen anonym
       ihre Frachtpreise einstellen, um einem Unterbietungswettbewerb
       entgegenzuwirken.
       
       „Als ich anfing, war es eine Sensation, wenn eine Schleuse mal zwei Wochen
       lang nicht funktionierte“, erinnert sich Klaus Hohenbild, während er es
       sich auf dem Steuermannsitz im Führerhaus bequem macht und die Füße
       hochlegt. Fast 50 Jahre liegt seine Lehrzeit zurück; genau wie sein Sohn
       Christoph sein Azubi war, so hat auch er auf dem Schiff seines Vaters
       gelernt.
       
       Klaus Hohenbild holt sein Handy raus, er möchte zeigen, was in der
       Binnenschifffahrt schief läuft. Auf einem Foto sieht man einen Mann in
       einem neongelben Anzug, der sich an einem Betonklotz festgekettet hat und
       an einem Seil zieht. „Das ist im Weser-Datteln-Kanal. Da setzen sie jetzt
       sogenannte Festmacher ein“, empört er sich. Sein Bruder Karl Georg kichert.
       Die Innenwände dieser Schleusen sind so marode, dass die Schiffe ihre Taue
       nicht mehr um die Poller legen dürfen. Obwohl es sich um eine der am
       meisten befahrenen Wasserstraßen handelt, erließ das Amt vergangenes Jahr
       auch die Anweisung, dass immer nur ein Schiff auf einmal einfahren darf.
       
       Hohenbild wischt über den Bildschirm und zeigt eine unscharfe Aufnahme: ein
       winziges Sportboot, das in die über hundert Meter lange Schleusenkammer
       tuckert. Es ist klein genug, um gemeinsam mit anderen Schiffen
       durchgeschleust zu werden. Das geht aber nicht – wegen der Anweisung. So
       entstehen lange Warteschlangen. „Vier, fünf, sechs, sieben Stunden
       Wartezeit“, sagt Kapitän Hohenbild. Weil die verladende Industrie
       protestierte, setzt die Schifffahrtsverwaltung jetzt Männer im
       Dreischichtbetrieb ein, die den Schiffen beim Festmachen helfen. Wie lange
       dieses Provisorium weitergehen soll? „Weiß keiner. Wir wissen es jedenfalls
       nicht.“
       
       Auf dem Weg bis nach Bremen müssen sie elfmal in eine Schleuse einfahren,
       um Staustufen zu überwinden. Auch hier heißt es häufig warten. Da ist die
       Schleuse Drakenburg, die seit Monaten klemmt. In Minden gibt es seit zwei
       Jahren eine neue Anlage, die aber nur von großen Schiffen genutzt werden
       darf. „Sie soll wohl geschont werden“, mutmaßt Kapitän Klaus Hohenbild. Die
       „MS Catharina“ muss hier oft stundenlang an der Anlage für kleinere Schiffe
       ausharren. Beide Schleusen werden aus der Ferne gesteuert – und eine
       parallele Bedienung ist offenbar nicht möglich oder vorgesehen. „Behörde“,
       stöhnt der sonst so gelassen wirkende Mann.
       
       ## Marode Infrastruktur
       
       Zuständig für den Zustand der Schleusen und der Binnenschifffahrt ist die
       Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV). „Da ist kein Zug drin, das System
       ist krank, keiner will da die Verantwortung übernehmen“, sagt der Kapitän.
       Jeder Anruf bei der WSV sei schwierig. Oft erreiche er dort niemanden oder
       er müsse betteln, um zu einer zuständigen Person durchgestellt zu werden.
       
       Erst ein paar Tage alt ist die Meldung, dass der Nord-Ostsee-Kanal für
       große Schiffe vorübergehend nicht passierbar ist, weil eine Schleuse in
       Brunsbüttel gewartet wird und sich die andere nicht vollständig öffnen
       lässt. In der Nische des Schleusentors hat sich Schlick angesammelt.
       Angesichts solcher Zustände findet es Klaus Hohenbild „zum Lachen“, dass
       dauernd von Digitalisierung und selbstfahrenden Binnenschiffen als
       Zukunftsvision die Rede ist.
       
