# taz.de -- Teststrecke mit E-Trucks: Aus Brummi wird Summi
       
       > In Deutschland fahren die ersten Lkws mit Oberleitung über die Autobahn.
       > Noch testweise, doch ziemlich reibungslos.
       
 (IMG) Bild: Links der E-Lkw auf der A 5 in Hessen, ohne Brummen und Abgase
       
       In Hessen fahren die deutschlandweit ersten zwei Hybrid-Lkws, die Strom aus
       einer Oberleitung über der Autobahn beziehen können. „Vor Ort
       emissionsfrei“, so werben Bund, Land und Projektpartner für das
       [1][eHighway]-Projekt. Teststrecken in Schleswig-Holstein und
       Baden-Württemberg sind im Bau. Auf der A 5 fahren die E-Trucks zwischen
       Langen und Weiterstadt bereits [2][im Alltagsbetrieb]. Die taz war an Bord.
       
       Treffpunkt ist die Raststätte Gräfenhausen-West, neben der fünf Kilometer
       langen elektrifizierten Teststrecke. Oliver Rabsch, 48, fährt seit 26
       Jahren Lkw. Vor vier Wochen hat er den neuen Scania 450 Hybrid übernommen.
       „Ick bin gerne Lkw-Fahrer“ berlinert er, der schon lange in Hessen lebt.
       Mit hörbarem Stolz stellt er sein neues Dienstfahrzeug vor: 450 Diesel PS,
       dazu 177 PS aus einem Elektromotor. Die Lithium-Ionen-Akkus leisten 15 kWh.
       Eine Ladung reicht für eine rein elektrische Fahrt von 12 bis 15
       Kilometern. Von herkömmlichen Hybrid-Lkws, wie sie das Friedrichsdorfer
       Unternehmen Meyer-Logistik bereits seit 2016 einsetzt, unterscheidet sich
       der Neue äußerlich nur durch die Stromabnehmer, die „Panthografen“, die der
       Projektpartner Siemens entwickelt hat.
       
       Über drei Trittstufen erklimmen wir das Fahrerhaus. Hier ist weniger Platz
       als in seinem „alten“ Lkw, berichtet Rabsch. Es gibt keine Schlafkoje.
       Dieser Truck wird eher auf kurzen Strecken eingesetzt. Der Platz wird für
       die neue Elektronik gebraucht. Der Start ist ungewöhnlich. Fast lautlos
       steuert Rabsch das 36-Tonnen-Gefährt in den Verkehr auf der A 5 in Richtung
       Weiterstadt. Die ersten Meter fährt der Hybrid rein elektrisch. Lediglich
       Abroll- und Windgeräusche sind zu hören. Dann schaltet sich der Dieselmotor
       zu. Auch der läuft vergleichsweise kultiviert.
       
       Fädelt sich der Lkw auf der äußersten rechten Spur der Autobahn unter dem
       Fahrdraht ein, leuchtet ein Lämpchen im Armaturenbrett auf. Die Elektronik
       erkennt die Oberleitung. Auf Knopfdruck fährt der Stromabnehmer aus.
       Sekunden später schaltet sich der Diesel wieder ab. Der Truck fährt mit
       Strom und lädt gleichzeitig die Akkus auf. „Die Technik ist schon
       faszinierend“, sagt Rabsch, denn er muss sich um das Antriebsmanagement
       nicht kümmern. „An die Ruhe im Fahrerhaus muss man sich erst mal gewöhnen.“
       
       Auch Matthias Strehl, Geschäftsführer von Meyer-Logistik, ist angetan.
       1.200 „ziehende Einheiten“ setzt das Unternehmen ein, darunter
       Hybridfahrzeuge, rein elektrische Lieferwagen und solche, die mit Flüssig-
       oder Erdgas fahren. „Wir beteiligen uns an diesem Modellversuch, weil wir
       für unser Geschäftsmodell das passende Konzept finden wollen“, sagt er. Für
       die Anlieferung in Lebensmittelmärkten in Wohngebieten und bei Nacht seien
       inzwischen elektrisch fahrende Lkws unverzichtbar, ergänzt er. „Wir werden
       bei den Antrieben mehr Vielfalt erleben“, so seine Prognose.
       
       ## Keine Probleme im Alltagsbetrieb
       
       Zweimal täglich ist Fahrer Rabsch mit seinem Truck zwischen Raunheim und
       Wiesloch unterwegs, vom Zentrallager einer Lebensmittelkette zu einer der
       Filialen. 33 Paletten oder 54 Rollcontainer kann er laden. Der Aufleger
       lässt sich bei Bedarf auf 28 Minusgrade herunterkühlen. „Bislang gibt es
       keine Probleme im Alltagsbetrieb“, versichert er. Mehr als 40 Liter Diesel
       hätten seine ersten Lkws auf 100 Kilometern verbraucht, mit dem
       Hybridfahrzeug lägen die Verbrauchswerte bei 20 Litern, rechnet er vor.
       
       Bis 2022 werden je fünf Fahrzeuge mit Stromabnehmern in jedem der drei
       beteiligten Bundesländer eingesetzt. Die Logistikunternehmen zahlen dafür
       jeweils eine feste Leasingrate. Infrastruktur und Strom finanziert das
       Bundesumweltministerium, die Länder sind für die Abwicklung des Projekts
       zuständig. Allein für den Modellversuch in Hessen stellt der Bund 30
       Millionen Euro zur Verfügung. Die TU Darmstadt wird Daten und Erfahrungen
       auswerten: „Eines der Kernziele des Projekts ist die Evaluation, ob und in
       welcher Form es einen eHighway auf deutschen Autobahnen einmal geben kann“,
       schreibt Hessen-Mobil. Ende offen.
       
       Fühlt sich Fahrer Rabsch wie ein Pionier? „Ein bisschen schon.“ Ihn stört
       allerdings, dass die Teststrecke noch nicht ganztägig unter Strom steht.
       „Wenn ich um 17 Uhr bei meiner zweiten Fuhre zurückkomme, muss ich unter
       der Oberleitung mit Diesel fahren; um 16 Uhr wird abgeschaltet, das ist
       doch ein Witz!“, sagt er. Der 24-Stunden-Betrieb sei in Vorbereitung,
       versichert dazu Hessen-Mobil.
       
       4 Dec 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Elektro-LKWs-im-Test/!5092313
 (DIR) [2] https://mobil.hessen.de/ELISA
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christoph Schmidt-Lunau
       
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