# taz.de -- AKKs Nordsyrien-Vorstoß: Skurriler Vorschlag
       
       > Mit einem UN-Mandat wäre ein internationaler Militäreinsatz in Syrien
       > völkerrechtskonform. Aber es gibt bessere Mittel mit weniger
       > Fragezeichen.
       
 (IMG) Bild: AKK bei Bundeswehrsoldaten und kurdischen Peschmerga im Nordirak
       
       Es ist sicher nicht alles schlecht am [1][Vorschlag von
       Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer], einen internationalen
       Militäreinsatz in Nordsyrien zu starten. In ihren Fernsehinterviews, in
       denen sie Nation und den Koalitionspartner von ihrem Plan unterrichtete,
       blieb die CDU-Politikerin zwar vage. Zentrale Fragen lässt sie vorerst
       unbeantwortet. Einige Punkte, die für ihren Vorstoß sprechen, lassen sich
       trotzdem herausfiltern.
       
       Erstens: So ein Einsatz böte einen Ausweg für die syrischen Kurden, die
       derzeit nur wählen können, ob sie ihre Selbstverwaltung von türkischen,
       syrischen oder russischen Truppen zerschlagen lassen. Zweitens: Sollte
       Russland in Nordsyrien zur Zusammenarbeit bereit sein, böte sich die
       Möglichkeit, den Ost-West-Konflikt ein Stück weit zu überwinden und
       gemeinsam konstruktiv an einer Konfliktlösung zu arbeiten. Und drittens: In
       diesem Fall wäre sogar ein UN-Mandat und damit eine völkerrechtskonforme
       Lösung denkbar. Das multilaterale System wäre entgegen dem Trend gestärkt.
       
       Und doch ist Kramp-Karrenbauers Vorschlag im Kern skurril. Anlass für den
       Vorstoß ist der völkerrechtswidrige Angriff des Nato-Mitglieds Türkei auf
       die Kurdengebiete, seine Folgen für die Bevölkerung und für den Kampf gegen
       den IS, der in der Region eigentlich schon entschieden war. Das Gegenrezept
       der Verteidigungsministerin ist eine internationale Schutzzone in Syrien,
       die sie im Rahmen der Nato vorantreiben und wohl auch mithilfe von
       Nato-Soldaten durchsetzen möchte. Das Militärbündnis soll mit hohem Aufwand
       glattbügeln, was ein Bündnismitglied selbst sehenden Auges angerichtet hat.
       
       Es gäbe innerhalb des Bündnisses auch andere Mittel mit weniger Kosten und
       weniger Fragezeichen als Kramp-Karrenbauers Schutzzone. Die Nato könnte
       anfangen, ernsthaft auf den Bündnispartner Türkei einzuwirken und ihn an
       die vermeintlichen gemeinsamen Werte und an die eigene Verantwortung zu
       erinnern. Ein erster Schritt wäre es, wenn Nato-Generalsekretär Jens
       Stoltenberg die türkische Regierung klar zum Rückzug auffordern würde.
       Bisher äußert er öffentlich nur „Bedenken“ gegen den türkischen Angriff –
       und betont gleichzeitig, dass die Türkei für das Bündnis unverzichtbar sei.
       
       Die Nato-Mitglieder selbst könnten den Druck erhöhen, indem sie ein
       striktes Waffenembargo gegen die Türkei verhängen – anstatt nur, wie
       bisher, neue Antrage auf Rüstungsexporte unbearbeitet zu lassen.
       Gleichzeitig könnten sie der türkischen Regierung an anderer Stelle sogar
       entgegenkommen, den türkischen Sorgen vor Angriffen aus Nordsyrien
       entgegenwirken und Hilfe anbieten – durch Nato-Soldaten auf der türkischen
       Seite der Grenze.
       
       Hätte die Nato rechtzeitig einen solchen Kurs eingeschlagen, hätte sie den
       türkischen Präsidentetn Erdoğan möglicherweise vom Einmarsch abhalten
       können. Die kurdischen Gebiete in Syrien wären noch immer die relativ
       stabile und relativ demokratische Insel, zu der sie sich in den letzten
       Jahren entwickelt hatten. Kramp-Karrenbauers Vorschlag wäre gar nicht erst
       nötig geworden.
       
       22 Oct 2019
       
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