       Doch lustig finden die Hohenbilds die Lage der Binnenschifffahrt nicht. Es
       hapert überall. Und seit Frühjahr nehmen die Frachtanfragen auch wieder ab,
       die Preise geraten unter Druck. „Die Kohle ist seit Langem auf dem
       absteigenden Ast, auch Sand und Kies sind rückläufig“, benennt Hohenbild
       ganz nüchtern die Probleme seiner Branche. Aufgeben aber ist für die
       Familie Hohenbild keine Option – und auch der 29-jährige Christoph geht
       fest davon aus, dass er sein gesamtes Berufsleben auf Flüssen und Kanälen
       verbringen wird. Seit mindestens 1850 gehört die Schifffahrt zur
       Familientradition der Hohenbilds.
       
       Hört man den Männern zu, könnte man den Eindruck bekommen, dass die Krise
       der Binnenschifffahrt vor allem ein Ergebnis mangelnder Finanzierung von
       Schleusen und Technik ist. Die Bundesregierung will das mit einer
       Verdopplung ihrer Investitionen ändern. Aber die Probleme liegen gerade für
       das Familienunternehmen Hohenbild tiefer, oder besser: flacher. Fuhr der
       Vater von Klaus und Karl Georg noch mit einem 300-Tonnen-Frachter, so kann
       die „MS Catharina“ sechsmal so viel laden. „Das entspricht 74 Lkw“, rechnet
       Klaus Hohenbild vor.
       
       Damit gehört das Schiff heute eher zu den Kleinen: Fast alle neuen Schiffe
       sind inzwischen 135 Meter lang und für 3.500 Tonnen Last oder
       Containertransport vorgesehen – sie schippern fast ausschließlich auf dem
       tiefen Rhein, wo acht von zehn Transporten auf Flüssen stattfinden.
       
       ## Auf dem Trockenen
       
       Und viele Ziele, die Familie Hohenbild mit ihrem kleineren Vorgängerschiff
       noch bedient hat, kann die „MS Catharina“ nicht mehr ansteuern. So gibt es
       auf den deutschen Wasserstraßen seit Jahren eine Tendenz: Die Kähne werden
       größer, ihre Zahl dagegen schrumpft. Weil Flüsse und Kanäle auf Schiffe mit
       immer mehr Tiefgang zugerichtet wurden, statt die Schiffe den natürlichen
       Gegebenheiten anzupassen, wurden kleinere Frachter unwirtschaftlich und
       abgewrackt. Verladestellen mit geringerer Wassertiefe sind für viele nicht
       mehr erreichbar.
       
       Immer mehr Firmen haben ihren Flusszugang gekappt, viele Bürgermeister
       setzen heute lieber auf hochpreisiges Wohnen am Wasser statt auf den Erhalt
       ihres Hafens. All das macht den Hohenbilds mit ihrer mittelgroßen „MS
       Catharina“ das Leben schwer: Mit den Großen kann sie nicht konkurrieren,
       für niedrigen Wasserstand ist sie zu groß.
       
       Und manchmal ist die Wassertiefe, beispielsweise an der Elbe, so gering,
       dass monatelang gar nichts mehr geht. Klaus Hohenbild ruft auf seinem
       Smartphone die aktuellen Pegelstände auf: Barby 39 Zentimeter,
       Magdeburg-Strombrücke 58 Zentimeter. „Unpassierbar“, zumindest für die „MS
       Catharina“. Sogar leer braucht das Schiff etwa eineinhalb Meter Wasser
       unterm Kiel, damit die Schraube nicht im Schlick stecken bleibt. Nur weil
       seit acht Jahren eine Niedrigwasserschleuse den Magdeburger Hafen vom Fluss
       trennt, ist der jetzt jederzeit über den Mittellandkanal erreichbar.
       
       Doch Trockenphasen haben für sie auch Vorteile: Im Hitzesommer 2018 konnten
       selbst auf dem Rhein große Schiffe nur halbvoll oder gar nicht fahren, die
       Auftraggeber suchten händeringend nach Transporten. Ein gutes Jahr für die
       Hohenbilds.
       
       ## Mannschaft und Maßarbeit
       
       Dienstag früh. Hinter Klaus Hohenbild liegt eine vergleichsweise lange
       Nacht. An Reisetagen sitzt er normalerweise um fünf Uhr morgens am Steuer.
       Am Abend haben die drei noch ein bisschen ferngesehen, dann hat sich jeder
       in sein kleines Zimmerchen zurückgezogen. Um zehn Uhr tut sich endlich
       etwas am Kai: Ein riesiges Rohr versinkt im Inneren des Nachbarschiffs. Das
       zweite Teil aber kann noch nicht verladen werden, es liegt auf einem Lkw,
       der in den frühen Morgenstunden eingetroffen ist. „Der Fahrer muss jetzt
       erst einmal schlafen und die vorgeschriebene Ruhezeit einhalten“, erzählt
       ein Hafenarbeiter.
       
       Also kommt jetzt die „MS Catharina“ dran. Und trotzdem heißt es wieder
       warten. „Die Flügel sind da – aber ein Arbeiter steht im Stau auf der A 2“,
       berichtet der Hafenarbeiter, der gerade einen Anruf vom Lieferanten
       bekommen hat.
       
       Eine Stunde später steht plötzlich das 80 Meter lange Gefährt auf dem Hof,
       endlich schwebt der 20 Tonnen schwere Flügel an einem Kran in den Laderaum
       der „MS Catharina“. Die Mannschaft steht auf der Brücke und beobachtet die
       Maßarbeit.
       
       Nachdem auch ein zweiter Flügel verladen ist, macht Klaus Hohenbild Dampf:
       Endlich kann die Reise in Richtung Bremen beginnen. Er lenkt das Schiff mit
       einem kleinen Hebel, der nicht viel größer ist als der Griff einer
       Espressomaschine, aus dem Hafen. Vor ihm sind unterschiedlich große
       Bildschirme, die die unmittelbare Umgebung der „MS Catharina“ zeigen, eine
       Landkarte mit den Namen der anderen Schiffe in der Umgebung sowie ein Radar
       für Nachtfahrten. Karl Georg steht am Bug, vor seinem Bauch baumelt ein
       Funkgerät, mit dem er die Abstände zum Ufer durchgibt. Sohn Christoph fährt
       mit dem Auto zu einer nahen Anlegestelle, wo alle zusammen flugs Gurte
       unter den Wagen klemmen und ihn mit dem schiffseigenen Kran an Deck hieven.
       Sie brauchen den Wagen, um von Bremen nach Hause zu kommen.
       
       ## Angst vor Greta
       
       Von 5 bis 22 Uhr sind die Hohenbilds meistens unterwegs. Alle drei Männer
       verfügen über die notwendigen Patente, wie man die Fahrerlaubnisse in der
       Schifffahrt nennt, und können sich am Steuer abwechseln. Der Spritverbrauch
       hängt von der Enge der Wasserstraße, der Strömung und natürlich der
       Geschwindigkeit ab. Klaus Hohenbild hat eine exakte Tabelle für die „MS
       Catharina“ erarbeitet, die griffbereit im Führerhaus liegt: Gut beladen
       schluckt das Schiff im Kanal 3,5 Liter pro Kilometer, wenn es mit 8
       Kilometern pro Stunde unterwegs ist. Fährt er 10 Stundenkilometer schnell,
       sind es schon 6,5 Liter. Langsamkeit zahlt sich also aus.
       
       Genau wie für Traktoren ist auch Schiffsdiesel steuerfrei. „Aber schreiben
       Sie das nicht, die Umweltszene verteufelt ja den gesamten Güterverkehr“,
       sagt Klaus Hohenbild. „Greta hat die Diskussion massiv verstärkt“, ergänzt
       sein Bruder und muss sich bremsen, nicht mehr zu sagen. Die Männer sind
       keine Fans von Fridays for Future, die Klimadebatte macht ihnen Angst. Denn
       wie soll der Schiffsverkehr CO2-neutral werden? Eine Alternative zum Diesel
       sehen sie nicht. „Damals in der Berufsschule hat ein Lehrer von Schiffen
       erzählt, die an Oberleitungen fahren. Den hat aber keiner ernst genommen“,
       erinnert sich der 29-jährige Christoph.
       
       Dabei sieht die Bundesregierung die Binnenschifffahrt als wichtigen
       Baustein ihres Klimaschutzprogramms. 24,5 Milliarden Euro Steuergelder sind
       laut „Bundesverkehrswegeplan 2030“ für Erhalt, Aus- und Neubau von
       Wasserstraßen eingeplant – mehr als doppelt so viel im Vergleich zum
       Vorgängerplan. Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung wurde personell
       aufgestockt. Es ist aber schwer, die Stellen zu besetzen; jungen Leuten
       erscheint die Behörde mit verknöcherten Strukturen offenbar als wenig
       attraktiver Arbeitgeber.
       
       Die „MS Catharina“ gleitet den Mittellandkanal entlang, der Motor tuckert
       ruhig und gleichmäßig. Klaus Hohenbild lenkt den Bug immer ein wenig nach
       links zum Ufer, um den Wind auszugleichen. Auch er ist dafür, mehr Geld in
       die Infrastruktur der Flüsse und Schleusen zu stecken. „Vieles ist so
       kaputt, dass man Unfälle nicht ausschließen kann.“ Doch selbst wenn alles
       repariert und ausgebaut ist: Wieso sollte sich der Verkehrsanteil auf den
       deutschen Wasserstraßen wieder erhöhen?
       
       ## Unzeitgemäße Logistik
       
       Theoretisch könnten in Deutschland viel mehr Schiffe fahren als
       gegenwärtig. Nur etwa 7.000 Menschen arbeiten in der Branche, die zu einem
       Großteil aus Ein-Schiff-Gesellschaften besteht. Auf jeden Beschäftigten in
       der Binnenschifffahrt kommen damit fast zwei Mitarbeiter bei der WSV, also
       in der Behörde. Und die sollen jetzt viele Milliarden nach den gleichen
       Kriterien verbauen wie eh und je: Die Flüsse so zurichten, dass sie
       möglichst viel Tiefgang erlauben. Aber was soll das bringen?
       
       Denn schon heute gibt es große Überkapazitäten. Die „MS Catharina“ passiert
       gerade einen Getreidespeicher, kein einziger Frachter liegt am Kai. Der
       Gütertransport mit Schiffen ist langsam, wenig flexibel und nur dann
       sinnvoll, wenn größere Mengen desselben Materials von A nach B müssen. Der
       gegenwärtige Trend in der Logistik ist aber gegenläufig: Es wird schneller,
       häufiger in kleineren und vielfältigen Chargen geliefert.
       
       Ab Anfang kommenden Jahres gelten in Deutschland höhere Umweltauflagen für
       Schiffsmotoren. Auch das steht im Klimaschutzplan der Bundesregierung.
       Allerdings existiert für die Größe der „MS Catharina“ in Europa kein
       einziger Hersteller mehr, ein Umstand, auf den der Interessenverband der
       selbstständigen Binnenschiffer (BDS) vergeblich hingewiesen hat. Was ihn
       beruhigt: Die 1.200 PS starke Hauptmaschine und der 600 PS starke
       Manövriermotor sind gut in Schuss und haben Bestandsschutz; bei guter
       Pflege können sie noch Jahrzehnte durchhalten.
       
       Endlich. Die erste Schleuse ist geschafft. Klaus Hohenbild gibt etwas mehr
       Gas als sonst: Donnerstagabend wollen sie ganz sicher in Bremen sein, damit
       sie die Windradflügel am Freitag los sind. Und dann werden die drei mit
       einem Kran ihr Auto vom Schiff heben, einsteigen und nach Hause fahren.
       
       Am Wochenende feiern die Schwiegereltern diamantene Hochzeit. Und manche
       Dinge können einfach nicht warten.
       
       1 Dec 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Annette Jensen
       
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